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Andreas Ostermann (BDB Frankfurt) zur VgV-Änderung: Wir brauchen mehr Subsidiarität für Europa

Verfasst von: Dipl.-Ing. (FH) Andreas Ostermann
Veröffentlicht am: 21. Juni 2023

Ist es wirklich realistisch, dass ein spanisches Planungsbüro einen Kindergarten in Mecklenburg-Vorpommern plant? Macht es Sinn, wenn ein Sicherheitskoordinator für eine Umgehungsstraße in Traunstein aus Norwegen kommt? Brauchen wir ein Wettbewerbsrecht, dass auf die Teilnahme eines Bodengutachters aus Irland für eine Baumaßnahme in Lützelbach im Odenwald ausgerichtet ist?

Es ist verständlich, dass bei Großprojekten der europäische Wettbewerb nicht ausgeschlossen werden soll. Bei der Vergabe von Bauleistungen gibt es dafür Schwellenwerte, ab denen europaweit und konform nach den Vorgaben der EU ausgeschrieben werden muss. Es reicht, wenn gleiches für die Vergabe von Planungsleistungen gilt.

Die EU ist aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hervorgegangen. Ziel war es, durch einen einheitlichen Wirtschaftsraum mehr Wohlstand für jeden einzelnen hervorzubringen. Wenn wir hinunter bis in die kommunale Ebene nun eine Bürokratie aufbauen, für die die Kommunen nach eigener Aussage keine Kapazitäten haben, führt das zwangsläufig zum Aufbau zusätzlicher Kapazitäten und damit zu zusätzlichen Kosten, um dann bestenfalls das gleiche Ergebnis zu erzielen.

Im Ergebnis nimmt die vielfältige Landschaft der kleinen und mittelständigen Planungsbüros Schaden und es resultiert nicht ein Mehr an Wohlstand sondern nur mehr Bürokratie und höhere Kosten.

Im ungünstigen Fall bieten die regionalen Planungspartner, ebenfalls aus Kapazitätsgründen, bei aufwendigen Ausschreibungsverfahren nicht mehr an. Im Ergebnis nimmt die vielfältige Landschaft der kleinen und mittelständigen Planungsbüros Schaden und es resultiert nicht ein Mehr an Wohlstand sondern nur mehr Bürokratie und höhere Kosten.  

Das Subsidiaritätsprinzip ist Bestandteil des Vertrages über die Europäische Union. Subsidiarität bedeutet größtmögliche Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Höhere Institutionen sollen nur dort regulierend eingreifen, wo die Möglichkeiten der regionalen Verwaltung erschöpft sind.

Bei der Vergabe von Planungsleistungen mit regionalem Bezug und von überschaubarem Umfang ist das sicher nicht der Fall. Wir müssen uns wieder mehr am Subsidiaritätsprinzip ausrichten. Wir brauchen mehr Subsidiarität für Europa.


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Der Autor dieses Meinungsbeitrages, Dipl.-Ing. (FH) Andreas Ostermann, ist 1. Vorsitzender
des Bund Deutscher Baumeister Architekten und Ingenieure Hessen Frankfurt e.V.