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Nachgefragt bei: Caroline Pistor

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 20. Dez. 2019

# 27.12.2019

Caroline Pistor von der Wolff & Müller Holding GmbH & Co. KG - Jeder Bauingenieur tickt anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Caroline Pistor (25) ...

Caroline Pistor ist Bauingenieurin und Trainee beim Stuttgarter Bauunternehmen Wolff & Müller. Foto: Wolff & Müller
Caroline Pistor ist Bauingenieurin und Trainee beim Stuttgarter Bauunternehmen Wolff & Müller. Foto: Wolff & Müller

...ist Bauingenieurin und Trainee beim Stuttgarter Bauunternehmen Wolff & Müller. Dort absolviert sie ein Jahr lang das so genannte betriebsinterne Generalistenprogramm, welches sich an kaufmännische und technische Nachwuchskräfte richtet.

Die Unternehmensgruppe beschäftigt mehr als 2.000 Mitarbeiter an 27 Standorten im Bundesgebiet im Hoch- und Industriebau, Ingenieurbau, Stahlbau, bei der Bauwerkssanierung, im Tief- und Straßenbau sowie Spezialtiefbau. Neben Bauleistungen bietet die Gruppe auch Bau- und Rohstoffe sowie baunahe Dienstleistungen an.


Frau Pistor, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

Ich bin seit April 2019 Trainee bei Wolff & Müller und durchlaufe dort das Generalistenprogramm. Dieses hat mich auch deshalb angesprochen, weil ich mich dabei ein Jahr lang einem individuellen Schwerpunktprojekt widmen kann.

Mein Projekt ist der Wolff & Müller Campus. In Stuttgart-Zuffenhausen erweitert die Unternehmensgruppe derzeit ihren Hauptsitz um insgesamt drei Gebäude [vgl. Quellen und Verweise, Anm. d. Red.]. Das neue Parkhaus und ein Hotel stehen schon. Das neue Verwaltungsgebäude ist noch im Bau. Vor wenigen Wochen war Richtfest und voraussichtlich im Winter 2020 wird der Neubau mit moderner Arbeitswelt für die rund 450 Mitarbeiter in Stuttgart-Zuffenhausen fertig sein.

Natürlich übernimmt Wolff & Müller die Arbeiten selbst. Das gibt mir die Chance, den Entstehungsprozess eines solchen Campus, von der Planung über den Bau bis zur Bewirtschaftung, zu begleiten.

Zur Unternehmensgruppe gehören verschiedene Unternehmen, die die entsprechenden Leistungen abdecken. Derzeit bin ich zum Beispiel beim Projektentwickler DQuadrat Real Estate und lerne dort die Entwicklungs- und Planungsprozesse kennen. Als nächstes werde ich einige Wochen lang die Bauleitung von Wolff & Müller begleiten.

Mit den Verwaltungsspezialisten der Wolff & Müller Immobilien (WMI) arbeite ich schon am Betreiberkonzept für den neuen Campus. Parallel dazu steht die Planung der neuen Büros an, an der ich nicht nur mitarbeite, sondern die ich auch kommunikativ begleite.

Was ich an meinem Job besonders schätze, ist die Zusammenarbeit mit Kollegen aus unterschiedlichsten Unternehmensbereichen. Ich habe fast täglich neue spannende Aufgaben, es kommt kaum Routine auf, geschweige denn Langeweile.

Das Thema Kommunikation fordert mich, denn das lernt man als Bauingenieurin klassischerweise nicht während des Studiums. Wir wollen die Mitarbeiter bei der Gestaltung der neuen Arbeitswelt im Verwaltungsgebäude mitnehmen. Dafür haben wir einen kompletten Kommunikationsfahrplan aufgestellt.

Ich schreibe zum Beispiel regelmäßig News für unser Intranet oder organisiere Informationsveranstaltungen. Das ist eine herausfordernde Aufgabe, bei der ich Fingerspitzengefühl beweisen und darauf achten muss, wann ich wen über was informiere.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

Ich habe Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Weil ich nach meinem Bachelor noch nicht genau wusste, in welche Richtung es beruflich gehen soll, habe ich ein halbes Jahr lang ein Praktikum mit Schwerpunkt Projektmanagement in einem Unternehmen gemacht, das Gewerbeimmobilien entwickelt, vermietet und betreibt.

Währenddessen habe ich mich auf dem Arbeitsmarkt umgeschaut und bin auf dem Karrieretag Familienunternehmen im Sommer 2018 mit meiner jetzigen Vorgesetzten ins Gespräch gekommen.

Sie hat mir damals das Generalistenprogramm von Wolff & Müller vorgestellt, das nicht auf eine bestimmte Position im Unternehmen ausgelegt ist, sondern als Findungsjahr zu verstehen ist. Währenddessen kann man viel ausprobieren, in unterschiedliche Unternehmensbereiche reinschnuppern und ein individuell auf die Person zugeschnittenes Schwerpunktthema oder -projekt bearbeiten. Das fand ich spannend.

Bauen als Zusammenspiel verschiedener Gewerke hat mich schon zu meiner Schulzeit fasziniert. Diese Begeisterung war damals auch ausschlaggebend für mein Bauingenieursstudium.


Anhand Ihres eigenen Weges zur Anstellung: Welche Besonderheiten und Herausforderungen müssen Unternehmen heute beachten, um für junge Talente interessant zu sein und diese für sich zu gewinnen? Wie hat dies ihr derzeitiger Arbeitgeber gelöst?

Viele Unternehmen, vor allem in der Baubranche, sind noch sehr traditionell organisiert und haben starre Hierarchien. Ich glaube das schreckt viele junge Menschen ab. Denn die Generation Y, also die Jahrgänge 1980 bis 1995, ist auf etwas Anderes aus. Sie möchte flexibel arbeiten und eigene Ideen einbringen können.

Mein Arbeitgeber bietet nicht nur räumlich das passende Umfeld, sondern auch flexible Arbeitszeitmodelle, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern. Junge Menschen mit abgeschlossenem Studium und Begeisterung für die Branche können entweder direkt ins Unternehmen einsteigen oder aber auch, wie ich, ein Trainee-Jahr absolvieren und dabei ein Projekt bearbeiten, das ihnen besonders am Herzen liegt.

Eine weitere Einstiegsmöglichkeit ist das Programm von „Deutschland baut!“, einer Initiative namhafter und führender Unternehmen aus der Baubranche. Dieses Programm dauert 18 Monate und bietet die Chance, die Wertschöpfungskette Bau in drei verschiedenen Unternehmen inklusive aller Prozesse und Strukturen kennenzulernen.

Wolff & Müller bietet als Familienunternehmen viel Gestaltungsfreiraum. Über die tarifliche Vergütung hinaus gibt es Zusatzleistungen wie Mitarbeiterrabatte, betriebliche Altersvorsorge und Mitarbeiter-Events.

Auch die Personalentwicklung wird groß geschrieben. Das Unternehmen hat eine eigene Dienstleistungsgesellschaft, die sich gezielt um die Fort- und Weiterentwicklung der Mitarbeiter kümmert. Unsere interne Wolff & Müller Akademie bietet jährlich mehr als 200 Seminare sowohl im technischen und gewerblichen als auch im kaufmännischen Bereich an. Ebenso werden überfachliche Kompetenzen vermittelt.

Das sind Punkte, die meinen Arbeitgeber für mich attraktiv gemacht haben und nach wie vor machen.


Bitte vervollständigen Sie den Satz: "Um erfolgreich zu planen und zu bauen, kommt es in Zukunft darauf an, dass..."

…nicht der Preis, sondern die Qualität im Vordergrund steht.

Bei Wolff & Müller zeigt sich das vor allem beim sogenannten Baupartnerprinzip. Es ist das Kernelement der Einkaufsstrategie bei uns. Der Grundgedanke: Wolff & Müller vergibt Aufträge nur noch an Unternehmen, die bestimmte Kriterien wie Kompetenz, Erfahrung und Wettbewerbsfähigkeit erfüllen. Mit den Baupartnern, die diese in besonderem Maße erfüllen, strebt Wolff & Müller eine enge Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette und eine gemeinsame Entwicklung an. Das Ziel ist, mit eingespielten Teams und standardisierten Prozessen möglichst störungsfrei, effizient und innovativ bauen zu können.

Die Qualität geht bei uns auch Hand in Hand mit dem Thema Digitalisierung. Bauen wird immer digitaler, und wir sind überzeugt, dass es auch nachhaltiger werden muss. Wolff & Müller ist Vorreiter beim digitalen Planen und Bauen mit Building Information Modeling (BIM). Im Zuge unserer Digitalisierungsstrategie setzen wir auf weitere Technologien wie Drohnen, die Vernetzung von Baumaschinen und das mobile Planungs- und Echtzeitsystem BPO, um die Effizienz und Qualität der Arbeiten zu erhöhen.

Dazu kommt, dass wir eine sehr ausgereifte Nachhaltigkeitsstrategie haben, die sich auf vier Handlungsfelder bezieht: erstens Kunden, Produkte und Dienstleistungen, zweitens die Arbeitswelt, also Mitarbeiter und Baupartner, drittens Umwelt und Ressourcen und viertens gesellschaftliches Engagement.

Wir waren das erste Bauunternehmen in Deutschland, das komplett CO2-neutral gebaut hat und es gibt bei uns einen umfassenden Präventionsprozess zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung bei Nachunternehmen. Nachhaltig bauen heißt also auch, dass wir Verantwortung übernehmen für die Bedingungen, unter denen unsere Bauprojekte entstehen.


Welche Arbeitstechniken sind in Ihrer aktuellen Position besonders gefragt?

Für meine aktuellen Aufgaben sind vor allem Soft-Skill-Techniken wie Kommunikation und Moderation gefragt. Weil mit unserer Büroplanung ein großes Change-Management [d.h. Maßnahmen für strukturelle interne Veränderungen, Anm. d. Red.] einhergeht, lerne ich derzeit unter anderem, wie man Veränderungsprozesse begleitet.

Auch ein gutes Projektmanagement, insbesondere mit Blick auf Terminkoordination und Kostenkalkulation, sind für das Campus-Projekt notwendig, um es erfolgreich steuern und begleiten zu können.

Bei meiner nächsten Trainee-Station auf der Baustelle habe ich dann sicher auch mehr mit fachspezifischen Techniken und Methoden wie Lean Management oder BIM zu tun.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Mir liegt das Thema „Frauen in der Baubranche“ am Herzen. Noch immer sind wir Frauen in MINT-Berufen und damit auch im Bauwesen unterrepräsentiert.

Mein Wunsch an die Politik wäre erstens, stärker dafür zu sorgen, dass das Geschlechtermissverhältnis aufgebrochen wird. Dazu gehören auch Lösungen, mit denen sich Job und Familie besser vereinbaren lassen, denn noch immer sind beispielsweise Oberbauleiterinnen auf den Baustellen rar. Viele Frauen stoppen schon vorher auf der Karriereleiter, weil sie eine Familie gründen und denken, dass dieser Job mit Kindern nicht möglich ist.

Zweitens wünsche ich mir, dass es gelingt, schon früh Mädchen stärker für MINT-Berufe zu begeistern. Wolff & Müller unterstützt das, indem wir beispielsweise eigene Kinderbaustellen [vgl. Quellen und Verweise, Anm. d. Red.] organisieren, uns am bundesweiten Girls‘ Day beteiligen und Diversität in allen Formen fördern.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Bei meinem Start als Trainee habe ich einen freiwilligen Persönlichkeitstest gemacht, der mir geholfen hat, mich selbst, meine Stärken und Entwicklungspotenziale besser einzuschätzen.

Auf Grundlage der Ergebnisse und meiner selbst gewählten Ziele habe ich zusammen mit meiner Vorgesetzten einen Entwicklungsplan aufgestellt. So kann ich im gesamten Trainee-Jahr gezielt Seminare zu den Feldern belegen, in denen ich mich noch verbessern möchte. Das gilt sowohl für fachliche als auch für überfachliche Themen.

Bei jeder Station, die ich durchlaufe, habe ich mindestens einen Sparringspartner, der mir regelmäßig Feedback gibt. Ich schaue gemeinsam mit meiner Vorgesetzten von Station zu Station, wie lange ich bleibe und wann es Sinn macht, zur nächsten zu wechseln.

Manche Projekte ergeben sich auch spontan, weil Kollegen Unterstützung benötigen. So bin ich beispielsweise recht kurzfristig in das WMI-Team [vgl. oben, Anm. d. Red.] eingestiegen, das das Betreiberkonzept erarbeitet.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Ich reise viel und bin auch an den Wochenenden oft unterwegs, um Familie und Freunde zu besuchen. Der Vorteil an meinem aktuellen Wohnort Stuttgart ist auf jeden Fall, dass ich nah an den Bergen bin und schnell einen Abstecher zum Klettern oder Skifahren machen kann.



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