Ausführungsplanung: Welche Inhalte sind erforderlich?
- OLG Naumburg verunsichert Branche mit Aussagen zum Planungsumfang
- Missverständnisse durch Verallgemeinerung der Aussagen möglich
- Experten halten Relativierung der Sätze für geboten
OLG-Entscheidung zur Ausführungsplanung sorgt für Unruhe im Bauwesen
Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg zur Detailtiefe der Ausführungsplanung bei der Objektplanung sorgt für ein Rumoren in der Fachwelt. Das OLG hat nämlich fünf Grundregeln aufgestellt, die man nicht unreflektiert und unkommentiert stehen lassen kann. Dieser Beitrag soll dazu dienen, Beteiligte auf den Stand der Dinge zu bringen und sie für den Fall etwaiger Honorarkürzungen zu wappnen.
Im konkreten Fall ging es um die Ausführung von Bauarbeiten für ein Wohngebäude auf der Basis von Ausführungsplänen. Nach einiger Zeit traten Risse im Außenputz auf, die auf Spannungen zurückzuführen waren, die ihre Ursache in fehlenden Dehnungsfugen und der fehlenden Rückverankerung des Mauerwerks hatten. Das OLG musste klären, inwieweit Architekt, Objektüberwacher oder Tragwerksplaner den Mangel zu verantworten hatten.
1. Aussage: Ausführungsplanung muss mangelfreies Werk gewährleisten
"Aufgabe der Ausführungsplanung ist es, die Bauaufgabe derart zu konkretisieren, dass nach ihren Ergebnissen gebaut werden kann, und zwar so, dass das Werk mangelfrei ist."
Kommentar: Die Ausführungsplanung muss in bestimmten Fällen (siehe entsprechende Leistungsbilder) durch die Montage- und Werkstattplanung ergänzt werden.
2. Aussage: Nahtloser Übergang zur Ausführung erforderlich
"Die Ausführungsplanung muss unter Berücksichtigung des beim ausführenden Unternehmer vorauszusetzenden Fachwissens einen nahtlosen Übergang von der Planung in die Ausführung ermöglichen; und zwar so, dass der Unternehmer das jeweils gewollte klar erkennen kann."
Kommentar: Siehe Kommentar zur 1. Aussage.
3. Aussage: Kenntnis der DIN-Vorschriften für Objektplaner vorgeschrieben
"Einem mit der Ausführungsplanung betrauten Planer müssen die einschlägigen Fachregeln der Technik, insbesondere die DIN-Vorschriften (hier: Richtlinien für die Erstellung eines Brüstungsmauerwerks) bekannt sein."
Kommentar: Hier stellt sich die Frage, was das Gericht konkret meint. Es kann nämlich nicht sein, dass ein Objektplaner pauschal alle DIN-Normen inhaltlich kennen muss. Es gibt eine Reihe von Leistungsbildern und Planungsinhalten, die unterschiedlichen Planungsdisziplinen zugeordnet werden. Hier liegt auch die "Kenntnisgrenze" von DIN-Normen.
4. Aussage: Bauphysikalische Grundregeln zur Ausdehnung werden vorausgesetzt
"Dass sich verschiedene Baustoffe thermisch bedingt unterschiedlich ausdehnen, stellt eine einfache bauphysikalische Grundregel dar, deren Kenntnis sowohl bei einem Tragwerksplaner als auch bei einem Architekten vorausgesetzt werden kann."
Kommentar: Auf den ersten Blick erscheint diese Aussage schlüssig. Mit ihr kann aber nicht gemeint sein, dass die Leistungen der Bauphysik (z.B. gemäß Anlage 1 Nr. 1.2 zur HOAI) deshalb auch vom Objektplaner erbracht werden müssen.
Liegen bauphysikalisch nicht vom Objektplaner zu bearbeitende oder von ihm fachtechnisch nicht lösbare Sachverhalte vor, ist ein entsprechender Fachplaner (nach beratendem Hinweis durch den Objektplaner) damit zu beauftragen. Sollte das unterschiedliche Dehnungsverhalten von Baustoffen spezielle Planungslösungen erfordern, die vom Objektplaner fachlich nicht verantwortet werden können, ist der Bauherr auch hier entsprechend zu informieren.
5. Aussage: Tragwerksplaner muss Dehnungsfugen einplanen
"Die Anlegung von Dehnungsfugen im Baukörper gehört zu den konstruktiven Aufgaben. Für deren Einplanung ist in erster Linie der Tragwerksplaner verantwortlich, daneben der planende und – falls die Dehnungsfugen nicht in den Bauzeichnungen vorgesehen sind – auch der die Bauleitung oder Bauaufsicht führende Architekt."
Kommentar: Die Bauüberwachung überwacht die Ausführung der Bauarbeiten und legt die Planung zugrunde. Sie erbringt aber nicht die Planung. Insofern wird der Bauüberwacher allenfalls als derjenige gesehen, der im Rahmen seiner Hinweispflichten eine mangelhafte Ausführung vermeiden soll, indem er auf etwaige erkennbare Mängel hinweist. Die Planung von Dehnungsfugen im Baukörper ist also keine Leistung, die in der Lph 8 zu erbringen ist. Wenn das Anlegen von Dehnungsfugen aber eine handwerkliche Selbstverständlichkeit darstellt, erübrigt sich die entsprechende Planungsangabe in den Zeichnungen.
Praxishinweis: Ausführung und Verfügbarkeit von Angaben im Bauvertrag klar regeln
Das vorliegende Urteil kann zu Missverständnissen führen, wenn versucht wird, die Leitsätze unreflektiert zu verallgemeinern. Regeln Sie deshalb in den Ausführungsunterlagen präzise, nach welchen Unterlagen ausgeführt wird. Als Planer haben Sie im Zuge der Vorbereitung der Bauverträge die Möglichkeit, dies festzulegen, weil die Art der Bereitstellung von Ausführungsunterlagen wählbar ist.
Wichtig ist, dass das Unternehmen klare Ausführungsangaben erhält und im Bauvertrag geregelt wird, wie diese Angaben zur Verfügung gestellt werden.
Beispiel: Tischlerarbeiten für Türen
Sie können im Bauvertrag vereinbaren, dass Tischlerarbeiten für Türen auf Grundlage der zeichnerischen Darstellungen, der Leistungsbeschreibung und den Maßgaben einer speziellen Türenliste auszuführen sind. Liegt dem Tischlerbetrieb diese Kalkulationsgrundlage vor, ist es allein seine Sache, wie er diese drei Unterlagen firmenintern in seiner Arbeitsvorbereitung und Ausführung umsetzt.
Werden im Bauvertrag aber konkrete Bauprodukte vorgegeben, können Details auch anhand von Firmenangaben vereinbart werden. Für deren Mängelfreiheit muss aber in der Regel der Planer einstehen.
QUELLEN UND VERWEISE:
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