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Nachgefragt bei: Heiner Wingels

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 13. Mai 2020

# 27.05.2020

Dipl.-Ing. Heiner Wingels vom Tiefbauamt der Stadt Düren - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Dipl.-Ing. Heiner Wingels...

Dipl.-Ing. Heiner Wingels leitet in Düren das Amt für Tiefbau und Grünflächen sowie die Stadtentwässerung. Foto: Stadt Düren
Dipl.-Ing. Heiner Wingels leitet in Düren das Amt für Tiefbau und Grünflächen sowie die Stadtentwässerung. Foto: Stadt Düren

... ist Leitender Städtischer Baudirektor der Stadt Düren. Als solcher leitet er das Amt für Tiefbau und Grünflächen sowie die eigenbetriebsähnliche Einrichtung Stadtentwässerung.

Die Stadt Düren ist als kreisangehörige Stadt des gleichnamigen Kreises Mittelzentrum mit circa 92.000 Einwohnern zwischen den benachbarten Städten Köln und Aachen.

Das Amt für Tiefbau und Grünflächen ist für Planung, Neubau und Erneuerung der städtischen Infrastruktur im öffentlichen Raum zuständig. Dazu gehören neben circa 320 Kilometern städtischen Straßen, 65 Kilometern Radwege, 280 Kilometern Wirtschaftswege und über 130 Brücken auch über 100 Lichtzeichenanlagen, sämtliche Verkehrszeichen sowie alle öffentlichen Parkanlagen, Grünflächen und 130 Kinderspielplätze.

Die Stadtentwässerung Düren plant, baut und unterhält sämtliche Anlagen der Abwasserentsorgung im Eigentum der Stadt Düren. Es handelt sich dabei um circa 550 Kilometer Schmutz-, Regen- und Mischwasserkanäle, 16 Pumpstationen für Schmutz- und Regenwasser sowie 15 Regenrückhalte- bzw. Regenklärbecken. Die Abwasserreinigung erfolgt auf der zentralen Kläranlage des Wasserverbandes Eifel-Rur.

Die Aufgaben des Amtes für Tiefbau und Grünflächen werden von insgesamt 24 Mitarbeitern, vornehmlich Bauingenieuren, Freiraumplanern, und Technikern, erledigt, die Arbeiten der Stadtentwässerung Düren von 20 Mitarbeitern aus dem Bereich Bauingenieurwesen, Umweltingenieurwesen und Umwelttechnik.


Herr Wingels, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

In erster Linie ist das die große Verantwortung für die gesamte öffentliche Infrastruktur der Stadt Düren in den Bereichen Verkehrsflächen, Verkehrstechnik, Grün- und Freiflächen und im gesamten Bereich der Stadtentwässerung. Damit geht eine hohe Finanzverantwortung für den Neubau, die Erneuerung und die Unterhaltung in Höhe von ca. zehn Millionen Euro pro Jahr einher. Zugleich ist es die Führungsverantwortung für insgesamt 44 hochqualifizierte Mitarbeiter.

Die Herausforderung im investiven Bereich ist es, die Planung und Bereitstellung der Mittel im städtischen Haushalt für das Amt und im Wirtschaftsplan für die Stadtentwässerung so zu koordinieren, dass die Synergie und die Parallelität von Kanal- und Straßenbaumaßnahmen sichergestellt sind, wovon wir als Bauherr, aber auch alle Anlieger und Verkehrsteilnehmer profitieren.

Im Bereich der Verkehrsplanung und Verkehrssicherung und auch als anordnende Behörde für Verkehrseinrichtung ist die große Herausforderung, die Flut von Wünschen der Politik, diverser Interessensgruppen und vieler Bürger - "Jeder, der Rad fahren kann oder einen Führerschein hat, weiß es ja besser" [sic] - in Einklang mit Vorgaben der Straßenverkehrsordnung und der gesamtstädtischen Verkehrskonzeption zu bringen.

Die Bearbeitung von Lärmaktions- und Luftreinhalteplänen, die Reduzierung der verkehrsbedingten hohen Stickoxidwerte, den diesbezüglichen Forderungen der Deutschen Umwelthilfe nachzukommen und die intensive Förderung des Radverkehrs sowie die Erarbeitung innovativer Mobilitätsansätze sind weitere Herausforderungen.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

Ich bin seit 32 Jahren bei der Stadt Düren in führender Funktion beschäftigt. Zunächst als stellvertretender Amtsleiter des Tiefbauamtes, dann als Leiter des Amtes für Tiefbau und Grünflächen und seit 17 Jahren nach erfolgter Neuorganisation zusätzlich als alleiniger Betriebsleiter der Stadtentwässerung.

Bereits im Laufe meines Bauingenieurstudiums an der RWTH Aachen habe ich mich für die kommunalen Aufgaben des Bauingenieurwesens interessiert und die Bereiche Verkehrs- und Straßenwesen, Stadtbauwesen und Siedlungswasserwirtschaft vertieft.

Nach einem eher kurzen wissenschaftlichen Intermezzo habe ich die Ausbildung zum Baureferendar der Fachrichtung "Stadtbauwesen" bei der Bezirksregierung in Düsseldorf absolviert und die zweite Große Staatsprüfung abgelegt. Diese wiederum befähigt zur Einstellung in den höheren Dienst einer Beamtenlaufbahn.

Persönlich bin ich bei der Stadt Düren im Laufe der Jahre und mit dem Mehr an Verantwortungsübernahme vom städtischen Baurat bis hin zum Leitenden Städtischen Baudirektor befördert worden.


Welche Wege geht Ihr Arbeitgeber in punkto Personalgewinnung und des Personalerhalts?

Die ständige Zunahme der Vielfalt und des Umfangs der Aufgaben machten in den letzten Jahren eine deutliche Personalaufstockung erforderlich. Hier besteht die große Herausforderung, auf dem heiß umkämpften Markt für qualifizierte Bauingenieure, Freiraumplaner und Techniker geeignete Kandidaten für eine Tätigkeit in einer Kommunalverwaltung zu finden.

Bei der Personalauswahl ist jedoch nicht allein die persönliche Qualifikation von besonderer Bedeutung, sondern auch andere Fragen: Kommt dieser Mensch mit den vielfältig unterschiedlichen Anforderungen im kommunalen Bereich, mit den Begehrlichkeiten von Politik und Bürgern zurecht, ist er kommunikativ und passt er in das Team?

Da neue Mitarbeiter mit entsprechender Berufserfahrung auf dem freien Markt so gut wie nicht verfügbar sind, bin ich zuletzt auch dazu übergegangen, Ingenieurnachwuchs noch vor Abschluss des Masterstudiums einzustellen und den jungen Fachkräften die Möglichkeit zu eröffnen, parallel zu ihrer Einarbeitungszeit ihre Masterarbeit anzufertigen. Gerade in dieser Phase ist der Betreuungsaufwand groß und zahlt sich nur aus, wenn sich die Leute längerfristig an die Stadt Düren binden möchten.

Letztlich gilt es, neue Mitarbeiter für die abwechslungsreiche Tätigkeit im Team zu begeistern und ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Beispiel durch flexible Arbeitszeiten und teilweises Homeoffice zu ermöglichen.


Bitte vervollständigen Sie den Satz: Um erfolgreich zu planen und zu bauen kommt es in Zukunft darauf an, dass...

... innovative und auf die Stadt zugeschnittene Mobilitäts- und Stadtentwässerungskonzepte entwickelt und weiterverfolgt werden sowie die Verbesserung des Stadtklimas, nämlich durch die entsprechenden Verkehrs- und Planungsmaßnahmen sowie Freiraum- und Begrünungsmaßnahmen, erreicht wird.


In welche (Informations-)Technik investiert Ihr Arbeitgeber?

Der Weg zur papierlosen Verwaltung insbesondere bezüglich des Altaktenbestandes ist mühselig. Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte IT-Ausstattung ist zeitgemäß.

Einem stadtunabhängigen Eigenbetrieb stehen darüber hinaus Möglichkeiten zur Verfügung, sich mit modernster Fachsoftware, wie zum Beispiel Programme zur hydraulischen Berechnung des städtischen Schmutz- und Regenwassersystems, und entsprechender Hardware, also leistungsfähigen Rechnern, zwei Bildschirmen pro Arbeitsplatz etc., auszurüsten.

In der aktuellen Corona-Zeit zeigt sich jedoch, dass die Zugriffsmöglichkeiten auf das städtische Netzwerk von außerhalb nur eingeschränkt möglich sind, was die Leistungsfähigkeit im Homeoffice einschränkt. Im Sinne einer zukunftsweisenden Digitalisierung und Flexibilisierung der kommunalen Arbeitswelt muss sich hier noch einiges tun.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Momentan verfügt die Stadt Düren über einen ausgeglichenen Haushalt und einen gewinnbringenden Wirtschaftsplan der Stadtentwässerung. Die hiesige Politik ist meist einstimmig bereit, im Rahmen dieser finanziellen Möglichkeiten große Beträge für eine zukunftsfähige städtische Infrastruktur zu investieren.

Im Bereich der Verkehrs- und Mobilitätspolitik gehen die innovativen Vorstellungen einerseits und das Beharren auf Altbewährtem andererseits weit auseinander, was zu ständigen Grundsatz- und Detaildiskussionen führt. Gerade im Vorwahlkampf zur Kommunalwahl 2020 wären politische Einigkeit und Augenmaß wünschenswert.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Im Laufe meiner Tätigkeit habe ich in den vielfältigen und sehr unterschiedlichen Fachbereichen eine Vielzahl von extern angebotenen Fach- und Weiterbildungen genossen. Hier waren nicht die finanziellen, sondern eher die zeitlichen Möglichkeiten beschränkend.

Wichtiger aber als die Fachweiterbildung ist für mich die Wahrnehmung von Angeboten in der Führungs- und Kommunikationsfortbildung, da das in der Ingenieurausbildung deutlich zu kurz kommt. Bei der direkten Verantwortung für 44 Mitarbeiter und der Vertretung von Belangen des Amtes und des Eigenbetriebs in Fachausschüssen ist das unentbehrlich.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Der Ausgleich kommt bei der Doppelbelastung durch Amtsleitung und Betriebsleitung leider häufig zu kurz.

Trotzdem versuche ich, einen klaren Schnitt zwischen Berufs- und Privatzeiten zu ziehen, was bei mir durch räumliche Distanz zwischen Berufs- und Wohnort begünstigt wird.

Die beruflichen Belange sollen und dürfen das Familienleben und die Freizeitgestaltung nicht beeinflussen. Abschalten ist hier die Devise, denn nur so ist der Ausgleich zu schaffen, um dem Arbeitgeber mit dem notwendigen Engagement und ständig neuer Motivation zur Verfügung zu stehen.