Außergerichtliche Streitbeilegung soll zur Regel werden
# 02.03.2018
Politik und Bauwirtschaft für Alternativen zu kostspieligen Gerichtsverfahren. Verbindliche Rechtsgrundlagen mit neuer Bundesregierung angestrebt. Interessenvertretung wirbt mit Weiterbildung zum Streitlöser
Langwierige Gerichtsverfahren gefährden Großprojekte im Bauwesen
Wenn zwei (oder mehr) an einem Bauprojekt Beteiligte sich streiten, kann es teuer werden. Durch gerichtliche Auseinandersetzungen entstehen hohe Anwalts- und Personalkosten. Zudem geht wertvolle Zeit verloren, die jeder in Zeiten voller Auftragsbücher lieber für die Projektbearbeitung aufwendet. Manchmal ist sogar der gesamte Projekterfolg, im schlimmsten Fall die Existenz eines Unternehmens bedroht.
Auch und besonders für die Realisierung baulicher Großprojekte im Hochbau oder im Infrastrukturbau sind langwierige Gerichtsverfahren Gift. Die Verzögerung einschlägiger Großprojekte - auch aufgrund von Rechtsstreitigkeiten - erregt seit Jahren überregionale Aufmerksamkeit. Aufgrund des enormen öffentlichen und wirtschaftlichen Drucks sah sich die Bundesregierung bereits 2013 veranlasst, eine Reformkommission "Bau von Großprojekten" ins Leben zu rufen.
Aktionsplan der Bundesregierung soll Kostenwahrheit bei Bauprojekten fördern
Aus dieser ging 2015 der "Aktionsplan Großprojekte" hervor. Dieser benennt zehn Themenfelder, in denen laut Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) "konkrete Maßnahmen angestoßen werden sollen, um mehr Kostenwahrheit, Transparenz und Terminsicherheit bei öffentlichen Großprojekten zu erreichen."
Verschiedene außergerichtliche Verfahren möglich
Zu den wichtigsten Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung zählen:
- Mediation
- Schlichtung
- Dispute Boards (projektbegleitendes Streitmanagement)
- Adjudikation
- Schiedsgutachten
- Schiedsgerichtsverfahren
- Steht das Projekt noch am Anfang oder mittendrin?
- Wer ist beteiligt?
- Gibt es nur einige Missverständnisse zwischen den Parteien oder ist die Eskalation schon weit fortgeschritten?
- Bestehen konsensuale Lösungsmöglichkeiten oder verhalten sich die Parteien widersprüchlich (kontradiktatorisch)?
DGA-Bau: Bislang zu wenige Experten für außergerichtliche Streitbeilegung
Da Politik und Bauwirtschaft die Chancen dieser Formen des Konfliktmanagements erkannt zu haben scheinen, wächst der Bedarf an entsprechenden Experten. Die seit 2013 existierende Deutsche Gesellschaft für Außergerichtliche Streitbeilegung in der Bau- und Immobilienwirtschaft (DGA-Bau) hat es sich zur Aufgabe gemacht, benötigtes Fachwissen durch einschlägige Veranstaltungen und Weiterbildungen innerhalb der Branche zu vermitteln.
Streitlöser benötigen viel Erfahrung im Baubetrieb und Baurecht
Außergerichtliche verfahrensoffene Streitlöser müssten laut DGA-Bau über viel Erfahrung, Verhandlungssicherheit und baubetriebliches bzw. bauwirtschaftliches und baurechtliches Wissen verfügen. Nur so könnten drohende Konfliktherde beherrscht werden, die auch aus dem neuen Architekten-, Ingenieur- und Bauvertragsrecht resultieren können.
Weiterbildungslehrgang zum Streitlöser DGA-Bau-Zert®
Die Inhalte der Weiterbildung zum Streitlöser sind an die Verordnung über die Aus- und Fortbildung zum Mediator angelehnt. Thematisiert werden u.a.:
- baubetriebliche bzw. bautechnische Konflikte
- verfahrensoffene Lösungsansätze in der Bürgerbeteiligung, der Bauplanung, der Bauausführung und im Baumanagement
- baurechtliche Konflikte
- Lösungsansätze im Vergabe-, Architekten-, Ingenieur und Bauvertragsrecht