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Daniel Jaros: "Wir Studierende brauchen mehr Zeit!"

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 30. Juni 2021

# 21.07.2021

Daniel Jaros, Student des Holzingenieurwesens und Fachschaftsratvorsitzender Bauingenieurwesen an der FH Aachen | Kritik an Überschneidung von Lehrveranstaltungen im dualen Studium. Vier Monate Studienzeit für sechs Bachelor-Module zu wenig. Beziehung zwischen Studenten und Lehrenden an Fachhochschule besonders

Daniel Jaros

Daniel Jaros studiert Holzingenieurwesen im Fachbereich Bauingenieurwesen an der FH Aachen. Foto: Privat
Daniel Jaros studiert Holzingenieurwesen im Fachbereich Bauingenieurwesen an der FH Aachen. Foto: Privat

Daniel Jaros ist Student im Fach Holzingenieurwesen des Fachbereichs Bauingenieurwesen der Fachhochschule Aachen. Zudem ist er Fachschaftsratvorsitzender des Fachbereichs, ehemaliges Mitglied im Fachbereichsrat und Mitarbeiter in Technik und Verwaltung an der FH.

Die Fachhochschule Aachen bietet an zehn Fachbereichen aktuell rund 15.000 Studenten ein grundsolides Studium. Darunter fällt auch der Fachbereich Bauingenieurwesen, welchem die Bachelorstudiengänge Bauingenieurwesen (B.Eng.), Holzingenieurwesen (B.Eng.) sowie Smart Building Engineering (B.Eng.) als auch die Masterstudiengänge Bauingenieurwesen (M.Eng.) wie auch Facility Management (M.Eng.) zugehörig sind.

Zusätzlich werden die Studiengänge Bau-, und Holzingenieurwesen in dualer Form, also mit zusätzlicher Berufsausbildung angeboten.

In den hauseigenen Laboren finden nicht nur Praktika für die Studierenden, sondern auch anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung in den Tätigkeitsfeldern Stahl-, Verbund- und Leichtbau, Betonbau, Holzbau sowie Baukonstruktionen und Gebäudetechnik satt. Bestandteile sind insbesondere bauphysikalische Untersuchungen und nachhaltiges Bauen.


Wie erleben Sie aktuell Ihren studentischen Alltag an Ihrer Einrichtung? Welche Unterstützung erhalten Sie? Was fehlt?

Unsere Hochschule, insbesondere unser Fachbereich, ist nach einigen Startschwierigkeiten zu Beginn der Corona-Pandemie im Zuge der Digitalisierung der Lehre sehr bestrebt, den Lehr,- und Lernbetrieb so gut es eben geht, aufrecht zu erhalten.

Die Vorlesungen, Übungen und Praktika werden online live übertragen. Manche Professoren stellen diese sogar online zur Verfügung, was ein erlernen und begreifen des Stoffes wesentlich vereinfacht.

Wichtig ist dies nicht nur während einer Pandemie, sondern als Bestandteil einer innovativen Lehre, wenn diese gesellschaftstauglich sein möchte.

Was fehlt, sind weitere Lehrkörper, die ebenfalls diesen sehr wichtigen Schritt mitgehen, damit eine entsprechende Weiterbildung für viele Menschen möglich wird, die Lehre allgemein begreifbarer wird und entsprechend verinnerlicht werden kann. Leider stehen bisher an unserem Fachbereich einige wenige sehr engagierte Professoren noch alleine da.


Warum haben Sie sich für ein Studium im Bereich Bauingenieurwesen und speziell an der FH Aachen entschieden?

Mein eigentliches Ziel habe ich bereits mit Abschluss meiner Gesellen- und Meisterausbildung im Tischlerhandwerk erreicht. Über eine Freundin bin ich dann aber auf die Möglichkeit gestoßen, mit meiner beruflichen Qualifikation noch ein Ingenieursstudium absolvieren zu können um somit meinem Traumberuf als Berufsschullehrer ein gutes Stück näher zu kommen.

Nach einem Vergleich verschiedener Hochschulen und Universitäten im Bereich Bauingenieurwesen bzw. Holzingenieurwesen war für mich ziemlich schnell klar, dass die Fachhochschule Aachen mein Favorit ist.

Der fachpraktische bzw. praxisnahe Bezug und auch insbesondere die Möglichkeit, direkt mit den Lehrenden selber interagieren zu können, waren für mich letztendlich ausschlaggeben.


Was spricht für ein Studium an Ihrer Einrichtung?

Der erwähnte praxisnahe Bezug während der Lehre ist ein sehr wichtiges Kriterium, um im späteren Berufsleben mit Kollegen, aber auch insbesondere mit anderen Gewerken auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Im Kernstudium sowie auch in der Vertiefung wird, neben einer praktisch orientierten Lehre, hierauf sehr viel Wert gelegt.

Darüber hinaus sind die direkten Kontaktmöglichkeiten mit den Lehrenden nach den Vorlesungen, in Sprechstunden und darüber hinaus Gold wert. Fragen oder unklare Sachverhalte können auf direktem Wege unkompliziert geklärt werden.


Wie stellt sich das Zusammenspiel zwischen Hochschule und externen Partnern dar?

Bei der Kommunikation zwischen unserem Fachbereich und zum Beispiel unseren Kooperationspartnern, welche in den dualen Studiengängen eine essentielle Rolle spielen, besteht noch ein teils sehr hoher Bedarf an Absprachen.

So überschneiden sich hier oft Schulstunden der Berufskollegs mit Vorlesungen unseres Fachbereichs, was ein absolutes No-Go ist. Wenn es zeitlich nicht machbar ist, Lehre und Studium zu vereinen und beides oder ein Teil zu reinem Bulimie-Lernen (d.h. kurzfristiges Auswendiglernen von Fachinhalten für eine Prüfung; Anm. d. Red.) führt, zweifle ich die Sinnhaftigkeit eines solchen Angebotes sehr stark an.


Wie sieht die Beziehung zwischen Studierenden und Lehrenden aus?

Die Beziehung zwischen Studierenden und Lehrenden ist an unserer Fachhochschule schon etwas Besonderes. Ausnahmslos alle unsere Lehrenden sind sehr an einer guten Ausbildung und Wissensvermittlung interessiert und entsprechend engagiert.

Bei Fragen, aber auch bei Problemen kann man sich direkt mit den Lehrenden persönlich oder digital in Verbindung setzen und erhält entsprechend schnell Hilfe. Andersherum gilt dies ebenso: Lehrende holen sich direktes Feedback bei den Studenten und setzen Kritikpunkte schnellstmöglich um.

So wird zum Beispiel bei Verständnisproblemen direkt auf die Fragenden eingegangen. Stellt sich dabei heraus, dass beispielsweise eine Aufgabenstellung "ungünstig" gestellt ist, wird diese entsprechend angepasst und ergänzt, um das Wissen auf eine andere Art und Weise zu vermitteln.


Wie können sich Studenten aktiv in die Ausgestaltung ihrer Ausbildung einbringen?

Bei der Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Studierenden an unserem Fachbereich wirkt in erster Linie der Fachschaftsrat als Interessenvertretung unserer Studentenschaft mit. Darüber hinaus sind wir sehr eng mit drei studentischen Vertreterinnen und Vertretern aus dem Fachbereichsrat verknüpft.

Hier haben wir als Studenten die Möglichkeit, aktiv an allen Prozessen mitwirken zu können und entsprechendes Feedback der Studentenschaft einbringen zu können, welches von den Lehrenden auch gehört und angenommen wird.

Auch in vielen weiteren Gremien und Kommissionen wirken Studierende aktiv mit und gestalten so den Fachbereich zusammen mit den Lehrenden mit dem Ziel, für bestimmte Probleme eine für alle zufriedenstellende Lösung zu erarbeiten und umzusetzen.

So wurden unter anderem bei diversen Modulen die sogenannten Hausübungen, das heißt semesterbegleitende Projekte, welche als Prüfungsvorleistung erbracht werden müssen, im Umfang mehr oder weniger stark reduziert, da diese vom Arbeitsaufwand viel zu zeitintensiv waren. Vorher hatten Studenten die Rechenwege bzw. Zeichnungen aus Zeitnot nur noch untereinander getauscht oder direkt abgeschrieben, womit der Lerneffekt quasi gegen null ging.


Welchen Wunsch haben Sie an die (Bildungs-)Politik?

Mehr Zeit! Mehr Zeit für eine fundierte Wissensvermittlung und die Möglichkeit, auch während eines Studiums mal "Luft holen zu können".

Die Regelstudienzeit beläuft sich beim regulären Bachelorstudiengang auf sieben Semester. Pro Semester stehen in der Regel sechs Module an. Ein Semester ist ein halbes Jahr, abzüglich der Prüfungsphasen etc., von grob circa zwei Monaten, haben wir also vier Monate für sechs Module.

Dies entspricht nicht einmal vier Wochen pro Modul, wobei jedes Modul für sich genommen sehr interessant, aber natürlich auch sehr wichtig ist. In dieser Form ähnelt ein Studium durchaus manchmal eher dem Bulimie-Lernen als einer adäquaten Wissensvermittlung.

Semesterferien, im Sinne von Ferien oder Freizeit, gibt es auch kaum bis gar nicht. In den vorlesungsfreien Zeiten werden Prüfungen geschrieben. Dies liegt allerdings nicht an der Hochschule, sondern an bestimmten Vorgaben der Regierung. Da müsste dringend mal etwas entzerrt werden, um wieder echtes Wissen zu ermöglichen.

Insgesamt führt diese Situation am Ende oft dazu, dass Absolventen zum Großteil erst in den ersten Jahren in der freien Wirtschaft das zuvor "erlernte" Wissen überhaupt verstehen und darüber hinaus weiter "ausgebildet" werden müssen. Nicht ohne Grund heißt es auf Baustellen so oft "Ach, schon wieder ein Studierter. Die haben echt keine Ahnung..." Fast jeder Handwerker bzw. Baufacharbeiter weiß genau, was ich meine.


Wie stellen Sie sich Ihre persönliche berufliche Zukunft vor?

Meine persönliche Zukunft nach Abschluss meines Studiums sehe ich im lehrenden Bereich.

Ob dies an einer Schule, an einem Berufskolleg, an einer Hochschule, an einer Universität oder einer anderen Einrichtung sein wird, wird die Zeit zeigen. Da bin ich für fast alles offen.