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Nachgefragt bei: Edda Heinz

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 14. Sep. 2017

# 20.09.2017

Dipl.-Ing. (FH) Edda Heinz vom Architektur- und Ingenieurbüro Heinz - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Dipl.-Ing. (FH) Edda Heinz ...

Dipl.-Ing. (FH) Edda Heinz ist seit 1989 im eigenen Ingenieurbüro für Tragwerksplanung in Hof tätig. Foto: Fotostudio Schwarzenbach
Dipl.-Ing. (FH) Edda Heinz ist seit 1989 im eigenen Ingenieurbüro für Tragwerksplanung in Hof tätig. Foto: Fotostudio Schwarzenbach

...leitet seit 1989 selbständig als Alleininhaberin ein Ingenieurbüro für Tragwerksplanung und Sachverständigengutachten in Hof an der Saale. Sie ist zudem von der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth für die Sachgebiete Schäden an Gebäuden, Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie Mieten und Pachten öffentlich bestellt.

In der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau engagiert sich Heinz in der Vertreterversammlung. Sie ist zudem Mitglied des Ausschusses Baurecht und Sachverständigenwesen sowie Beisitzerin des Eintragungssausschusses. Des Weiteren ist sie als Regionalbeauftragte zur Förderung und Unterstützung der regionalen Aktivitäten der Kammer in Oberfranken tätig.

2002 wurde das Geschäftsfeld der Tragwerksplanung durch Angliederung des Architektur- und Ingenieurbüros Heinz um die klassische Objektplanung erweitert, damit bei der Übernahme von Generalplanungen wesentliche Leistungsbilder nach HOAI im eigenen Büro und in gemeinsamen Geschäftsräumen abgedeckt werden können.

Für die Projekte des Büros in den Bereichen Neubau, Sanierung, Umbau und Denkmalschutz für überwiegend öffentliche, aber auch für viele private Auftraggeber steht ein Mitarbeiterstamm von sechs fest angestellten Mitarbeitern zur Verfügung. Im Bedarfsfall kommt es zur Unterstützung durch Partnerbüros.


Frau Heinz, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

Wir haben uns 2015 entschieden, unsere langjährig eingesetzten und auch bewährten CAD-Systeme für Architektur und Tragwerksplanung aus dem Haus RIB Stuttgart gegen das System Allplan von Nemetschek auszutauschen. Diese Entscheidung hat uns im Vorfeld sehr lange beschäftigt und fordert mich seitdem auch heute noch täglich.

Gründe für diese Entscheidung waren, dass unsere beiden CAD-Systeme zwar aus demselben Softwarehaus stammten, allerdings untereinander nur bedingt kompatibel waren. Das bedeutete für uns, dass wir bei gemeinsamen Aufträgen trotzdem wie fremde Büros arbeiten mussten. Im Hinblick auf BIM konnte ich zudem keine Chance erkennen, wie wir diese Herausforderung in Zukunft bewältigen können.

Die Umstellung während des "laufenden Betriebs" bedeutete für unsere Mitarbeiter, die bei der Entscheidung für den Softwarewechsel zwar eingebunden waren und dies auch mitgetragen haben, dennoch eine Doppelbelastung. Die laufenden Projekte mussten noch planmäßig mit den alten CAD-Programmen abgewickelt werden, gleichzeitig sollten die neuen Projekte natürlich auch pünktlich und mit so genannten "intelligenten Bauteildaten" erstellt werden.

Trotz Programmschulungen und der baubegleitenden Betreuung durch Nemetschek kämpfen wir noch heute mit dieser Umstellung. Es sind unerwartete und unfreiwillige Kompetenzverschiebungen sowie Frust im Team entstanden, was wir so nicht vorhergesehen hatten.

Im Ingenieurbau kommen wir bereits ganz gut mit dem Programm zurecht. Im Bereich der Architektur stehen wir momentan immer noch ziemlich am Anfang und setzen das Programm weit unter seiner Leistungsfähigkeit und weit hinter meiner "Vision" unseres zukünftigen Arbeitens ein. Ich bin trotzdem zuversichtlich, dass wir die Sache bewältigen. Viele unserer Kollegen haben sich mit dem Thema BIM noch nicht einmal befasst.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

1985 habe ich mein Bauingenieurstudium beendet. Danach war ich knapp vier Jahre in einem Ingenieurbüro als Tragwerksplanerin angestellt, bevor ich mich 1989 selbständig machte.

Vorbild und Ansporn für mein Studium und meine spätere Tätigkeit, gleichzeitig aber auch übermächtiger "Gegner" oder "Kontrahent" war mein Vater, der ebenfalls als Tragwerksplaner mit eigenem Büro selbständig war und mich während meiner Schulzeit immer mit Mathematik und Physik und seiner Art "logisch zu Denken" stark unter Druck gesetzt hat.

In meiner Schulzeit hatte ich eigentlich immer versichert, dass ich nie so einen Beruf ergreifen würde. Auf Drängen meiner Mutter habe ich mich trotzdem überreden lassen, Bauingenieurwesen zu studieren. Eigentlich hätte ich gerne Medizin studiert, aber dazu reichte meine Abiturnote nicht aus und eine Wartezeit kam für mich nicht in Frage. Während des Studiums habe ich dann aber doch meine Leidenschaft für die Technik und vor allem für Logik entwickelt. Bis heute arbeite ich mit großer Begeisterung in meinem Beruf.

Was ich heute rückblickend als Vorteil betrachte, für mich damals aber schwer verständlich war, ist, dass mich mein Vater nach dem erfolgreich abgeschlossenen Bauingenieurstudium nicht in das elterliche Ingenieurbüro übernahm und auch keine Absicht oder Interesse darin zeigte, dass sein Büro eines Tages durch mich fortgeführt werden könnte. Nur deswegen bewarb ich mich in einem Ingenieurbüro, das große und anspruchsvolle Projekte realisierte.

Hier konnte ich meine wichtigsten Erfahrungen sammeln, die den Grundstock für meine spätere Selbständigkeit mit meinem eigenen Ingenieurbüro bildeten. Zu Beginn meiner Selbständigkeit wurde ich wieder durch meinen Vater über Aufträge, die ich in seinem Namen abarbeiten durfte, unterstützt, bis ich mich selber am Markt etablieren konnte. Dies war zwar ein etwas ungewöhnlicher und auch schwerer, aber sehr effizienter Weg, Leistungsbereitschaft zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen.


Welche Wege geht Ihr Unternehmen in punkto Personalgewinnung?

In Sachen Personalgewinnung versuchen wir vor allem schon bereits im jungen Alter anzusetzen. Hierzu gehört das Angebot von Schülerpraktika als Orientierung für junge Menschen, damit sie sich damit beschäftigen können, welcher Beruf für sie in Frage kommt.

Wir bieten diese Praktika für alle Schulrichtungen an und möchten damit sowohl für die Lehre zum Bauzeichner oder als technische Verwaltungskraft als auch für das Studium des Bauingenieurwesens oder der Architektur begeistern.

Hinzu kommen selbstverständlich auch Praktikumsangebote für Studenten sowie die Möglichkeit der Betreuung von Bachelor-, Master-, und Diplomarbeiten.

Neben dieser aktiven Personalgewinnung schreiben wir natürlich offene Stellen in Zeitungsannoncen aus und zeigen Präsenz in diversen Internetportalen. Hier müssen wir allerdings noch Aufbauarbeit leisten.

In diesem Zusammenhang möchte ich die Unterstützung der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau für die Mitarbeitergewinnung lobend erwähnen. Dank der Gestaltung von Netzwerkabenden, der Praktikums- und Stellenbörse und vor allem den zahlreichen Veranstaltungen kann man gut Kontakte knüpfen.


Auf wen hören Sie beruflich?

Beruflich höre ich vor allem auf mich selbst. Hierbei ist natürlich meine langjährig erworbene Erfahrung und damit auch Fachkenntnis von Vorteil. Sehr wichtig ist für mich aber auch mein "Bauchgefühl". Dies klingt zwar für einen Techniker nicht unbedingt logisch, aber wenn man mit sich selbst offen und sensibel umgeht und sich auch nicht davor scheut, sich immer wieder zu hinterfragen, kann auch ein "Bauchgefühl" mitunter sehr hilfreich vor allem bei sehr schwierigen Entscheidungen sein.

Darüber hinaus besuche ich natürlich regelmäßig Fachveranstaltungen mit Fortbildungen in allen Baubereichen, pflege gute Kontakte zu meinen Kollegen, den Behörden und Fachverbänden. Ich sitze in unterschiedlichen Ausschüssen, die mit meinem Beruf in Verbindung stehen und scheue mich auch nicht, einmal um Rat zu fragen, wenn ich bei einer Entscheidung unsicher bin oder einfach gerne eine zweite Meinung dazu hätte.

Dadurch, dass mein Mann als Architekt in der gleichen Branche arbeitet wie ich, erfahre ich natürlich auch Unterstützung und Hilfe bei schwierigen Entscheidungen.


Welche (Informations-)Technik bzw. EDV-Anwendung hat Ihr Unternehmen zuletzt erworben und was hat das gekostet?

Grundsätzlich investieren wir sehr viel in die technische Ausstattung unseres Büros, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Aufgrund des großen Leistungsspektrums verfügen wir nahezu über alle notwendige Software, die im Baubereich eingesetzt wird. Für fast alle Programme sind außerdem auch Softwarewartungsverträge abgeschlossen.

Die jüngste und letzte große Investition war die Anschaffung des CAD-Programms Allplan mit allen Modulen und mit der AVA-Software Nevaris für mehrere Arbeitsplätze in Verbindung mit den Schulungskosten. Der reine Anschaffungspreis in Höhe von rund 30.000 Euro war dabei nicht der größte Posten bei dieser Investition in die Zukunft.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Mein Wunsch an die Politik sind mehr an der Praxis orientierte Entscheidungen, Verordnungen sowie eine daran orientierte Gesetzgebung. Das bedeutet eine weniger verwirrende und immer komplizierter werdende Formulierung bestimmter Normen, Verordnungen und Gesetze, die in der Praxis doch meist nur mit sehr viel Mühe richtig verstanden und tatsächlich umgesetzt werden können.

Weiterhin wünsche ich mir eine Politik der Weitsicht und mit Rücksicht auf die Belange der jüngeren Generationen. Eine Politik, die weniger davon geprägt ist, kurzfristig Wählerstimmen zu gewinnen, sondern sich zukunftsfähig ausrichtet.

Mit Sorge sehe ich, dass Leistungsträgern hier in unserem Land nicht mehr der Stellenwert eingeräumt wird, den sie sich erarbeitet haben, sondern durch unbegründete Neiddebatten Missgunst und Misstrauen zwischen den Menschen gesät wird.

Berufspolitisch und auch volkswirtschaftlich sehe ich die Bemühungen der EU zur Abschaffung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI als kurzsichtig und falsch an. Für eine verantwortungsvolle Politik besteht hier aus meiner Sicht die Pflicht, sich für die Erhaltung der HOAI energisch einzusetzen. Es kann nicht sein, dass Architekten und Ingenieure eine so umfassende Haftung durch die werkvertraglichen Regelungen aufgebürdet bekommen und gleichzeitig ihre verantwortungsvollen und auch für die Allgemeinheit bedeutenden Tätigkeiten dem normalen Markt über Angebot und Nachfrage unterworfen werden sollen.

Unverständlich sind für mich auch die Ausweitungen und Ausuferungen der Bewerbungsverfahren um Aufträge. Selbst bei Planungsleistungen unterhalb der Schwellenwerte werden nun solche Bewerbungsverfahren die Regel. Dabei wird bei der Bewertung der Bewerbungen sehr oft hauptsächlich das angebotene Honorar herangezogen.

Auch hier würde ich mir klare Regelungen wünschen, die berücksichtigen, dass diese Bewerbungsverfahren den Beteiligten viel Geld kosten, das aber dem Wirtschaftskreislauf nicht zufließt und in den Architektur- und Ingenieurbüros die Gemeinkosten stark nach oben treibt.

An dieser Stelle möchte ich den Kammern und allen Berufsverbänden danken, die sich kraftgebündelt für die Interessen der Ingenieure und Architekten einsetzen, damit unsere Belange von der Politik wahrgenommen und auch berücksichtigt werden.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Einem Ingenieur muss lebenslanges Lernen eine Selbstverpflichtung sein. Ich besuche jedes Jahr zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen. Dies dient mir nicht nur dazu, dass die notwendige besondere Fachkunde erhalten bleibt, sondern auch als Auszeit vom Berufsalltag.

Ich treffe dort bekannte Kollegen, die ich sonst nicht sehe, knüpfe neue Kontakte und auch Freundschaften. Für Fortbildungen reise ich durch die gesamte Bundesrepublik, so besuche ich jedes Jahr unter anderem die Aachener Bausachverständigentage.

Unweigerliche Fortbildung bekomme ich aber auch durch die abwechslungsreichen Aufgabenfelder, die mein Beruf mit sich bringt. Ich habe tagtäglich mit den verschiedensten Anliegen zu tun, die vielleicht auch manchmal Fachgebiete betreffen, mit denen ich mich noch nicht aktiv oder intensiv beschäftigt habe.

Solche Aufgaben bereiten mir sehr viel Spaß, denn so kann ich einem Menschen in einer Sache weiterhelfen und dabei selbst noch meinen Horizont erweitern. Schließlich wächst man an seinen Aufgaben.

Natürlich gehört zu meiner persönlichen Weiterbildung auch die ständige Verfolgung von Neuerungen über Fachzeitungen, das Internet oder die Fachliteratur.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Einen Ausgleich zu meinem beruflichen Alltag finde ich vor allem zu Hause bei meiner Familie. Hier genieße ich vor allem das gemeinsame Frühstück am Wochenende, was einen sehr hohen Stellenwert bei mir hat, da unter der Woche sehr wenig Zeit für gemeinsame Mahle bleibt.

Außerdem bin ich ein sehr geselliger und lustiger Mensch, weshalb meine Freunde auch eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen. Oft lassen wir den Samstagabend in einer lustigen Runde bei einem Glas Wein und einem gemeinsam zubereiteten Menü ausklingen.

Des Weiteren bin ich ein sehr tierlieber Mensch, der seine Freizeit auch gerne in der Natur verbringt. Ein großes Hobby von mir ist das Reiten, denn "das Glück der Erde, liegt auf dem Rücken der Pferde". Das stimmt tatsächlich. Man kann perfekt abschalten und konzentriert sich in diesem Moment einfach nur auf sich und das Tier. Ein perfekter Ausgleich und noch dazu gesund.

Ich gehe meinem Beruf auch nach all den Jahren noch so gerne nach, dass ich, trotz stressiger Wochen, in denen vielleicht wenig Zeit für Ausgleich bleibt, ein sehr zufriedener und ausgeglichener Mensch bin. Schließlich habe ich tagtäglich mit den verschiedensten Aufgaben und Menschen zu tun. Ich kann für mich sagen, dass ich meinen Beruf mittlerweile nicht mehr als Beruf sondern als Berufung sehe, bei der nie Langeweile aufkommt.