Zum Hauptinhalt springen

Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 1/4

Verfasst von: Dipl.-Ing. Arno Bidmon
Veröffentlicht am: 13. Juli 2001
Kategorie:

# 27.08.2001

Teil 1 - Durch unzulässiges Freilegen im Fußbereich der Fundamente kann es zum Grundbruch im Giebelbereich kommen

Vorbemerkung: Hohes Schadensvolumen in Deutschland, viel Arbeit für Sachverständige

In der Bundesrepublik Deutschland beträgt des Schadensvolumen am Bau jährlich mehr als 10 Milliarden Mark. Ein weites Aufgabengebiet der Sachverständigen, wenn man bedenkt, dass diese alarmierenden Zahlen u. a. auch wirtschaftliche Verluste bedeuten.

Neben dem Finden der Ursachen und der daraus i.d.R. folgenden Therapie, spielt das Vermeiden von Schäden eine wichtige Rolle. Wie ein altes Sprichwort sagt: "Aus Schaden wird man klug." Sachverständigentätigkeit dient also auch dem Zweck, die aus Bauschäden gewonnenen Erfahrungen in die Praxis zu überführen.

Im Folgenden möchte der Autor daher auf einige Schadensbeispiele eingehen, die er in den letzten Jahren als Sachverständiger vorgefunden hat.


Schadensbeispiel: Abgesenkter Giebel

Bild 1: Gesamtansicht Giebel Wohnhaus. Foto: Wapenhans und Richter
Bild 1: Gesamtansicht Giebel Wohnhaus. Foto: Wapenhans und Richter

Ein zweigeschossiges Wohngebäude zeigte am Giebel nahezu vertikale Risse an der Längswand im Giebelbereich. Bei der Begutachtung des Schadens ergab sich folgender Sachverhalt:

In unmittelbarer Nähe wurde ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage errichtet. Die Erdarbeiten im nachbarlichen Grundstück wurden ohne Sicherungsmaßnahmen bis unterhalb der Fundamentunterkante des im Nachgang beschädigten Gebäudes geführt. Der Baugrund bestand aus sandigem Boden, Grundwasser war in diesem Bereich nicht zu verzeichnen.

Nach erfolgter Abschachtung (der sogenannten Baufeldfreimachung) wurden Stahlspundwände in den Baugrund eingeschlagen, weil man beabsichtigte, mit der Baugrube des Wohn- und Geschäftshauses noch weiter in die Tiefe zu gehen. Die Spundwand wurde unterhalb des nachbarlichen Gebäudes rückverankert.

Bereits vor der Ausführung der Rückverankerungsarbeiten zeigten sich die auf dem Bild 1 zu sehenden Rissschäden, insbesondere im Giebelbereich.


Unzulässige Freilegung des Fußbereiches der Fundamente führt zu Grundbruch

Bild 2: Nachträglich eingetriebene Spundwand. Foto: Wapenhans und Richter
Bild 2: Nachträglich eingetriebene Spundwand. Foto: Wapenhans und Richter

Folgende Schadensursachen konnten festgestellt werden:

Durch eine unzulässige Freilegung des Fußbereiches der Fundamente (Entfernung der seitlichen Auflast der Fundamente) kam es zum Grundbruch im Giebelbereich.

Weitere Ursachen waren Erschütterungen im Baugrund durch Einschlagen der Spundwände und möglicher Bodenentzug durch das Setzen der Anker (vgl. Bild 2).


Längswand kann zusätzliche Lasten nicht übernehmen

Bild 3: Risse an der Fensteröffnung. Foto: Wapenhans und Richter
Bild 3: Risse an der Fensteröffnung. Foto: Wapenhans und Richter

Durch das Nachgeben (Senken) der Fundamente im Giebelbereich versuchte die Giebelwand ihre Lasten in die Längswand einzuleiten.

Die Schwächung der Längswände durch Fensteröffnungen, eingeschränkte Ringankerwirkung der Holzbalkendecke und das sich im Einflussbereich des Grundbruches befindliche Längswandfundament waren weitere Gründe dafür, dass diese zusätzlichen Lasten nicht übernommen werden konnten. Der Giebel riss von der Längswand ab. (vgl. Bild 3).

Als Sofortmaßnahme wurde die Verfüllung des verbleibenden Zwischenraumes mit Beton angeordnet. Eine Verfüllung mit dem anstehenden Sand ohne Verdichtung hätte nicht den notwendigen Erfolg gebracht. Verdichtungsarbeiten am Giebel waren zu riskant und hätten einen möglichen Teileinsturz des Gebäudes bewirken können.



QUELLEN UND VERWEISE:

Wapenhans und Richter
Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 2/4
Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 3/4
Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 4/4