Alexandra Cheng (knippershelbig): Die Digitalisierung in Deutschland ist für mich ein Kulturschock

Alexandra Cheng ist Tragwerksplanerin bei knippershelbig. Das international tätige Ingenieurbüro ist auf neuartige Konstruktionen mit innovativen Materialien spezialisiert, wobei der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Wiederverwendbarkeit liegt. Beschäftigt werden etwa 100 Fachleute, die meisten am Standort Stuttgart. Weitere Niederlassungen befinden sich in Berlin und New York.

Während Bauingenieure das Gros der Belegschaft ausmachen, zählen auch Fassadendesigner, Architekten, Zeichner und Experten für Nachhaltigkeit und Wiederverwendbarkeit zum Team. Alexandra Cheng beschäftigt sich bei ihrer Arbeit hauptsächlich mit Fußgängerbrücken, Massivholz und atypischen Formen.

Frau Cheng, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

Atypische Formen erfordern oft atypische Lösungen. Diese werden in der Regel in den Bauvorschriften nicht direkt angesprochen. Die Herausforderung für mich besteht darin, kreative Lösungen zu finden, die dennoch den Vorschriften entsprechen und im Rahmen des Budgets, des Zeitplans usw. liegen.

Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum? Was war Ihr bisheriger beruflicher Höhepunkt?

Ich bin fast neun Jahre im Beruf tätig, zehn, wenn man die während des Studiums durchgeführten Masterarbeiten mitzählt.

Auf der Antenne des One WTC zu stehen, während man an einem Sicherheitsgurt hängt, und sich über die Seite zu lehnen, um eine Installation zu betrachten, ist wahrscheinlich das größte Highlight meiner bisherigen Karriere.

Es ist auch immer ein schöner Moment, wenn man sieht, dass ein Bauwerk, dessen Geometrie und Design man mitentwickelt hat, endlich realisiert wird.

Welche Wege geht Ihr Unternehmen in punkto Personalgewinnung?

Unser guter Ruf zieht viele praktizierende Ingenieure bzw. Konstrukteure an. Zudem entwickeln wir auch oft Praktikanten zu festen Mitarbeitern weiter.

Bitte vervollständigen Sie den Satz: "Um erfolgreich zu planen und zu bauen kommt es in Zukunft darauf an, dass..."

...Planer verstehen, dass die nachhaltigste und umweltfreundlichste Konstruktion mit der Wahl des Tragwerkssystems beginnt. Es hat keinen Sinn, über die Vorteile einer Holzstütze gegenüber einer Betonstütze zu diskutieren, wenn die Stütze gar nicht erst benötigt wird.

In welche Technik/IT investiert Ihr Unternehmen? Wie digitalisiert sind Sie dabei?

Die Digitalisierung in Deutschland bzw. das Fehlen derselben ist für mich immer noch ein Kulturschock. Unser Unternehmen ist recht gut aufgestellt, aber hin und wieder bekommen wir ausgedruckte, eingescannte Dokumente oder müssen etwas Physisches einreichen, das dann auch eingescannt wird.

Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Die öffentliche Verwaltung ist der eigentliche Ort, an dem eine durchdachte Digitalisierung erforderlich ist. Meiner Erfahrung nach gibt es oft ein grundlegendes Missverständnis darüber, wie digitale Infrastrukturen funktionieren und den Menschen dienen sollten. Sie sollte keine Nachahmung des physischen Prozesses sein, bei dem man eine Behörde persönlich aufsucht.

Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Mehr Deutschkurse. Wenn sich einige meiner Antworten manchmal so anhören, als wären sie mit einem Übersetzer bearbeitet worden, dann liegt das daran, dass sie das waren. [Die Antworten von Alexandra Cheng sind bis auf wenige kleinere Anpassungen wie übermittelt wiedergegeben. Anm. d. Red.]

Wofür begeistern Sie sich nach Feierabend?

Die Weinberge und Dörfer in der Umgebung von Stuttgart sind ein wahres Vergnügen, besonders beim Wandern. Außerdem male ich gerne und habe angefangen, zu Hause indisch zu kochen.