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Nachgefragt bei: Gerd Grotemeier

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 21. Jan. 2021

# 27.01.2021

Dipl.-Ing. Gerd Grotemeier vom Ingenieurbüro Grotemeier Ingenieure in Bielefeld - Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Bauingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Erfahrungen für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Die Experten ihres Faches liefern dabei aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Dipl.-Ing. Gerd Grotemeier...

Dipl.-Ing. Gerd Grotemeier beschäftigt im eigenen Ingenieurbüro in Bielefeld 15 Fachplaner. Foto: Grotemeier Ingenieure
Dipl.-Ing. Gerd Grotemeier beschäftigt im eigenen Ingenieurbüro in Bielefeld 15 Fachplaner. Foto: Grotemeier Ingenieure

... ist Inhaber eines familiengeführten Ingenieurbüros für Tragwerksplanung und Bauphysik mit Sitz in Bielefeld.

Das Unternehmen bietet seit seiner Gründung 1965 Ingenieurleistungen im konstruktiven Hochbau, Tiefbau und Ingenieurbau im In- und Ausland an.

Dabei liegen die Schwerpunkte in der Tragwerksplanung und der Bauphysik. 15 Fachplaner erstellen statische Berechnungen von der Vorplanung über die Genehmigungsplanung bis zur Ausführungsplanung.


Was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

Wir bearbeiten viele interessante kleine und große Bauprojekte, die unsere fachliche Kompetenz fordern, darunter derzeit zum Beispiel den Neubau der Kinderklinik Bethel, ein 75-Millionen-Euro Bauwerk, bei dem schon die Tiefbauarbeiten sehr anspruchsvoll waren. Über 800 Baupfähle tragen das gesamte Gebäude.

Unsere Ingenieure sind mit ihrem Wissen auch bei komplexen Projekten im Logistikbereich oder bei speziellen Laborgebäuden gefragt. Ebenso planen wir derzeit eine der größten Kaffeeröstereien Europas und berechnen in Österreich die Statik für den Neubau eines großen Lebensmitteldiscounters.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum? Was war Ihr bisheriger beruflicher Höhepunkt?

Seit fast 30 Jahren bin ich als Bauingenieur tätig. Schon als Kind habe ich bei meinem Vater erlebt, wie spannend es ist, in der Baubranche zu arbeiten. Er war auch Tragwerksplaner und ich war fasziniert von der Welt des Bauens. Gleichzeitig begeistern mich Zahlen, womit sich eine optimale Kombination für das Handwerk des Bauingenieurs, das ich von der Pike auf als Zimmerer gelernt habe, ergibt.

Die Ausbildung vor meinem Bauingenieur-Studium an der RWTH Aachen war eine wertvolle Erfahrung, die mich gelehrt hat, das Handwerk genauso zu schätzen wie die Planungen eines Ingenieurs. Erste Berufserfahrungen im Bauunternehmen konnte ich als angestellter Ingenieur bei Bilfinger und Berger im In- und Ausland bei großen Bauprojekten sammeln.

Als ich dann im Jahr 1997 meinen Weg in die Selbstständigkeit durch den Einstieg in das väterliche Ingenieurbüro in Ostwestfalen realisieren konnte, war das für mich ein persönliches Highlight. Der Erfolg gibt mir recht. Nach wie vor treibt mich die Leidenschaft für die Tragwerksplanung an.


Welche Wege geht Ihr Unternehmen in Punkto Personalgewinnung?

Das ist eine sehr komplexe Aufgabe, die wir sehr vielseitig angehen. In den letzten Jahren haben wir regelmäßig Jungingenieure eingestellt, die durch interne und externe Schulungen zu hervorragenden Fachingenieuren herangewachsen sind.

Generell suchen wir Fachpersonal über verschiedene Webportale und unsere eigene Website mit der Möglichkeit der Onlinebewerbung. Daneben nehmen wir an Fachmessen und Karrieretagen bei verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen teil.

Seit vielen Jahren betreiben wir eine gezielte Personalrekrutierung auch durch das Angebot von Praktika, Werkstudententätigkeiten sowie die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten.

2021 wollen wir uns auf neues Terrain wagen und überlegen mit einer privaten Fachhochschule einen Studierenden im dualen Bachelor-Studium Bauingenieurwesen zu unterstützen. Erste Auswahlgespräche mit potentiellen Bewerbern laufen derzeit.

Mit all diesen Maßnahmen wollen wir auch künftig erfolgreich im Team mit unserer Fachkompetenz überzeugen und interessante Bauprojekte realisieren. Ich freue mich über den Erfolg unseres Unternehmens, den wir zum großen Teil unserem hervorragenden Team zu verdanken haben. Gemeinsam sind wir stark.


Bitte vervollständigen Sie den Satz: "Um erfolgreich zu planen und zu bauen kommt es in Zukunft darauf an, dass..."

...wir zum einen motivierte und sehr gut ausgebildete Fachingenieure beschäftigen. Darüber hinaus bietet die BIM-Methode im Zusammenspiel mit der Fachsoftware ungeahnte Möglichkeiten.

Die Digitalisierung betrifft auch und besonders die Ingenieurbüros. Der digitale Austausch mit den Fachplanern, aber auch künftig mit der Baustelle wird ein maßgebender Erfolgsfaktor für ein Bauprojekt sein.


In welche Technik /IT investiert Ihr Unternehmen? Wie digitalisiert sind Sie dabei?

Wir sind in allen Bereichen auf dem neuesten Stand der Technik. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Geld in die Digitalisierung unseres Unternehmens gesteckt. In Corona-Zeiten finden fast alle wichtigen Besprechungen virtuell statt. Auch in die dafür notwendige Konferenztechnik haben wir im letzten Jahr investiert.

Darüber hinaus nutzen wir modernste Computertechnologie und setzen als Planungsmethode voll auf Building Information Modeling. Zurzeit sind wir dabei, die Implementierung des Software-Programms Tekla Structures voranzutreiben. Dabei steht die Verbesserung der Produktivität im Mittelpunkt, damit das gesamte Team effizienter zusammenarbeiten kann.

Die Software erleichtert die Modellierung von Detailkonstruktionen. Mit Hilfe von 3-D-Gebäudemodellen können alle Projektplaner besser kooperieren und dem Kunden neue Möglichkeiten der Visualisierung bieten. Zur Implementierung der Software im ganzen Unternehmen bedarf es interner und externer Schulungen, um die 3-D-Technologie auf alle Fachbereiche anzuwenden.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Erst einmal gilt es mehr Bauingenieurabsolventen zu generieren. Wir bilden zu wenig aus, weshalb derzeit ein extrem hoher Fachkräftemangel bei den Bauingenieuren herrscht.

Wenn jetzt und in den nächsten zehn Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen, werden wir vor sehr großen Problemen stehen. Wir müssen künftig für die Ingenieursausbildung viel mehr werben.

Hierzu wird der Grundstein in den Schulen gelegt. Es muss wieder mehr Interesse für die MINT-Fächer bei den Schülern geweckt werden.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Fachlich können wir nur dann hervorragend sein, wenn wir uns regelmäßig in unserem Fachgebiet weiterbilden. Wir haben im Unternehmen Fachleute für alle wichtigen Bereiche der Ingenieurtechnik.

Wir sind außerdem zertifizierte Planer und Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz, Passivhausplanung sowie Betoninstandsetzung und Energieeffizienz-Experten für Förderprogramme des Bundes.

Persönlich nehme ich auch regelmäßig an Weiterbildungen zu verschiedenen Fachthemen teil.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Mein Ausgleich ist zum einen meine Familie mit meinen beiden Söhnen. Auch hier bleibe ich hoffentlich durch meine Söhne und ihre Schul- bzw. Berufsausbildung jederzeit fit.

Darüber hinaus habe ich seit meiner Kindheit und Jugend immer viel Sport getrieben, bis zum Studium Leichtathletik intensiv als Leistungssport. Daraus schöpfe ich bis heute viel Kraft und Motivation für das tägliche Lösen von Problemen, wenn ich früh morgens oder abends nach der Arbeit durch den Wald jogge und die Probleme vor meinem geistigen Auge noch mal durchgehe.

Am Wochenende bin ich gerne mit einem Freund auf dem Rennrad in der Region unterwegs. Auch da fachsimpeln wir gerne, weil wir beide in der Baubranche selbstständig sind.