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Rufmord im Netz: Wie Planungsbüros Fake-Bewertungen abwehren können

Verfasst von: RA Florian Hackel, Würzburg
Veröffentlicht am: 7. Juni 2017
Kategorie:

# 30.06.2017

Bewertungsportale erlauben unzufriedenen Kunden anonyme Kritikäußerungen. Mögliche Löschung der Aussagen setzt Beschwerde voraus. Portalbetreiber zur umfänglichen Prüfung verpflichtet

Realer Fall: Enttäuschter Kunde rächt sich mit negativer Bewertung

Die Bewertungen von Planungsbüros auf entsprechenden Vergleichsportalen sind im Zweifel genau zu prüfen. Foto: Tim Reckmann / Pixelio
Die Bewertungen von Planungsbüros auf entsprechenden Vergleichsportalen sind im Zweifel genau zu prüfen. Foto: Tim Reckmann / Pixelio

"Das Büro ist telefonisch nicht erreichbar. E-Mails werden einmal die Woche bearbeitet ..." Diese Bewertung einer "Larissa Lo" fand der Architekt Oliver Hofmann eines Tages auf Google. Die Beschreibung seiner Arbeit setzte sich wie folgt fort: "... Antragstellung und Planung hat überdurchschnittlich lange gedauert, da schlechtes Zeitmanagement. Vorort Termine meistens nicht möglich, oftmals werden Praktikanten durch die Gegend geschickt. Insgesamt ein sehr fragwürdiges Architekturbüro...".

Mit der Realität hatte diese Beschreibung des Büros nichts zu tun. Der Betroffene recherchierte im Netz nach "Larissa Lo" und fand heraus, dass diese auch gegenüber anderen Dienstleistern schlechte Bewertungen abgegeben hatte. Weil er eine Ahnung hatte, wer hinter dem Pseudonym stecken könnte, rief Hofmann einen Leidensgenossen an. Und in der Tat – im Gespräch stellte sich heraus: Hinter "Larissa Lo" muss sich ein Ex-Kunde von Hofmann verbergen, der die Hofmannsche Rechnung für einen Bauantrag nicht zahlen wollte.


Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung?

Obwohl der Architekt einen Anwalt eingeschaltet hat, steht die Bewertung heute noch im Netz. Falscher Anwalt oder unzureichende Gesetzeslage? Eine Bewertung ist nicht schon dann rechtswidrig, wenn Sie Ihr Architektur- oder Ingenieurbüro beeinträchtigt oder stört. Die entscheidenden Fragen sind:

  • Liegt eine Meinungs- bzw. Wertäußerung oder eine Tatsachenbehauptung vor?
  • Falls eine Tatsachenbehauptung vorliegt: Ist die Behauptung unwahr?
  • Falls eine Wertäußerung vorliegt: Ist die Äußerung beleidigend?


Falsche Tatsachenbehauptung kann untersagt werden

Veröffentlicht ein Auftraggeber oder Kunde Aussagen wie die oben genannten im Internet, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Eine solche kann auch in eine Meinungsäußerung gekleidet sein, z.B. in der Form "Ich glaube, dass Architekt X meine Wünsche nicht hinreichend ermittelt hat".

Eine Tatsachenbehauptung ist dem Beweis zugänglich. Ist sie falsch, kann die Behauptung untersagt werden. Das Beweisproblem trägt derjenige, der die Behauptung aufstellt, und nicht Sie, wenn Sie sich dagegen wehren. Daher sind Sie bei negativen Tatsachenbehauptungen tendenziell im Vorteil.


Beleidigende Meinungsäußerungen unzulässig

Bei Meinungsäußerungen erlaubt die Rechtsprechung den Verfassern viel Freiraum. Es wird nicht geprüft, ob die Äußerung auf einer sorgfältigen Abwägung beruht, ob sie fair oder von sachfremden Motiven getrieben ist. Selbst ein pauschales Werturteil (z.B. "Dieser Architekt ist das letzte – nicht zu empfehlen!") kann zulässig sein, auch wenn die Beurteilung nicht begründet wird.

Unzulässig ist die Meinungsäußerung erst, wenn die Beurteilung diffamierend und beleidigend ist (Schmähkritik). Das ist die Stelle, an der die Rechtsprechung weit auseinander geht.


Prüfpflicht des Portalbetreibers greift erst nach Beschwerde

Der Portalbetreiber (Hostprovider) als mittelbarer Störer ist nicht verpflichtet, die von Nutzern veröffentlichten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu prüfen.

Beanstanden Sie jedoch eine Bewertung, hat der Portalbetreiber eine Prüfpflicht. Ab Kenntnis muss er verstärkt versuchen, den Sachverhalt aufzuklären und ggf. dazu beizutragen, künftig derartige Störungen zu vermeiden (BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15, Abruf-Nr. 185148, betrifft die Ärzte-Bewertungsplattform "jameda").


Bewertete Unternehmen gegenüber anonymen Kritikern im Nachteil

Der Portalbetreiber ist gehalten, den Kontakt des Kunden zu Ihrem Architektur- oder Ingenieurbüro umfänglich zu ermitteln. Denn nur wenn Sie eine Dienstleistung für den Kunden erbracht haben, kann geprüft werden, ob die Bewertung wahr oder erfunden ist.

Diese umfassende Prüfpflicht des Portalbetreibers ist gerechtfertigt. Denn die Bewertungen können verdeckt abgegeben werden. Das macht es dem bewerteten Unternehmer nahezu unmöglich, unmittelbar gegen den Portalnutzer selbst vorzugehen.

Dass der Portalbetreiber die Beanstandungen betroffener Unternehmen umfänglich und gewissenhaft prüft, ist nach Ansicht des BGH die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der Bewerteten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt werden.


Identität der Verfasser negativer Bewertungen vom BGH geschützt

Als konkrete Maßnahmen der Portalbetreiber nennt der BGH etwa, den Verfasser der Bewertung aufzufordern, den Kontakt mit dem Unternehmen möglichst genau zu beschreiben und die Unterlagen, wie vorhandene Verträge, Rechnungen, Protokolle, oder sonstige Indizien, zu übermitteln, die die Dienste des Unternehmens belegen.

Der Portalbetreiber muss die Informationen und Unterlagen über die behauptete Dienstleistung an Sie weiterleiten. Dazu ist er in der Lage, ohne gegen § 12 Abs. 1 TMG zu verstoßen. Sie haben jedoch keinen Anspruch, vom Portalbetreiber die Daten zu erhalten, um den Verfasser der negativen Bewertung zu identifizieren. Dagegen sperrt sich der BGH noch immer. Das heißt, der Portalbetreiber muss die Unterlagen anonymisieren.


Neues Gesetz soll Löschung binnen 24 Stunden erzwingen

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will aktuell mit einem "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" die sozialen Netzwerke zwingen, so genannte "Hassbotschaften" konsequenter zu entfernen. Offenkundig strafbare Inhalte sollen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.

Ob das Gesetz das dargestellte Problem lösen wird, ist äußerst fraglich. Denn die Entscheidung "Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung" muss nach wie vor getroffen werden.


Praxishinweise: So wahren Sie Ihre Rechte

Im Moment wahren Sie Ihre Rechte am besten, wenn Sie gegen den Portalbetreiber wie folgt vorgehen:

  1. Identifizieren Sie die ausdrücklichen und implizit unwahren Tatsachenbehauptungen auf dem Bewertungsportal.
  2. Haben Sie eine falsche oder nicht beweisbare Tatsachenäußerung identifiziert, wenden Sie sich an den Portalbetreiber (Hostprovider). Fordern Sie ihn auf, die aus Ihrer Sicht unrichtige Beurteilung zu entfernen. Setzen Sie ihm dabei eine Frist.
  3. Teilt Ihnen der Portalbetreiber mit, dass er beim Verfasser der umstrittenen Bewertung nachgefragt, dieser die Bewertung bestätigt habe und an der Bewertung festhalte, verlangen Sie Nachweise und Unterlagen für Ihre Dienste.
  4. Kommt der Portalbetreiber dem nicht nach, lassen Sie ihn mit Fristsetzung anwaltlich abmahnen und nochmals auffordern, den Eintrag zu löschen.
  5. Notfalls müssen Sie klagen.
Grundsätzlich lohnt sich für jeden Planer und Architekten ein Blick auf aktuelle Bewertungsportale, die für sie relevant sind.



QUELLEN UND VERWEISE:

Planungsbüro professionell (PBP)