Bauingenieure in Großunternehmen: Vielfalt für Karriere und Privatleben
- Berufsfeld erstreckt sich über Baubranche hinaus
- Bauingenieure unter anderem für staatliche Infrastruktur und Immobilien verantwortlich
- Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten neben zeitlicher Flexibilität in Konzernen am größten
Bauingenieure auch in branchenfremden Großunternehmen gefragt
Zahlreiche Positionen für Bauingenieure bei der Deutschen Bahn
Zunächst kann ein solches Unternehmen in ein und demselben Fachgebiet unterschiedliche Positionen anbieten. Für Bauingenieure bei der Deutschen Bahn AG sind das beispielsweise die Bereiche "konstruktiver Ingenieurbau", "Fahrbahn" sowie "Elektrotechnik" und "Leit- und Sicherungstechnik". Hier gehören neben der Planung von Stellwerken, Gleisen, Weichen oder Brücken deren Erhalt sowie die Bauüberwachung externer Unternehmen zu den Aufgaben.
Wem es in seinem Beruf auch um gesellschaftliche Anerkennung geht, der hat bei der Bahn mit etwas Zielstrebigkeit womöglich die Chance, an prestigeträchtigen Großprojekten, wie zum Beispiel dem Bau der Strecke Karlsruhe-Basel oder der Verbindung Stuttgart-Ulm, mitzuwirken. Maja Weihgold von der DB Netz ist sich sicher: "Von einigen dieser Bauwerke werden noch die Enkel und Urenkel sprechen. Oder sie zumindest nutzen."
Bundesweite Verantwortung für Autobahnen und Staatsimmobilien
Um bleibende Bauwerke der Infrastruktur geht es auch bei der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, kurz Deges.
Als Projektmanagementgesellschaft für Infrastrukturgroßprojekte, darunter vor allem Autobahnen bzw. Bundesfernstraßen, werden Bauingenieure für die Straßenplanung, den konstruktiven Ingenieurbau sowie in der Bauvorbereitung und der Bauüberwachung beschäftigt. Darüber hinaus ist der Einsatz im Vertragsmanagement bzw. Vertrags- und Vergabewesen möglich.
Als Verwalterin der bundeseigenen Liegenschaften ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ebenfalls ein großer Arbeitgeber für Bauingenieure. Nach eigenen Angaben wird die BImA in den kommenden Jahren ein Bauvolumen von über zehn Milliarden Euro umsetzen.
Sie beschäftigt deutschlandweit Bauingenieure in ihrer Zentrale in Bonn sowie in den Haupt- und Nebenstellen, von der Projektleitung einzelner Baumaßnahmen bis hin zur Übernahme von Führungsaufgaben als Teamleitung oder als Experte für ein Fachthema.
Berufseinsteiger derzeit mit guten Chancen
Bewerber bei großen Unternehmen wie den genannten haben derzeit ausgesprochen gute Chancen. Allein die Deutsche Bahn AG stellt aktuell jährlich etwa 1.000 neue Ingenieure ein. Vorteile haben hier naturgemäß erfahrene Bewerber, die bereits Infrastrukturaufgaben zum Beispiel im Straßenbau oder im Flughafenumfeld gemeistert haben, da der Eisenbahnverkehr beispielsweise den gleichen strengen Regeln wie der Flugverkehr unterliegt.
Zwingend seien diese Voraussetzungen laut Maja Weihgold nicht: "Wenn jemand für eine Aufgabe bei der Bahn brennt und voll motiviert ist, dann findet sich fast immer ein Weg."
Ähnlich verhält es sich auch bei der Deges. Neben dem Direkteinstieg wird auch ein internes Traineeprogramm angeboten. Gesucht werden sowohl Berufseinsteiger als auch erfahrene Fachkräfte. "Wichtig ist uns eine langfristig erfolgreiche und zufrieden stellende Zusammenarbeit mit Perspektive", so Nicole Drieschner von der Kommunikationsabteilung der Deges.
Die BImA wirbt ihrerseits damit, dass eine Laufbahn "vom Baumanager zur Führungsperson" für Bedienstete nicht nur möglich, sondern erwünscht sei. Interne Wechsel in eine der Hauptstellen oder in die Zentrale stellten zudem keine Hürde dar. Um sich für einen höheren Posten zu qualifizieren, wird ein postgradualer Masterstudiengang an der Bergischen Universität Wuppertal angeboten.
Bahn lockt Bauingenieure mit Freifahrten und Altersvorsorge
Neben dem Blick auf die Möglichkeiten auf Beruf und Karriere steht die Frage nach der berühmten "Work-Life-Balance". Große Unternehmen und Konzerne haben inzwischen längst die Bedeutung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben erkannt.
Moderne Tarifverträge sorgen zum Beispiel bei der Bahn dafür, dass man zwischen mehr Gehalt oder mehr Urlaub wählen kann. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit zu temporären Auszeiten, welche laut Bahn nicht nur tariflich, sondern auch kulturell fest verankert sind. Hinzu kommen weitere Vorzüge, wie etwa Freifahrten und eine betriebliche Altersvorsorge.
Arbeitgeber unterstützt bei persönlichen Krisen
Bei der Deges setzt man auf Vertrauensarbeitszeit bzw. generell flexible Arbeitszeiten sowie die Möglichkeiten mobil zu arbeiten und Überstunden in Freizeit auszugleichen. In Kooperation mit dem Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen PME Familienservice werden außerdem Unterstützungsangebote für Mitarbeiter in allen Lebenslagen angeboten, darunter Kinderbetreuung, Pflege oder Krisenberatung.
Um die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern, erhalten diese von der Deges einen Zuschuss von 250 Euro im Jahr für qualifizierte Sport- bzw. Präventionsmaßnahmen. Weiterhin bezuschusst das Unternehmen den sportlichen Ausgleich in der Freizeit speziell bei Staffelläufen und beim Beachvolleyball.
Hilfe bei der Wohnraumsuche immer häufiger im Arbeitsangebot
Gleitzeit, Teilzeit und Telearbeit (Homeoffice) sowie Gesundheitsförderung und Altersvorsorge sind, neben anderen Angeboten wie einem geförderten Jobticket, auch bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben keine Fremdwörter.
Besonders attraktiv, speziell für Neulinge, ist die Hilfe bei der Suche nach möglichst arbeitsortnahem und bezahlbarem Wohnraum im Rahmen der Wohnungsfürsorge des Bundes. Vergleichbare Angebote finden sich, angesichts einer angespannten Wohnraumsituation in den Ballungsräumen, immer häufiger in den Stellenanzeigen für Bauingenieure.
Einzelner Arbeitnehmer in KMUs wichtiger als im Konzern
Die genannten Beispiele zeigen, dass große Firmen, Konzerne oder Behörden im Vergleich zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ihren Mitarbeitern vor allem hinsichtlich der Arbeitszeit mehr Flexibilität bieten können.
Den Grund dafür kennt Sebastian Jung von der Personalberatung Cobalt Recruitment: "Insbesondere bei Schlüsselfunktionen in der KMU-Organisation spielt der Mitarbeiter eine größere Rolle, das heißt es kann schwieriger auf sie oder ihn im Arbeitsalltag verzichtet werden."
Werteverschiebung: Mehr Zeit wichtiger als mehr Geld
Flexible Arbeits- oder auch Elternzeiten sowie längere berufliche Auszeiten (Sabbatjahr bzw. Sabbatical) könnten laut Jung von Konzernen leichter getragen werden. Aufgrund der vielen Mitarbeiter relevant und finanziell leistbar sei darüber hinaus unter anderem die Unterstützung durch einen Betriebskindergarten.
Recruiting-Berater Jung stellt eine grundsätzliche Werteverschiebung, nicht nur bei der Generation Y, fest: "Zeit als irreversibel verlorenes 'Gut' genießt eine immer höhere Wertschätzung als zum Beispiel die Vergütung." Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Jahresgehälter über 80.000 Euro liegen.
Selbstverständlich wolle jeder Arbeitnehmer immer und somit auch weiterhin eine auskömmliche Vergütung genießen. Themen wie die Familienfreundlichkeit würden jedoch laut Jung "markant stärker" in der Bewertung der eigenen beruflichen Zufriedenheit einbezogen als früher.
Recruiting-Berater: Schweden als Vorbild bei der Arbeitszeit
Arbeitgeber sollten sich nach Meinung des Experten den genannten Themen "mit der notwendigen Akzeptanz" öffnen, um "alte Mauern einzureißen" und Mehrwerte für Bauingenieure zu schaffen.
Mit Sicherheit wohlwissend, dass dies für die Baubranche bislang wohl kaum vorstellbar ist, nennt Sebastian Jung dennoch sein klares Vorbild in Sachen Arbeitszeitregelung: "Schweden geht mit dem 6-Stunden-Tag mit gutem Beispiel voran."