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Schnösel vs. Fifikus

  • Veröffentlicht von Freigeist (inaktiv) am 12. Apr. 2011 23:32
  • Neueste Antwort:vor 13 Jahren
Mal angenommen:

Architekt Schnösel (Name redaktionell geändert) musste dummerweise eine Tiefgarage mit einer Tiefgaragenrampe erschließen. Nun entpuppt sich letztere Konstruktion als äußerst kompliziert. Man bedenke nur, dass zu einem variablen Längsgefälle auch ein variables Quergefälle hinzukommt – nun, da könnte Schnösel schon die Übersicht verlieren. Ok der Verfasser, nennen wir ihn Tragwerksplaner Fifikus, muss Schnösel schon zugestehen, dass dieser es zumindest versucht hat. Die Warnungen seiner Kollegen schlug Schnösel nämlich mutig in den Wind und schnitt nicht nur um die Rampe herum, sondern – man glaubt es kaum – mitten hindurch. Schnell merkt Architekt Schnösel, dass er diese Konstruktionsaufgabe in fünf Minuten nicht wirklich gelöst bekommt. So eine Konstruktionsarbeit kann halt auch ziemlich öde und lästig sein, insbesondere unter Zeitdruck. Deshalb entschließt sich Schnösel seinen linearen (keine Abwicklung) Rampenschnitt (LP5!!!) mit einer Bemerkung abzuschließen, dass die geschnittene Rampendecke „wohl so ähnlich oder irgendwie halt verlaufen würde“ (tatsächliche Bemerkung redaktionell geändert). Dass der Rampengrundriß keine Höhenkoten an den Rampenwänden enthält und nur minimalste Angaben zu Längs- und Quergefälle beinhaltet (insbesondere eben nicht wie letzteres sich im Kurvenverlauf ändern muss), übersieht sein brillanter Künstlergeist.

Schnösel, der eigentlich lieber „irgendwas mit Medien gemacht hätte“, entsinnt sich an den langweiligen Tragwerksplaner Fifikus – soll der doch das Ding zu Ende konstruieren. Rotzfrech – ja so lieben wir Schnösel – stellt sich nun Schnösel auf den Standpunkt (oder Point of View, wie die Medienleute sagen würden), dass die Restarbeit, Gehirnschmalz und Arbeitszeit doch der Tragwerksplaner zu leisten hätte. Offensichtlich will Schnösel den langweiligen und schnöden Arbeitstag des Tragwerksplaner etwas aufpeppen.
Tragwerksplaner Fifikus, der mit dem Leistungsbild der Tragwerksplanung (LP 4 & 5) beauftragt wurde, würde dies zwar zweifelsohne hinbekommen, aber selbiger entsinnt sich seinerseits auf den §49 i.V.m. Anlage 13 HOAI die besagt, dass er lediglich Schalpläne in Ergänzung zu den fertig gestellten Ausführungsplänen des Objektplaners anzufertigen hat.

Schnösel, der die Baurechtvorlesungen regelmäßig geschwänzt hat, ist – wie überraschend – der Meinung, dass die Leistung der Tragwerksplanung (oder eben „Ergänzung“ s. o.) ihn aus dieser misslichen Situation – dem dämlichen Rampenproblem - heraus hilft.

Da Schnösel sich im letzten Semester seines Studiums lediglich den §34 HOAI von einem Kommilitonen kopiert hat, kann er natürlich nicht wissen was im verflixtem § 33 insbesondere der Anlage 11 der HOAI geschrieben steht. Da heißt es nämlich, dass er:

die zeichnerische Darstellung des Objekts mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben, zum Beispiel endgültige, vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen im Maßstab 1 : 50 bis 1 : 1 zu leisten hat.

Ja ja, nicht nur die Götter haben den Schweiß (§33 HOAI) vor den Lohn (§34 HOAI) gestellt.

Und als ob dies nicht schon gemein genug wäre, hat ihm die Große Koalition im Jahre 2009 fieserweise noch auferlegt, dass er zu allem Übel:

die Grundlagen für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten zu erarbeiten hat.

Nun benötigt der Tragwerksplaner Fifikus weitere Quellenangaben oder Erfahrungsberichte, um Schnösel auf den rechten Pfad der Objektplanung zurückzuführen.

3 Kommentare

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    • Veröffentlicht von: Igelchen (inaktiv)
    • 14. Apr. 2011 15:42
    Köstlich, würde gerne noch mehr über den Arbeitsalltag von Schnösel und Fifikus lesen
    • Veröffentlicht von: kakadou (inaktiv)
    • 15. Apr. 2011 07:09
    Schnösel hat eine ziemlich große Familie!

    Was Längs- und Quergefälle einer Rampe angeht, gibt es hier für Schnösel eine kostengünstige und einfache Lösung, die darüberhinaus noch den gängigen Regeln des täglichen Wahnsinns entspricht: In den Plan werden blaue Pfeile gemalt, die zeigen dem Wasser wo es hin soll. Mit dem zusätzlichen Eintrag "nach Angabe der Bauleitung" oder - falls die Rampe zum Schluss gebaut wird: "Angleichung an den Bestand"- wird dann der Bauunternehmer schon irgendwie eine Rampe bauen und dem Wasser zeigen was ein blauer Pfeil ist!

    Weigert sich das Wasser bergauf zu fliessen oder verirrt es sich auf dem Weg in den nächsten Einlaufschacht, so dass es orientierungslos herumpfützt, so wars 1. Fifikus, der das hätte merken müssen und 2. Baufritze, der das mit seiner Erfahrung ja hätte hinbekommen müssen, 3. der Bauherr, der den Plan akzeptiert hat --- aber natürlich nie Schnösel.

    Alternativ könnte Schnösel auch in der Ausschreibung eine Position aufnehmen " Rampe incl. Gefälle- und Entwässerungsplanung und incl. darunterliegender Tiefgarage, nach Wahl des AN. 1.Stück psch _ _ _ _ € "

    Du lieber Fifikus, könntest ja Schnösel auch schnell eine Auftragsbestätigung über die Rampenplanung faxen. Damit wäre die Frage geklärt, wer zahlt.
    • Veröffentlicht von: Magnus (inaktiv)
    • 28. Apr. 2011 18:10
    Ja sehr treffende Schilderung! - Allerdings solltest du bedenken, das das was jetzt eine Tiefgarage mit Rampe ist, eine lange Geschichte hinter sich hat. Der Bauherr wollte urspünglich einen Weltraumbahnhof bauen, um dann auf einen Flughafen umzuschwenken und mit dem Umweg über einen gewöhnlichen Bahnhof bei besagter Tiefgarage zu landen. Schnösel - weil ihm das Wasser bis zum Hals steht - hat das ganze nicht nach HOAI angeboten, sondern (auf Grund eines A4-Fax Ausdruckes, in dem der Bauherr seine Vorstellung dargelegt hatte) ein Pauschalangbot gemacht. Die Rampe kommt nun ganz zum Ende der Planung und das Geld für die Planung ist schon zweimal aufgebraucht, so dass die Fähigkeit und Neigung zur Selbstkritik gegen Null tendiert.

    Die Architekten die ich persönlich kenne, sind auch nicht besonders doof oder faul, sondern in der Regel noch schlechter bezahlt und haben noch schlechtere Arbeitsbedingungen als wir Bauingenieure. Ägern tut man sich natürlich trotzdem, wenn man nur Schrott als Planungsvorlage bekommt.

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