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Gemeinkostenfaktor im Planungsbüro - Warum nötig? Wie wird er ermittelt?

Verfasst von: Dipl.-Ing. Karl-Heinz Seidel
Veröffentlicht am: 28. Juli 2015
Kategorie:

# 31.07.2015

Wirtschaftliche Büroführung von HOAI-Kenntnis neben nachvollziehbarer Kostenermittlung abhängig. Daten aus Vorjahr entscheidend für individuellen Berechnungsschlüssel. Anpassung nur bei wesentlicher Unternehmensveränderung ratsam

Zwei verschiedene Welten: HOAI vs. Bürokosten

Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen eines Planungsbüros, wie die Personalkosten oder der Gemeinkostenfaktor, müssen individuell berechnet werden. Foto: Andreas Hermsdorf / Pixelio
Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen eines Planungsbüros, wie die Personalkosten oder der Gemeinkostenfaktor, müssen individuell berechnet werden. Foto: Andreas Hermsdorf / Pixelio

Bei der Kalkulation von Leistungen leben die Verantwortlichen in den Planungsbüros in zwei unterschiedlichen Welten – zum einen in der HOAI-Welt und zum anderen in der Kosten-Welt. Beide Perspektiven erfolgreich zusammenzuführen und die geplanten Erträge zu erwirtschaften, bedarf der detaillierten Kenntnis und der erfolgreichen Handhabung beider Ebenen. Aus der Sicht des Autors ist es heute wichtiger denn je die Zusammenhänge zu kennen und für die eigene Arbeit zu nutzen.

In jedem Planungsbüro gibt es eine wesentliche Größe zur Darstellung der erbrachten Leistung: der Stundensatz. Er wird ermittelt aus dem Produkt der personen- oder personengruppenspezifischer Personalkosten und dem Gemeinkostenfaktor. Häufig wird in diesem Zusammenhang nach Benchmarks der Branche geschaut, um einschätzen zu können, ob der eigene Gemeinkostenfaktor "gut" oder "schlecht" ist.

Eine derartige Bewertung ist jedoch nicht zielführend, weil damit eine bürospezifische Tatsache gar nicht berücksichtigt wird – die Zuordnung der Arbeitsleistung zu einzelnen Projekten. So kommt es vor, dass bei besonders vielen kleinteiligen Projekten der detaillierte Nachweis der eingesetzten Arbeitszeit unwirtschaftlich wird. Damit steigt der Anteil an "Allgemeinstunden" – in diesem Fall eine kluge Entscheidung. In der Folge steigt auch der Gemeinkostenfaktor.


Gemeinkosten auf Datengrundlage des Vorjahres berechnen

Bei der Kalkulation von Stundensätzen in Planungsbüros werden alle anfallenden Kosten auf die verkaufbaren Projektstunden umgelegt. Wichtig sind hierbei folgende Größen:

  • Kosten = eigene Kosten + Fremdleistungen
  • Eigene Kosten = Personal- + Sach- + kalkulatorische Kosten
  • Personalkosten = Brutto-Gehälter incl. AG-Anteile (Angestellte + GF) + kalkulatorischer Unternehmerlohn (bei Einzelfirmen)
  • Sachkosten = Raumkosten, Versicherung, Betriebliche Steuern, Kfz.-Kosten, Reparatur/Instandhaltung, Werbungs-/Reisekosten, Abschreibungen, Sonstige Kosten, Neutraler Aufwand (Zinsen u.a.), Sachkosten Bürobedarf
  • Kalkulatorische Kosten = Abschreibungen, Miete, u.a.
Wie aber berechnet man nun den Gemeinkostenfaktor richtig? Gemeinkosten sind eigene Kosten, die einem Kostenträger (z.B. verkaufsfähige Dienstleistung) nicht direkt zugerechnet werden können und somit nach einem Schlüssel umgelegt werden müssen.


Arbeitszeit der Mitarbeiter entspricht nicht Anzahl der Projektstunden

Ein weiterer wesentlicher Einflussfaktor ist die Anzahl der produktiven Stunden – die verkaufbaren Projektstunden. Deshalb ist bei der Berechnung neben den Kosten ein Term zu berücksichtigen, der die Differenz zwischen der zu vergütenden Arbeitszeit der Mitarbeiter und den tatsächlich verkaufbaren Projektstunden abbildet. Die Berechnungsformel hierfür lautet: Gemeinkostenfaktor = Eigene Kosten / (Personalkosten x (Projektstunden / Jahresarbeitszeit))

Dabei gilt:

  • Eigene Kosten = Gesamtkosten – Honorare für freie Mitarbeiter und Subunternehmer
  • Personalkosten = Brutto-Gehälter incl. AG-Anteile (Angestellte + GF) + kalkulatorischer Unternehmerlohn (bei Einzelfirmen)
  • Projektstunden = ausgewiesene produktive Stunden
  • Jahresarbeitszeit = (365 Tage – 52 Samstage – 52 Sonntage) x durchschnittliche vertraglich vereinbarte Arbeitszeit


Stundensatzberechnung ohne Korrektur nicht markttauglich

Üblicherweise werden die Beschäftigten in Planungsbüros bei der Kalkulation der Stundensätze in Beschäftigtengruppen zusammengefasst (z.B. Geschäftsführer/Inhaber, Projektleiter, Projektbearbeiter, Zeichner, u.a.).


Zuschläge für Risiken oder Gewinn nicht Bestandteil des Gemeinkostenfaktors

Diese Zuschläge auf die ermittelten Stundensätze für Risiko und Gewinn sollten grundsätzlich ermittelt, individuell gewählt und erwirtschaftet werden. Die Hersteller von branchenspezifischer Controlling-Software bieten in ihren Produkten entsprechende Berechnungen des Gemeinkostenfaktors an. Es ist jedoch für die verantwortlichen Führungskräfte hilfreich, die Richtigkeit der Angaben selbst überprüfen und nachrechnen zu können.


Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Karl-Heinz Seidel

berät seit über zehn Jahren mittelständische Firmen. Er befasst sich besonders bei Planungsbüros mit wirtschaftlichen Themen sowie Fragen der Unternehmensführung und hilft bei der Nachkalkulation der Leistungen, bei der Ermittlung von Gemeinkostenfaktor und Stundensätzen.



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