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Nachgefragt bei: Peter Hübner

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 11. Aug. 2016

# 21.09.2016

Dipl.-Ing. Peter Hübner von der STRABAG AG - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Dipl.-Ing. Peter Hübner ...

Dipl.-Ing. Peter Hübner ist Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und Vorstand der Strabag AG. Foto: Stockberg / HDB
Dipl.-Ing. Peter Hübner ist Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und Vorstand der Strabag AG. Foto: Stockberg / HDB

...ist Mitglied des Vorstands der STRABAG AG mit Hauptsitz in Köln. Das Unternehmen bietet umfassende Leistungen an, speziell im Verkehrswegebau, und beschäftigt in Deutschland rund 12.000 Mitarbeiter.

Peter Hübner ist seit diesem Jahr Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB). Der Verband vertritt mit seinen 18 ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedsverbänden die Interessen von 2.000 mittelständischen und großen Bauunternehmen.


Herr Hübner, was fordert Sie aktuell besonders?

Vor mir befinden sich auf meinem Schreibtisch zwei Stapel, der eine wird vom Vorstand der STRABAG AG bearbeitet, der andere vom Verbandspräsidenten.

Letzterer wird hoffentlich immer kleiner sein als der erste, ich möchte nicht zum Frühstücksdirektor meines Unternehmens werden. Das Ehrenamt für den Hauptverband kann man meiner Meinung nach auch nur gut ausüben, wenn man hautnah am Baugeschehen dran ist und bleibt.


Warum sind Sie Bauingenieur geworden?

Das hat familiäre Gründe: Mein Großvater war Eigentümer der Hermann Kirchner Bauunternehmung in Bad Hersfeld. So bin ich schon früh mit dem realen Bauen in Berührung gekommen. Meine Begeisterung, die ich als Grundvoraussetzung für den Beruf ansehe, bezog sich seither immer sowohl auf die Baustelle als auch auf die planerische Arbeit dahinter.


Hätte es einen Plan B gegeben?

Bis zum Beginn meines Studiums habe ich tatsächlich nie wirklich eine andere Fachrichtung ins Auge gefasst. Ein Medizinstudium wäre vorstellbar gewesen, da dies dem Werdegang meines Vaters entsprochen hätte.


Welche Erwartungen hatten Sie vor Ihrem Studium an den Beruf und welche danach?

Ich habe sicherlich nicht mit einem so großen Pensum an theoretischen Anforderungen gerechnet. Da war ich schon etwas erschrocken. Am Ende hat mich nur gnadenloses Lernen, Ausdauer und Hartnäckigkeit durchgebracht. Es wurde besser, als ganz praktische Anwendungsbeispiele hinzukamen.

Ich glaube, das Studium ist heute zwar anders strukturiert, dennoch überwiegt der harte Theorieteil rund um die Mathematik und die technische Mechanik. Wer sich hier durchkämpft, hat das Schlimmste gemeistert. Leider brechen zu viele zu schnell ab, was unter anderem zu der akuten Nachwuchsproblematik im Bauwesen beiträgt.

Das doch sehr wissenschaftliche Studium des Bauingenieurwesens fand ich gut, da ich so überhaupt erst bestimmte Fertigkeiten und Arbeitsweisen erlernt habe. Das führt am Ende zu einer allgemeinen Erweiterung der geistigen Fähigkeiten, was im Leben immer von Vorteil ist. Ich erwarte von einem jungen Bauingenieur nicht zuerst die fachliche Kenntnis der genauen Zusammensetzung von Gussasphalt sondern vor allem logisches Denken.


Wie betrachten Sie Ihre bisherige Karriere und welchen Rat können Sie jungen Kollegen geben?

Ich habe eine recht klassische Laufbahn hinter mir, angefangen vom Mitarbeiter eines technischen Büros bis hin zum Geschäftsführer und Vorstand eines internationalen Unternehmens. Nachdem ich von 1986 bis 1990 bei Bilfinger Berger in Frankfurt am Main gearbeitet habe, bin ich zurück in den großväterlichen Betrieb nach Bad Hersfeld gegangen. Dort war ich zunächst Bauleiter, später dann Prokurist. Hier kamen, vor allem mit der Übernahme der Geschäftsführung 1999, erste Verbandstätigkeiten hinzu.

Dem Forum auf bauingenieur24 entnehme ich, dass die jungen Bauingenieure sich sehr stark über ihr Gehalt definieren und dieses zum Maß aller Dinge machen. Davon rate ich ab, zumindest, wenn man am Anfang seiner Karriere steht. Hier ist es entscheidend, einer interessanten Tätigkeit nachzugehen und wirkliche Perspektiven in der jeweiligen Firma zu haben. Je nach Charakter kann dann der internationale Konzern und Fachspezialist oder das lokale Planungsbüro berufliche Erfüllung bedeuten. Für mich persönlich war jedes Projekt und jede Baustelle ein neuer Meilenstein. Geholfen hat mir, dass ich bei meinen Vorgesetzten stets auf offene Ohren gestoßen bin.

Mit den Jahren hat es sich für mich gezeigt, dass man durch die berufspolitische Arbeit ein ganz anderes Standing gegenüber Verwaltungen und Behörden hat und dadurch natürlich auch besseren Einfluss nehmen kann. Zudem kommt man durch Ehrenämter in Gremien und Verbänden mit vielen schlauen Leuten zusammen.

Ich empfehle jedoch jedem Jungingenieur, sich nicht zu früh der Gremienarbeit zu widmen. Gleiches gilt für die unmittelbare Besetzung einer Stabsstelle. Wer als Bauingenieur erfolgreich sein und was bewegen will, der sollte zunächst einige Jahre Praxiserfahrung gesammelt haben, dabei durchaus auch direkt auf der Baustelle.


Sowohl im Bereich der Arbeitsethik als auch auf fachlich-technologischer Ebene sind die Veränderungen in der Gegenwart enorm. Wie begegnen Sie persönlich Innovationen und neuen Herausforderungen im Beruf?

Ich bin heute 56 Jahre alt und habe davon in 30 Jahren als Bauingenieur bereits einen gewaltigen Wandel miterlebt. Es kommt immer auf das persönliche Denken und Umdenken an, wenn man neue Wege gehen will. Die Hauptsache der Veränderung passiert also im Kopf.

Wenn zum Beispiel heute das Thema der work-life-balance, gerade im Hinblick auf die dringend erforderliche Rekrutierung des Nachwuchses, immer wichtiger wird, darf man als Einzelner auch kein schlechtes Gewissen haben, diesen Weg mitzugehen, auch wenn früher eine andere Einstellung zum Beruf galt. Ebenso muss die Gleichberechtigung aller akzeptiert und anerkannt werden. In den Benelux-Staaten oder auch in Skandinavien ist man hier schon weiter. Ich bin auf jeden Fall optimistisch, dass das "neue Arbeiten" auch bei uns gelingt.

In technologischer Hinsicht muss man bei großen Themen als Bauunternehmen stets vorn dabei sein. Ich bin hier persönlich sehr neugierig und lasse mich immer wieder neu begeistern. Bei den Leuten in unserem Unternehmen sehe ich den gleichen Elan. Wir haben heute schon die halbdigitale, vernetzte Baustelle, in der sämtliche Vorgänge mittels BIM ablaufen. Unsere Prozesse, an denen 11.000 Leute beteiligt sind, werden aktuell erneut analysiert. Der nächste Schritt, die volldigitale Maschinensteuerung, steht auf dem Programm.


Wo sehen Sie die Grenzen der Technologie bzw. welche Stellschrauben gibt es noch, um das Bauwesen fortschrittlich zu gestalten?

Bei bestimmten Themen, wie etwa der Frage der Brückenmodernisierung, sind neue Technologien nicht das Allheilmittel. Hier braucht es vor allem mehr Firmen und Spezialisten, die nur durch mehr Nachwuchs zu gewinnen sind. Bestimmte Jobs waren scheinbar zu lange unattraktiv. Hier muss unter anderem mit höheren Budgets gegengesteuert werden.

Gleichzeitig dürfen öffentliche Verwaltungen den Fortschritt, beispielsweise im Straßenbau, nicht weiter hemmen. Der Ingenieursverstand versiegt, wenn Amtsentwürfe weiter einfach nur stumpf abgearbeitet werden.


Stichwort Rekrutierung: Was gehört heute in die Lebensläufe der Bewerber, was in die Ausschreibungen der Firmen?

Auf Bewerberseite machen sich nach wie vor eine solide Ausbildung, nachgewiesene Praktika, ein Werksstudium und Ähnliches bezahlt. Im Grunde ist die Form der Ausbildung egal, solange man etwas gemacht hat und die Begeisterung für den Beruf nachweislich vorhanden ist.

Internationale Erfahrung ist heute für Fachkräfte fast der Standard. Da die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, schlage ich anstelle ein verpflichtendes Auslandsjahr vor. Ich war selbst vier Jahre in Polen aktiv und habe dabei sowohl eine andere Kultur als auch andere Denkweisen kennen gelernt, was mir sehr geholfen hat.

Für den Erfolg eines Unternehmens zählt vor allem gutes Teamwork. Somit ist dies in den Firmen zu fördern, was dann wiederum in einer Stellenanzeige zu präsentieren ist. Der einzelne Mitarbeiter wird bei STRABAG durch eine 15-monatige Einarbeitungsphase, in der er alle Abteilungen kennen lernt, integriert. Wir können zudem mit einem eigenen Trainee-Programm werben. Möglichkeiten der Kinderbetreuung anzubieten, ist ebenfalls ein ratsames Mittel.


Zum Schluss: Wie finden Sie den Ausgleich zu Ihrem Beruf?

Ich habe vier Kinder - Punkt. Doch Spaß beiseite, ich bin tatsächlich ein großer Familienmensch und verbringe meine Freizeit dementsprechend zuhause. Früher gehörte das Tennisspielen zu meinen Leidenschaften, heute jogge ich noch ab und an, bei Gelegenheit werde ich mich gerne auch wieder einmal der Fliegerei widmen.