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Siedlungsentwicklung: Bessere Wasserspeicherung durch Schwammstädte

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 31. März 2021
  • Bündnis "Wassersensibles Planen und Bauen" fordert nachhaltige grün-blaue Infrastruktur
  • Baugenehmigung nur mit ordnungsgemäßer Beseitigung von Regenwasser
  • Honorarordnung soll angepasst werden

Bayerisches Bündnis für wassersensible Siedlungsentwicklung initiiert

Mit sieben Forderungen für "lebenswerte, klimaresiliente und artenreiche Siedlungen und Städte" positionierte sich anlässlich des Weltwassertages am 22. März 2021 in Bayern ein breites Bündnis für eine wassersensible Siedlungsentwicklung.

Schwammstadt
Eine Schwammstadt nimmt Wasser auf und speichert es. In Phasen der Trockenheit gibt sie es wieder an die Umgebung ab. Grafik: MUST Städtebau

Zu den Initiatoren gehören die Bayerische Architektenkammer, die Bayerische Ingenieurekammer-Bau, der Bayerische Städte- und Gemeindetag und der DWA bayerische Landesverband der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA).

Schwammstadt soll Folgen des Klimawandels auffangen

Das Bündnis sieht in einer nachhaltigen grün-blauen Infrastruktur den besten Weg, Mensch und Natur vor Folgen des Klimawandels wie Starkregen und Hochwasser, aber auch Dürre und Hitze, zu schützen. Durch eine wassersensible Siedlungsentwicklung entstünden lebenswerte, klimaresiliente und artenreiche Siedlungen und Städte, die Hochwasser besser standhalten und zugleich Wasser für Dürrezeiten speichern würden.

Die Forderungen des Bündnisses "Wassersensibles Planen und Bauen" im Überblick

  1. Nachhaltiger Umgang mit Regen: Nur, wenn Flächen nicht mehr versiegelt, sondern wasserdurchlässig gestaltet werden, Dächer zur Retention [d.h. Zurückhaltung, Anm. d. Red.] begrünt werden und Mulden zur Rückhaltung und Versickerung angelegt werden, können Starkregengefahren vermindert, Grundwasser neu gebildet und Verdunstung zur Kühlung der Siedlungen gefördert werden.
  2. Regenwasser in Bauleitplanung und Baugenehmigung berücksichtigen: Bauleitplanung bedeutet mehr denn je, nicht nur überbaubare Flächen, also Baurechte, zu vergeben, sondern ganz genau festzulegen, wie mit Oberflächenwasser umgegangen wird. Es muss von vorneherein klar sein, welche Anforderungen dazu auf jedem einzelnen Grundstück erfüllt werden müssen und wie ein Baugebiet insgesamt zur Regenwasserrückhaltung beiträgt. Deshalb braucht es verbesserte Festsetzungsmöglichkeiten für sogenannte multifunktional genutzte Flächen und Zisternen. Auch in Einzelgenehmigungsverfahren gehört der zukunftsorientierte Umgang mit dem Niederschlagswasser zu einer gesicherten Erschließung. Ohne den Nachweis einer ordnungsgemäßen Niederschlagswasserbeiseitigung darf es in Bayern keine Baugenehmigung mehr geben. Überlegtheit beim Planen, Tempo beim Bauen soll das Motto sein.
  3. Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Beratung der Bauherren verstärken: Die Gefahr von Starkregen wird von vielen oft noch nicht erkannt. Über Möglichkeiten der Gefahrenabwehr muss die Bevölkerung konsequenter informiert werden. Die planenden Berufe müssen verstärkt im Themenfeld wassersensible Siedlungsentwicklung weitergebildet werden. In den Behörden sollte die Zahl der in diesem Bereich fachlich geschulten Mitarbeiter*innen deutlich aufgestockt werden. Die Kommunen sind gefordert, Straßen und Quartiere wasserangepasst zu entwickeln bzw. umzugestalten.
  4. Wassersensibles Planen und Bauen als Baustein für Identität und Baukultur: Städte und Gemeinden, die ganz gezielt mit Wasser planen und bauen, wehren mit funktionalen Lösungen nicht nur negative Folgen ab. Durch wassersensibles Bauen können gleichzeitig nutzungsflexible, lebbare Räume entstehen, die bei sorgsamer Gestaltung Identität stiften und zur Baukultur beitragen. Ein praxisnahes Informations- und Beratungsangebot und gelungene Beispiele, die motivieren, sind geeignete Grundlagen für alle Akteure, die den Umgang mit Wasser klug und zielgerichtet angehen möchten. Die Beratungsstelle Nachhaltigkeit und Energieeffizienz (BEN) der Bayerischen Architektenkammer ist hierfür ein erfolgreicher Baustein, weitere müssen folgen.
  5. Förderung nachhaltiger wasser- und klimasensibler Lösungen: Staatliche Förderungen für Stadt- und Dorferneuerungsmaßnahmen oder Wohnungsbau sollten daran gekoppelt werden, dass die Klimaanpassung bei den Konzepten insbesondere in der Freiflächenplanung mitberücksichtigt wird.
  6. Honorarordnung anpassen: Die Planung grün-blauer Infrastruktur bringt Mensch und Umwelt einen höheren Nutzen. Doch obwohl der Planungs- und Koordinierungsaufwand hier deutlich höher ist, fällt das Honorar geringer aus als bei der Planung grauer Infrastruktur. Ein Fehler im System, der dringend in der Honorarordnung geändert werden muss.
  7. Gesplittete Abwassergebühren bayernweit einführen: Der gesplittete Gebührenmaßstab für Schmutz- und Niederschlagswasser kann einen Anreiz für die Entsiegelung von Flächen und den Regenrückhalt auf den Grundstücken setzen.

QUELLEN UND VERWEISE:

Leitfaden "Wassersensible Siedlungsentwicklung"
Interview mit Dr.-Ing. Marko Siekmann (Tiefbauamt Bochum) zur Initiative "Wasser in der Stadt von morgen"