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Bauwirtschaft: 2016 wieder mehr Wachstum

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 11. Feb. 2016
Kategorie:

# 12.02.2016

Zuwachs um drei Prozent für laufendes Jahr prognostiziert. Zuwanderung mache erhebliche Investitionen in Wohnungsbau notwendig. Verbände befürchten Benachteiligung der Kommunen durch Schuldenbremse

Weltweite Krisen gefährden Wachstum

Raum für stärkeres Wachstum sehen die Spitzenverbände der Bauindustrie für das laufende Jahr. Wirtschaft und öffentliche Hand sollten dafür mehr investieren. Foto: Dieter Schütz / Pixelio
Raum für stärkeres Wachstum sehen die Spitzenverbände der Bauindustrie für das laufende Jahr. Wirtschaft und öffentliche Hand sollten dafür mehr investieren. Foto: Dieter Schütz / Pixelio

Das Baujahr 2016 ist bereits einige Tage alt und dennoch ist eine Prognose bezüglich der weiteren Entwicklung derzeit schwierig. Zu unsicher erscheinen die aktuellen innen- und außenpolitischen Bedingungen, welche bereits an der Börse für einigen Wirbel gesorgt haben.

Statt sich jedoch nur mit den Problemen außerhalb des eigenen Unternehmens zu befassen, rät der Wachstumsexperte Guido Quelle dazu, gerade jetzt Mittel und Wege zur wirtschaftlichen Expansion "zuhause" zu suchen. Quelle, der unseren Lesern bereits als Gastautor für bauingenieur24 bekannt ist, will mit seinem Buch "Wachstum beginnt oben" Lösungen für vor allem interne Wachstumsbremsen anbieten.

Folgt man dieser Logik, könnte dies die Aussicht auf kommende Erfolge deutlich verbessern. Allein die Abhängigkeit von weltpolitischen Kapriolen bleibt auch hierzulande spürbar.


Bauindustrie: Gutes Jahr dank Investitionen in Wohnraum und Infrastruktur

So verwundert es nicht, dass auch die Spitzenverbände der deutschen Bauwirtschaft für ihre Konjunkturprognose zu Jahresbeginn das große Thema der Flüchtlingskrise nicht ausklammern konnten.

Dennoch kamen sie zu einer durchaus positiven Gesamteinschätzung: "Wir blicken zuversichtlich auf das Baujahr 2016. Spürbare Impulse sind im Wohnungsbau und im öffentlichen Bau zu erwarten. Dieses Wachstumstempo erwarten wir für den Hochbau und Tiefbau gleichermaßen", so die Präsidenten des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe, Thomas Bauer und Hans-Hartwig Loewenstein.

Ihren zuversichtlichen Blick in die Zukunft ergänzten sie mit konkreten Zahlen, wonach allgemein mit einem Umsatzwachstum im Bauhauptgewerbe von 3,0 Prozent auf ca. 103 Milliarden Euro gerechnet werde. Und weiter: "Für den Hochbau gehen wir von einem Umsatz in Höhe von 66 Milliarden Euro und für den Tiefbau von 37 Milliarden Euro aus. Die Preise dürften mit 1,5 % etwas stärker zulegen als im Vorjahr (1,0 %). Wegen der Leistungssteigerung kann mit einem Anstieg der Beschäftigtenzahl auf 765.000 bis 770.000 gerechnet werden."


Wohnungsbau als Konjunkturmotor weiter stark

Nachdem der Wohnungsbau 2015 entgegen allen Erwartungen nur um zwei Prozent gewachsen sei, erwartet die Bauwirtschaft für 2016 hier ein Umsatzwachstum von ganzen fünf Prozent (auf 38,4 Mrd. Euro). 2016 würden demnach nahezu 290.000 Wohnungen insgesamt neu auf den Markt kommen.

Trotz dieser Steigerung von 80 Prozent gegenüber dem Tiefststand 2010, sei dies aber immer noch zu wenig. Gerade in Ballungsräumen sei preiswerter Wohnraum knapp. Als Gründe hierfür gaben die Verbandschefs eine zum einen zu zögerliche und zum anderen unvorbereitete Politik an: "100.000 von jährlich mehr als 400.000 erforderlichen neuen Wohnungen entfallen auf die unterschätzte Entwicklung bei der Zuwanderung und ca. 50.000 auf den Nachholbedarf infolge der Unterproduktion der vergangenen Jahre.

Hinzu kommt der ohnehin bestehende Baubedarf aus der demografischen Entwicklung und dem Ersatzbedarf", erläuterten Bauer und Loewenstein. Dieses Niveau werde aber nur sukzessive zu erreichen sein.


Fortschreitende Technisierung verringert Nutzungsdauer von Bauteilen

Vor diesem Hintergrund forderten die Bauspitzenverbände ein ganzes Bündel von Maßnahmen, um die Investitionen in den Wohnungsneubau zu erhöhen. Dazu gehöre eine generelle Erhöhung der linearen AfA, die mit derzeit zwei Prozent nach Meinung der Bauspitzenverbände nicht mehr zeitgemäß ist.

"Aufgrund der fortdauernden Technisierung der Gebäude überwiegt der Anteil von Bauteilen mit einer Nutzungsdauer von deutlich unter 50 Jahren. Eine generelle Erhöhung der Abschreibung im Mietwohnungsneubau ist daher ein notwendiger Schritt, um mehr Mietwohnungen auf den Markt zu bringen, die mit mittleren Einkommen bezahlbar sind", so die beiden Präsidenten.

Darüber hinaus müsse die angekündigte Sonder-Afa umgehend auf den Weg gebracht werden, um preiswerte Mietwohnungen zu schaffen. Die Verdopplung der Fördermittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau für die Jahre 2016 bis 2018 auf jeweils eine Milliarde Euro sei ein Schritt in die richtige Richtung. Bauer und Loewenstein bezweifelten jedoch, dass die Mittel ausreichen, wenn selbst die Kommunen mindestens zwei Milliarden Euro jährlich forderten.


Verbände kritisieren geringe Investitionen der Wirtschaft

Laut HDB und ZDB hat auch der Wirtschaftsbau die an ihn gerichteten Erwartungen 2015 nicht erfüllt und wohl nur das Vorjahresniveau erreicht. "Anzulasten" sei das dem Wirtschaftshochbau, der das Vorjahresergebnis um ca. zwei Prozent verfehle. Der Wirtschaftstiefbau könne mit einem Plus von drei Prozent das Gesamtergebnis nicht in den positiven Bereich drehen.

Bis zum dritten Quartal hätten die gewerblichen Bauinvestitionen um drei Prozent unter denen des Vorjahres gelegen. Fazit der Verbände: "Die deutsche Wirtschaft investiert zu wenig. Daher sehen die Aussichten auch für 2016 nicht wesentlich besser aus, so dass davon auszugehen ist, dass die Umsätze weiter auf dem Niveau von 35,7 Milliarden Euro verharren werden."


Bahninvestitionen begünstigen Wirtschaftstiefbau

Die Baugenehmigungen im Wirtschaftshochbau hätten zu Beginn des vierten Quartals 2015, bemessen nach Baukosten, bei minus drei Prozent gelegen. Einen anhaltend hohen Rückstand hätten dabei die Genehmigungen für Fabrik- und Werkstattgebäude (-17 %) ausgewiesen. Der Auftragseingang im Hochbau stecke seit Monaten bei minus fünf Prozent fest.

Besser sehe es hingegen im Wirtschaftstiefbau aus, wo sich das erhöhte Investitionsbudget der Bahn niederschlagen dürfte.


Öffentlicher Bau: Investitionsstau beim Straßenbau hält an

Der öffentliche Bau habe in 2015 die Nulllinie nur knapp übersprungen und mit einer Steigerung von 0,5 Prozent 28 Milliarden Euro erreicht. Allerdings erwartet die Bauwirtschaft für 2016 eine deutliche Steigerung der öffentlichen Bauinvestitionen.

"Dass der Bund seine Investitionen in Straßen, Schienen und Wasserwege von 10,6 Milliarden Euro auf 12,1 Milliarden Euro, also um 14 Prozent, anheben und das Budget bis 2018 auf gut 13 Milliarden Euro stetig ausbauen wird, begrüßen wir ausdrücklich. Wir haben viele Jahre dafür geworben, die Investitionsbudgets bedarfsgerecht auf 15 Milliarden Euro anzuheben. Dieser Weg muss beibehalten werden", so die Forderung der beiden Präsidenten.

Die kommunalen Investitionen würden durch das 3,5 Milliarden Euro starke Programm des Bundes für finanzschwache Kommunen ebenfalls steigen. Hier kritisieren die beiden Verbände allerdings, dass "der Straßenbau als wesentliche Baustelle des kommunalen Investitionsstaus unberücksichtigt bleibt."

Für 2016 rechnen die Bau-Spitzenverbände mit einer Umsatzsteigerung im öffentlichen Bau um die vier Prozent von 28 Milliarden Euro auf ca. 29,1 Milliarden Euro. Im Tiefbau würden dabei gut 23 Milliarden Euro und im Hochbau gut sechs Milliarden Euro umgesetzt. Den Tiefbau würden die Bundesmaßnahmen zum Investitionshochlauf, den Hochbau der Sonderfonds für finanzschwache Kommunen stützen.


Einigungen zwischen Bund und Ländern zu Lasten der Kommunen

Gerade mit Blick auf die kommunalen Investitionen bestehe allerdings die Sorge, dass sich der Investitionsstau bis 2020 eher noch verschärfen werde. Der Bund stelle im Rahmen des Entflechtungsgesetzes bis 2019 über die Länder jährlich 1,33 Milliarden Euro für die Gemeindeverkehrsfinanzierung bereit. Bei ihrer gemeinsamen Positionierung zur Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen hätten die Bundesländer in ihrem Vorschlag zur Neuregelung zur Umsatzsteuerverteilung nun diese Mittel mit verrechnet.

Die finanzielle Förderung kommunaler Verkehrsprojekte läge dann allein in Länderhand und wäre zukünftig aus deren allgemeinem Steueraufkommen aufzubringen, vor dem Hintergrund, dass für die Länder selbst ab 2019 eine Schuldenbremse greife. Die ohnehin schon lockere Zweckbindung von Bundesmitteln für kommunale Verkehrswege würde zudem verschwinden.



QUELLEN UND VERWEISE:

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