Baukostenüberschreitung: Planer haften bedingt
# 28.06.2013
OLG-Urteil definiert klare Regeln. Bauherr muss Kostenerhöhung durch Vertragsverletzung nachweisen. Aktiver Selbstschutz für Büros bester Weg zur Haftungsvermeidung
Schadenersatzpflicht muss begründet sein
Die Haftung für Baukostenüberschreitungen ist derzeit das baurechtliche Thema schlechthin. Auftraggeber sehen hier formale Möglichkeiten, Kostenobergrenzen im Vertrag zu markieren, um im Fall der Fälle Schadenersatz fordern zu können.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat jetzt jedoch klargestellt, dass eine Baukostenüberschreitung alleine kein Grund ist, die materielle Schadenersatzpflicht des Planers zu bejahen. Das gilt vor allem, wenn die Überschreitung auf Planungsänderungen, verzögerte Mitwirkung des Auftraggebers, Ausführungsmängeln und anderen Ursachen beruht. Planer sollten daraus die Konsequenzen ziehen und aktiven Selbstschutz betreiben.
OLG definiert Haftungsregeln
Die Richter haben vier Aussagen getroffen und damit einen gerechten Interessensausgleich zwischen Planern und Auftraggebern hergestellt (OLG Hamm, Urteil vom 15.3.2013, Az. 12 U 152/12):
- Der Bauherr muss nachweisen, dass das Planungsbüro für eine von Bauherrn behauptete Vertragsverletzung mit daraus resultierenden Kostenerhöhungen verantwortlich ist.
- Die als Schaden behaupteten Mehrkosten sind um erlangte Wertvorteile zu bereinigen. Dazu gehört auch der (in Verbindung mit den Kostenerhöhungen) gesteigerte Wert des Objekts.
- Der Bauherr kann nicht einfach behaupten, er hätte bei rechtzeitiger Kenntnis der Mehrkosten die günstigere Variante gewählt. Denn es ist nicht hinreichend sicher beweisbar, dass er das tatsächlich getan hätte.
- Beratungsleistungen, die über die reine Baubetreuung (gemeint sind hier offenbar die jeweils vertraglich vereinbarten Planungs- und Bauüberwachungsleistungen) hinausgehen, sind vom Planungsbüro nicht geschuldet.
Fazit: Kommunikation entscheidend
Die Entscheidung des OLG Hamm macht eines deutlich:
Um die Haftung zu vermeiden, kommt es vor allem auf die Kommunikation mit dem Auftraggeber an. Gehen Sie bei sich abzeichnenden Mehrkosten auf Nummer sicher und erfüllen Sie die Beratungsaufgaben uneingeschränkt. Konkret bedeutet dies, dass sie dem Bauherrn die Gelegenheit geben sollten, durch eigenes Handeln zu entscheiden, ob er sich gegen drohende Baukostenzuwächse wendet.
Geben Sie ihm ein Zeitfenster vor, innerhalb dessen er sich für eine von Ihnen vorgeschlagene günstigere Variante entscheiden kann bzw. soll. Diese schriftliche Beratung ist der erste und wichtigste Baustein, um Schadenersatzansprüche abzuwehren.
Wichtig: Es ist zunächst egal, ob es sich um quantitative Maßnahmen (zum Beispiel Reduzierung von ursprünglich geplanten Nutzflächen) oder im zulässigen Rahmen (also ohne Unterschreitung der technischen Mindestanforderungen) um qualitative Maßnahmen handelt. Dieses Prinzip sieht unter anderem auch die DIN 276 (2008) vor, indem sie diese beiden Alternativen als mögliche Grundsätze der Kostensteuerung beschreibt.
Das zeitliche Entscheidungsfenster muss lediglich objektiv angemessen sein. Schafft es der Auftraggeber aufgrund seiner eigenen Organisation (viele Instanzen, unklare interne Zuständigkeiten) nicht, das Zeitfenster einzuhalten, sollten Sie ihn noch einmal darauf hinweisen. Diese Art von Beratung ist zwar nicht immer freundlich, aber im Sinne des Projekts sehr bedeutsam. Der Auftraggeber entscheidet im Rahmen seiner eigenen Mitwirkungspflicht, welche Schwerpunkte er setzt.
Wertsteigerung als letzter Joker
Sie können einen Schadenersatzanspruch des Auftraggebers auch zurückweisen, indem Sie ihm vorrechnen, dass er in Höhe der Kostenerhöhung doch auch von einer Wertsteigerung des Objekts profitiert (siehe Regel 2 des OLG Hamm). Diesen letzten "Joker" sollten Sie aber nur ziehen, wenn alle anderen Maßnahmen verpufft sind. Denn die Gegenrechnung einer etwaigen Wertsteigerung kommt erst dann in Betracht, wenn alle anderen Möglichkeiten der Anspruchsabwehr nicht gegriffen haben.
Ist die Kausalkette unterbrochen (zum Beispiel durch Nichtannahme von Einspargelegenheiten) besteht bereits kein Anspruch mehr. In diesem Fall ist bewiesen, dass es der Bauherr selbst in der Hand hatte, die Mehrkosten abzuwenden.