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Baustoffrecycling: Erstmals Haus aus Abbruchmaterial mit DIBt-Zulassung errichtet

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 10. Feb. 2023

Wände aus Recyclingbeton tragen Mehrfamilienhaus. Betonunternehmen forscht zum Einsatz von Abbruchmaterialien und entwickelt eigene Verfahren. Bundesstiftung unterstützt mit 400.000 Euro

Recyclinghaus_Büscher
Abb. 1: Das erste Gebäude in Deutschland, bei dem 75 Prozent aller Wände aus Recycling-Material bestehen, wurde Ende 2022 fertiggestellt. Foto: Betonwerk Büscher

Mauerwerkabbruch wird zu Büscher-Blöcken

Eine Welt ohne Müll ist das Ziel aller ernstmeinender Klima- und Umweltschützer. Tatsächlich hat man schon viel gewonnen, sobald nicht mehr von Abfall sondern von Wertstoffen gesprochen wird.

Zwei, die dieser Devise bereits folgen, sind Wolfgang und Hans-Jürgen Büscher vom gleichnamigen Betonwerk im nordrhein-westfälischen Heek (Münsterland). Auf dem Gelände des mittelständischen Familienunternehmens liegt gemischter Mauerwerkabbruch aufgeschichtet nach Bruchstück-Größe sortiert in unterschiedlichen Kammern, abgetrennt durch Mauern aus sogenannten Büscher-Blöcken.

Letztere sind groß, grau und selbst aus recyceltem Abbruchmaterial gegossen. Sie stammen aus einer großen betriebseigenen Produktionshalle, wo auch Innenwände aus reinem Abbruchmaterial gegossen werden. Hans-Jürgen Büscher spricht hierbei von „100 Prozent Natursteinersatz, inklusive der Sande."

Studie bestätigt Einsparpotenzial durch Recycling-Stahlbeton-Innenwände

Man dürfe Wandelemente mit bis zu elf Metern Länge und 3,7 Metern Höhe herstellen, so Büscher weiter. Dadurch könne man gegenüber herkömmlichen Verfahren bis zu 13 Prozent Kohlendioxid einsparen.

Eine eigens in Auftrag gegebene Ökobilanz-Studie bestätigt dies. Verglichen wurde eine ein Quadratmeter große und 14 Zentimeter dicke Recycling-Stahlbeton-Innenwand von Büschers mit einer Standard-Stahlbeton-Innenwand gleicher Größe. Die Entwicklung dieser effizienteren Bausysteme aus gemischtem Mauerwerkabbruch wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit mehr als 400.000 Euro gefördert.

Die Büscher-Brüder wollen erreichen, dass die Wände aus Natursteinersatz im seriellen und damit kostengünstigeren Wohnungsbau eingesetzt werden können. Dazu haben sie ein Drei-Parteien-Miethaus, bei dem alle Innenwände aus 100 Prozent Recycling-Beton bestehen, als Prototyp errichtet. "Durch dieses Haus können wir auch zeigen, dass unsere Wände den herkömmlichen qualitativ ebenbürtig sind", sagt Wolfgang Büscher.

Büscher
Abb. 2: In dem Neubau zeigt Geschäftsführer Wolfgang Büscher auf eine Wandstelle, an welcher der Einsatz des 100-prozentigen Recyclingbetons sichtbar ist. Foto: Kerstin Heemann/DBU

 

Recyclinghaus nach vier Monaten Bauzeit bezugsfertig

In dem Wohngebäude sieht man im Eingangsbereich an einer unverputzten Stelle, dass die Wände aus Mauerwerkabbruch mit roten Bruchsteinen und grauem Beton bestehen (siehe Abb. 2). Alle anderen Innenwände sind so unauffällig hellgrau wie man es von Beton kennt.

Laut Aussage der Hersteller würde mit den recycelten Wandelementen neben Ressourcen und Treibhausgasen auch Bauzeit gespart, da die Innenwände individuell vorgefertigt werden können. Nach kaum vier Monaten Bauzeit war das beispielhafte Recyclinghaus bezugsfertig.

DBU: Recycelte Baustoffe für Hochbau gut geeignet

Wie viel Potenzial derzeit noch in Recyclingbaustoffen steckt, zeigt die bundesweite Bauabfallstatistik. Allein im Jahr 2018 fielen laut Umweltbundesamt (UBA) aus den Fraktionen Bauschutt und Straßenaufbruch 73,9 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an.

Von den recycelten Baustoffen wurden laut UBA jedoch lediglich 15,8 Millionen Tonnen hochwertig in der Asphalt- und Betonherstellung eingesetzt. Technisch ließe sich nach Einschätzung der DBU noch weit mehr Bauschutt aus dem Hochbau wieder für den Hochbau aufbereiten.

Dass sich Recyclingbaustoffe aus sogenannten Porenbetonrezyklaten als Wände in einem Bauvorhaben eignen, hat erstmals das Bremer Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT) 2020 nachgewiesen. Laut DBU sind solche Recyclingbaustoffe allerdings baurechtlich nicht geregelt. Deren Verwendung kann demnach lediglich über eine Zustimmung im Einzelfall oder eine Zulassung erfolgen.

Genau diese Hürde haben die Büscher-Brüder mit ihren innovativen Bausystemen (wörtlich: „tragende und nichttragende Innenwandelemente aus Recyclingbeton mit 100 % Natursteinersatz“) genommen. Als erstes Unternehmen in Deutschland hat das Betonwerk dafür 2021 die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) erhalten.