Baukonjunktur 2025: Optimismus unter Bauingenieuren weiter gestiegen
Baugewerbe 2024: 30.000 Beschäftigte weniger als im Vorjahr
2024 ging das Gespenst der "Deindustrialisierung" in Deutschland um. Tatsächlich ist die industrielle Wertschöpfung nach Angaben des Institutes für Weltwirtschaft (IFW) seit etwa sechs Jahren eindeutig rückläufig. Ein Indikator für den Status quo einer Volkswirtschaft ist die Zahl der Beschäftigten. Im Industriesektor ging sie 2024 laut Statistischem Bundesamt zurück, während sie im Dienstleistungsbereich stieg, was insgesamt einen Rekord der Erwerbstätigkeit seit der Wiedervereinigung bedeutet.
In der Bauwirtschaft fiel die Beschäftigtenzahl zurück auf den Wert des Jahres 2021. Damals wie heute waren 2,62 Millionen Menschen im Baugewerbe tätig. 2023 waren es circa 30.000 mehr. Gleichzeitig verzeichnete das Bauhauptgewerbe von Januar bis Oktober 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Umsatzrückgang von rund einem Prozent. Die Aufträge nahmen um 1,9 Prozent ab. Vor diesem Hintergrund gehen Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) auch für 2025 von einem Beschäftigungsrückgang im Bauwesen aus.
bauingenieur24-Umfrage: Berufsgruppe bewertet Geschäftsaussichten sehr positiv
Ungeachtet des Befunds einer eher schrumpfenden deutschen Bauwirtschaft ist die Stimmung unter den Fachkräften des Bauingenieurwesens aktuell sehr positiv (Bild 1). Auf die Frage, wie sie die Geschäftsaussichten für das erste Halbjahr 2025 bewerten, antwortete ein Drittel der Befragten gegenüber bauingenieur24 mit "gut". Weitere 22 Prozent rechnen sogar mit "sehr guten" Geschäften.
Insgesamt gaben knapp 24 Prozent eine "befriedigende" Prognose ab. Damit ist die Zuversicht in der Berufsgruppe der Bauingenieure im Vergleich zur letzten Erhebung vor einem Jahr weiter gestiegen. Während vor einem Jahr 74 Prozent mindestens mit einer befriedigenden Aussicht ins Jahr starteten, sind es für 2025 nunmehr 79 Prozent. Lediglich etwas mehr als 20 Prozent erwarten eine "schlechte" bis "eher schlechte" Entwicklung. Im Bereich der Privatunternehmen ist rund ein Viertel pessimistisch eingestellt.
Anders als im Vorjahr, zieht sich der mehrheitliche Optimismus aktuell durch alle Bausparten, also auch den Hochbau inklusive des Wohnungsbaus. Hier verringerte sich die Zahl der Pessimisten von einem Drittel auf ein Viertel. Nach wie vor sind die Beschäftigten aus der öffentlichen Verwaltung besonders optimistisch. Hier erwarten ganze 95 Prozent ein starkes Baujahr ("sehr gut", "gut" bzw. "befriedigend").
Nach Neuwahl: Bauindustrie fordert zwei Bundesministerien für sich
Die Neuwahl des neuen Bundestages wird die wirtschaftliche Entwicklung innerhalb der nächsten zwölf Monate maßgeblich beeinflussen. Längst haben die Beteiligten der Baubranche ihre Maßnahmen für eine Stabilisierung und Verbesserung der konjunkturellen Lage gesammelt und als Forderungen an die künftigen politischen Entscheider formuliert.
Nachdem mit der Ampel-Regierung erstmals seit 1998 wieder ein eigenes Bauministerium heraussprang, legt der Hauptverband der deutschen Bauindustrie nun nach und schlägt der nächsten Bundesregierung zwei für die Bauwirtschaft relevante Ministerien vor. So sollen zum einen im Ressort "Bauen und Klimaschutz" alle den Neubau, die Sanierung und den Klimaschutz betreffenden Kompetenzen im Gebäudebereich gebündelt werden.
Zum anderen wünscht man sich in den vorgelegten "Impulsen zur Bundestagswahl", dass "alle den Neubau, die Instandhaltung und die Modernisierung der Verkehrswege- und Leitungs(netz)infrastrukturen sowie die Mobilität insgesamt betreffenden Kompetenzen" in einem Bundesministerium für "Mobilität und Infrastruktur" gebündelt werden. In weiteren Vorschlägen geht es der Bauindustrie unter anderem um mehr Digitalisierung, Bürokratieabbau und Kreislaufwirtschaft. Zudem steht eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige auf der Wunschliste.
Letztere Maßnahme dürfte auch von der Gewerkschaft IG BAU begrüßt werden. Sie mahnt ihrerseits vor allem ein bundesweites Tariftreuegesetz an, um die sinkende Tendenz der Tarifbindung zu beenden und einer Beschäftigung in Deutschland "nach Gutsherrenart" entgegenzutreten. Als aktuelles Negativbeispiel gilt für die IG BAU der Glasfaserausbau mit teils prekären Arbeitsverhältnissen in den beauftragten Subunternehmen.
Die Baugewerkschaft fordert weiter, dass öffentliche Aufträge nur noch an Firmen vergeben werden, die tarifgebunden sind. Konkret bedeute dies, dass die Entlohnung, die Arbeitszeit, der Urlaub und vieles andere mehr klar geregelt sind.
Finanzexperte: Narrativ der Deindustrialisierung aus Daten "schwer ableitbar"
Die deutsche Wirtschaft ist laut IFW in ihrer Gesamtheit nicht von starker Abwanderung und damit einer Deindustrialisierung betroffen. Auch der Präsident der Bundesbank, Joachim Nagel, gibt gegenüber dem Deutschlandfunk an, dass das Narrativ der Deindustrialisierung aus den Daten "schwer ableitbar" sei.
Findet in einer Region wie der Lausitz oder dem Ruhrgebiet tatsächlich ein starker wirtschaftlicher Strukturwandel statt, profitiert die Bauwirtschaft eher als dass sie verliert. Das Ende des Kohleabbaus hat neue infrastrukturelle, städtebauliche sowie Renaturierungsmaßnahmen zur Folge, was jede Menge Arbeit für die Planungs- und Baubranche bedeutet.