Bauwirtschaft auch 2020 deutlich gewachsen
# 03.03.2021
Starkes viertes Quartal mit Rekordumsatz im November 2020. Mehrwertsteuersenkung führt zu Vorzieheffekten. Dieter Babiel nicht mehr Geschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie
Bauindustrie: Bauwirtschaft verhindert Konjunkturabsturz wie zur Finanzkrise
2020 wird definitiv als wirtschaftliches Krisenjahr in Erinnerung bleiben. Allerdings hat sich nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes ein ähnlich starker Konjunkturrückgang wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 nicht wiederholt.
Nach Ansicht des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie lag das vor allem an der Bauwirtschaft. "Die Bauinvestitionen sind im vergangenen Jahr nominal um 3,2 Prozent gestiegen", freut sich Verbandsvizepräsident Tim Lorenz.
Wachstum trotz pandemiebedingter Behinderungen
Trotz Einschränkungen, wie vereinzelter Stilllegung von Baustellen, partiellem Ausfall ausländischer Fachkräfte durch Grenzschließungen oder fehlender Materiallieferungen und Auftragsstornierungen konnte ein preisbereinigtes Wachstum von 1,5 Prozent erreicht werden. Ohne dieses wäre das reale Bruttoinlandsprodukt laut Hauptverband um 5,7 Prozent zurückgegangen, was einen größeren Verlust als 2009 (ca. -5 %) bedeutet hätte.
Öffentliche Bauinvestitionen kompensieren Gewerbesteuerausfälle
Ganz anders sah es 2020 bei den öffentlichen Investitionen aus. Die Kompensation der Gewerbesteuerausfälle bei den Gemeinden durch Bund und Länder habe laut Hauptverband mit dazu beigetragen, dass der öffentliche Bau real um 3,3 Prozent gestiegen sei.
Umsatz: Bester November-Wert seit 1990
Wie in der Gesamtwirtschaft hat auch am Bau insbesondere das letzte Quartal die Bilanz des Jahres 2020 nach oben verbessert. Dabei kam es laut Hauptverband sogar zu einem erneuten Rekord: "Die Bauunternehmen haben die gute Witterung im November 2020 genutzt, um ihre Auftragsbestände abzuarbeiten. Der Umsatz lag deutlich über dem schon hohen Vorjahresniveau und erreichte damit den höchsten gesamtdeutschen November-Wert."
Konkret stieg der baugewerbliche Umsatz im Bauhauptgewerbe im November um nominal 7,1 Prozent (real: +5,1 %). Gleichzeitig sank der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahresmonat um nominal 2,3 Prozent (real: -4,2 %). Interessant dabei: Während in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Berlin die Aufträge einbrachen, blieben alle anderen Bundesländer im Plus.
Basiseffekt relativiert Auftragsrückgang im letzten Jahr
Zieht man für die Einordnung der aktuellen Bauwirtschaft das Jahr 2019 hinzu, relativieren sich einige Zahlen. So sind in Baden-Württemberg und Berlin die Einbrüche von bis zu 50 Prozent im November 2020 vor allem auf einen Basiseffekt zurückzuführen: Die Auftragseingänge hatten im November 2019 um mehr als 55 Prozent zugelegt.
Auch der gesamtdeutsche Rückgang im Wirtschaftshochbau im November 2020 um 19,0 Prozent basiert auf diesem Effekt (Nov. 2019: +38 %). Lediglich der Straßenbau war im November 2020 mit minus 1,3 Prozent (real: -2,7 %) von einer Nachfrageschwäche betroffen, der Auftragseingang war schon im November 2019 im Minus.
Hauptverband entlässt Dieter Babiel
Während die Analyse der konjunkturellen Entwicklung beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie im Januar noch Dieter Babiel als Hauptgeschäftsführer übernommen hatte, kam dies zuletzt ungewohnter Weise dem Vizepräsidenten Wirtschaft Tim Lorenz zu.
Hintergrund ist die Tatsache, dass der Personalausschuss des Verbandspräsidiums, bestehend aus der Vizepräsidentin Jutta Beeke, den Vizepräsidenten Tim Lorenz und Matthias Jacob sowie dem Präsidenten Peter Hübner, Anfang Februar einstimmig beschlossen hat, Dieter Babiel von seiner hauptamtlichen Tätigkeit zu entbinden. Zur Ursache der Trennung wurden keinerlei Angaben gemacht. Weder der Hauptverband noch Babiel selbst haben sich bislang weitergehend zu der Sache geäußert.
Geschichts- und Politikwissenschaftler übernimmt Geschäftsführung
Als Nachfolger hat der Personalausschuss zunächst den bislang stellvertretenden Hauptgeschäftsführer, René Hagemann-Miksits, bestimmt. Hagemann-Miksits studierte in Düsseldorf Geschichte und Politikwissenschaft. Nach seinem Studium war er von 2000 bis 2005 als Referent der Abteilung Strategie und Kampagnen in der FDP-Bundesgeschäftsstelle tätig. Anschließend wechselte er zum Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).
Im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie war er von 2010 bis 2018 verantwortlich für den Bereich Politik und Koordinierung. Seit Mitte 2018 leitet er den Geschäftsbereich Technik, Bausparten und Klima.
QUELLEN UND VERWEISE:
Auftragsrekord: Bauwirtschaft 2019 erneut gewachsenGroße Bauunternehmen mit eigener Lobby im Hauptverband