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Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 2/4

Verfasst von: Dipl.-Ing. Arno Bidmon
Veröffentlicht am: 13. Juli 2001
Kategorie:

# 03.09.2001

Teil 2 - Durch senkrechtes Abschachten im Bereich der Kellwerwände kam es zu Rissen in den Eckbereichen

Schadensbeispiel: Unkontrollierter Gewölbeschub

Abb. 1: Grundriss Kellergeschoss. Abb.: Wapenhans und Richter
Abb. 1: Grundriss Kellergeschoss. Abb.: Wapenhans und Richter

Im Zuge von Abdichtungsarbeiten wurden die Kellerwände senkrecht abgeschachtet. Als in den Eckbereichen der Kellerwände Risse auftraten, wurde ein Sachverständiger hinzugezogen. Die Begehung ergab, dass die Endgewölbe nicht rückverankert waren.

Das Mauerwerk wurde sofort gegen horizontale Verschiebungen gesichert. Im Anschluss wurden Spannanker zur Sicherung der Endgewölbe eingesetzt.

Historisch bedingt wurden die Tonnengewölbe ohne Rückverankerung der Endfelder gebaut. Eine statische Untersuchung des Problems erfolgte zu damaligen Zeiten i.d.R. nicht.


Historische Gebäude: Eingriff ins Lastabtragungssystem führt häufig zu Schäden

Abb. 2: Kraftfluß in der Gewölbeschale. Abb.: Wapenhans und Richter
Abb. 2: Kraftfluß in der Gewölbeschale. Abb.: Wapenhans und Richter

Somit besteht sofort die Gefahr, dass bei Nutzungsänderung, bei Eingriffen ins Lastabtragungssystem und bei Änderungen der Belastung Schäden am Gebäude entstehen können, da keine, bzw. nur geringe Beanspruchbarkeitsreserven vorhanden sind.

Die Analyse ergab, dass sich infolge dieser Lastsituation die Resultierende nicht mehr im Mauerwerksquerschnitt befand. Somit war also die getroffene Sofortmaßnahme richtig, um weitere Schäden oder möglicherweise einen Einsturz zu verhindern.

In der Berechnung wurden die erforderlichen Spannanker (GEWI – Gewindestäbe) errechnet und nachgewiesen. Interessant war, dass die Vertikalrisse auf beiden Seiten der Ecke vorzufinden waren.


Aufnahmefähigkeit horizontaler Lasten von Vertikallasten und Wandquerschnitt abhängig

Abb. 3: Kraftfluss in der Gewölbeschale, R = resultierender Gewölbeschub RHX und RHY. Abb.: Wapenhans und Richter
Abb. 3: Kraftfluss in der Gewölbeschale, R = resultierender Gewölbeschub RHX und RHY. Abb.: Wapenhans und Richter

Ein Schnitt durch das Tonnengewölbe soll den Kraftfluss in der Gewölbeschale verdeutlichen (siehe Abb. 3). Das Mehrfamilienhaus mit mehreren Geschossen (KG, EG, OG, Mansardgeschoss und DG) befand sich in der Rekonstruktion:

Der Fußboden im Erdgeschoss erhielt einen neuen (zusätzlichen) Fußbodenaufbau in der Höhe einer Treppenstufe. Dieser bestand aus 12,0 cm Beton und 5,0 cm Estrich. Die Enden der Tonnengewölbe sind durch Querwände ausgesteift. In der Mitte der Tonne ist diese Steifigkeit nicht mehr vorhanden.

Die Aufnahmefähigkeit horizontaler Lasten ist in diesem Bereich von den Vertikallasten und dem Wandquerschnitt des aufgehenden Gebäudes abhängig. Die Nachgiebigkeit des Kämpfer führt sofort zur Lastumlagerung innerhalb der Gewölbeschale. Es bildet sich ein inneres "Kreuzgewölbe" aus.


Spannanker für Standsicherheit erforderlich

Wird die Beanspruchbarkeit (Schub) des Kellermauerwerkes überschritten, kommt es zu Rissbildungen im Eckbereich des Gebäudes, wie im vorliegenden Fall. Entsprechend dieser Überlegungen gestaltet sich der Sanierungsansatz.

Um die künftige Standsicherheit des Gebäudes zu sichern, sind Spannanker einzubauen. Hierbei ist eine Vorspannung in die Spannanker einzutragen, damit die Stahldehnung infolge Beanspruchung nicht zur Nachgiebigkeit des Kämpfers führt.



QUELLEN UND VERWEISE:

Wapenhans und Richter
Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 1/4
Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 3/4
Schadensbeispiele im Mauerwerksbau - Teil 4/4