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Arbeitsmarkt im Bauingenieurwesen dank hohem Frauenanteil stabil

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 7. Juli 2023

Bauwirtschaft: Personalkapazitäten von Nachfrage für Bauleistungen abhängig

Die Bauwirtschaft passt ihre personellen und maschinellen Kapazitäten fortlaufend an die Nachfrage nach Bauleistungen an. Für das aktuelle Jahr rechnet der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie aufgrund der sich abschwächenden Baukonjunktur mit einer stagnierenden Beschäftigtenzahl (wir berichteten).

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Bild 1: Der Frauenanteil im Bauingenieurwesen ist seit 2010 stark
gestiegen. Grafik: HDB

Diese liegt nach einem Plus von 15.000 in 2022 nunmehr bei 927.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe. Etwa zehn Prozent davon sind Menschen aus anderen EU-Staaten.

Über die letzten Jahrzehnte hinweg gab es immer wieder Schwankungen in der Entwicklung der Bauwirtschaft.

Aufgrund einer langen Rezession von 1995 bis 2005 bauten die Baufirmen zu Beginn des Bauaufschwungs neue Kapazitäten nur verhalten auf.

Ab 2010 wurde dann vermehrt Personal eingestellt, da die Erwartungen groß waren, dass es sich um einen nachhaltigeren Aufschwung handelt.

Im Bauhauptgewerbe wurden seit dem Beschäftigten-Tiefpunkt im Jahr 2009 bis 2022 circa 500.000 Personen eingestellt. Abzüglich der Rentenabgänge war dies ein Plus von 222.000 Personen.

Zahl der arbeitssuchenden Bauingenieure zuletzt gestiegen

Die spezielle Arbeitsmarktsituation im Bauingenieurwesen hat sich seit 2015 für die Beschäftigten im Grunde stetig verbessert. Seither übersteigt die Zahl der offenen Stellen die der Arbeitsuchenden. Im letzten Jahr setzte jedoch die Verschlechterung der Baukonjunktur den Unternehmen zu, was auch zu mehr Insolvenzen führte.

Die Zahl der arbeitslosen Bauingenieure liegt infolgedessen aktuell mit 2.045 um 44 Prozent über dem Niveau des vergleichbaren Vorjahresmonats (siehe Bild 2). Zum Vergleich: Im Jahr 2007 waren 4.400 Bauingenieurinnen und Bauingenieure ohne Job.

Demografischer Wandel lässt Studierendenzahlen sinken

Der wechselvolle Bauarbeitsmarkt hat logischerweise auch Auswirkungen auf die Studienwahl junger Menschen. Die Zahl der Studienanfänger im Fach Bauingenieurwesen schwankt - etwas zeitverzögert - parallel zur Bauproduktion.

Ein Einbruch nach 1995 spiegelt den Beginn der Baukrise wider, die starke Zunahme ab 2007 die besseren baukonjunkturellen Perspektiven. Der leichte, aber kontinuierliche Rückgang seit 2012 ist hingegen auf den demografischen Wandel zurückzuführen.

Die durchschnittliche Studiendauer an den Fachhochschulen liegt bei neun, an den Universitäten bei zwölf Semestern. Daher folgt die Entwicklung bei den Absolventen (2021: 10.718) den Erstsemestern (2022: 10.934) mit einer Verzögerung von fünf bis sechs Jahren. Insgesamt studierten 61.500 Personen im Wintersemester 2021/22 die Fachrichtung Bauingenieurwesen.

Studium und Beruf: Rund 30 Prozent der Bauingenieure sind weiblich

Der Anteil der weiblichen Studierenden liegt inzwischen bei 30 Prozent (vgl. Bild 1). Um die Jahrtausendwende waren es nur rund 20 Prozent. Zudem sind mittlerweile 28 Prozent der in den Bauunternehmen beschäftigten Bauingenieure weiblichen Geschlechts.

Im Durchschnitt der Branche (Bauhauptgewerbe) liegt der Frauenanteil allerdings nur bei nahezu konstanten elf Prozent. Gewerbliche Bauberufe sind für Frauen anscheinend weniger interessant als das Bauingenieurwesen.

Im Detail fällt der Frauenanteil je nach fachlichem Schwerpunkt unterschiedlich hoch aus. Beim Rohrleitungsbau waren im Juni 2022 elf Prozent der beschäftigten Bauingenieure weiblich. Im Straßen- und Asphaltbau waren es 24 Prozent, im Hochbau ohne Schwerpunkt lag der Anteil sogar bei 31 Prozent.

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Bild 2: Der Bedarf an Fachkräften im Bauingenieurwesen ist auch 2023 hoch. Gleichzeitig steigt die Zahl der Beschäftigten ohne Job. Grafik: HDB

Im Durchschnitt lag die Frauenquote im Bauingenieurwesen 2022 bei 31 Prozent, acht Jahre zuvor lag der Anteil noch bei 26 Prozent. In reinen Zahlen waren von den 89.370 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Bauingenieuren 27.430 weiblich, 60 Prozent mehr als 2013.

Deutlich mehr Bauingenieurinnen im öffentlichen Dienst

Besonders beachtlich ist der Anstieg an beschäftigten Bauingenieurinnen im öffentlichen Dienst. Nach wie vor sind hier mit „nur“ 5.750 Beschäftigten zwar deutlich weniger als in der Privatwirtschaft tätig.

Im Vergleich zu 2013 stieg die Zahl aber um 98 Prozent. Die Quote gegenüber den männlichen Kollegen liegt mittlerweile bei 46 Prozent (2013: 40 %) und damit deutlich über der Quote in der Privatwirtschaft.

Trendumfrage zur Nachwuchsgewinnung: Hochschulen sollten in Websites und Videos investieren

Um für möglichst viele junge Menschen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft, bei der Berufswahl attraktiv zu bleiben, müssen die derzeitigen Hauptakteure im Bauingenieurwesen wissen, welche Motive für die Wahl des Studiums entscheidend sind. Im Rahmen einer Trendumfrage hat der Dachverein der Fakultätentage der Ingenieurwissenschaften und der Informatik an Universitäten (4ING) Erstsemester aus diesen Fachbereichen befragt.

Demnach entscheiden sich junge Menschen überwiegend aufgrund persönlicher Kontakte für ein Studium der Ingenieurwissenschaften oder der Informatik. Eltern und Lehrkräfte, aber vor allem Gleichaltrige übten den größten Einfluss auf die Entscheidung aus. Fast zwei Drittel entscheiden sich am Ende der Schulzeit.

Die Websites der jeweiligen Fakultäten bzw. Fachbereiche sind aus Sicht der Befragten die besten Instrumente, um junge Leute für ein Studium zu gewinnen, erst recht, wenn dabei Studierende mit ihren Erfahrungen im Vordergrund stehen. Mit einigem Abstand folgen gezielt für den Nachwuchs produzierte YouTube-Videos.

Die jungen Leute würden sich wünschen, dass es eine eigene Website für Studieninteressierte gibt und dort neben Informationen über Studieninhalte auch die Kosten des Studiums oder potenzielle Berufsfelder thematisiert würden.