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BIM und Nachtragsmanagement im Fernstraßenbau: Wie sich die DEGES für die Zukunft rüstet

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 20. Apr. 2023

Übernahme durch Autobahn GmbH bislang gescheitert

Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, kurz DEGES, ist nach wie vor voll im Geschäft. Eigentlich sollte das Unternehmen, dessen Eigentümer der Bund und zwölf Bundesländer sind, ihre Eigenständigkeit verlieren und 2021 in der Autobahn GmbH aufgehen. Dies war aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Und so kann die im Zuge der Wiedervereinigung 1991 gegründete DEGES mit ihren rund 500 Mitarbeitenden ihre ganz eigene Geschichte womöglich noch eine ganze Weile fortschreiben.

DEGES_2023

Freut sich über neue Projekte für seinen Arbeitgeber (hier: Ersatzneubau Rader Hochbrücke, A7): DEGES-Bereichsleiter Bernd Rothe (r.) mit dem ehemaligen Minister Bernd Buchholz, Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen, Staatssekretär Oliver Luksic und Autobahn GmbH-Chef Stephan Krenz (v. l.). Foto: DEGES

Gute Gründe also, die eigenen Projekte tatkräftig anzugehen. Jüngst erfolgte der Spatenstich für den Ersatzneubau der Rader Hochbrücke (ca. 1.500 m), auf welcher bei Rendsburg die A7 den Nord-Ostsee-Kanal überquert. Bereits 2015 hatte die DEGES den Auftrag für die Planung und Baudurchführung erhalten. Als Auftraggeber ist die Autobahn GmbH, wie bei allen Autobahnprojekten, tatsächlich auch an diesem Projekt beteiligt, während bei Bundesstraßenprojekten die Bundesländer diese Rolle gegenüber der DEGES innehaben.

Ein optimiertes Verhältnis zwischen DEGES und Autobahn GmbH wird von beiden Partnern mit einem eigens ausgearbeiteten "Workflow Nachtragsbearbeitung" angestrebt. Dieser gibt ein Verfahren vor, das bereits bei Abschluss des Planungs- und Ingenieurvertrags regelt, wie im Fall eines Nachtrags verfahren werden soll.

Nachtragsmanagement zwischen Autobahn GmbH und DEGES geregelt

Auch im Straßenbau machen Planungs- und Bauablaufstörungen oder auch das Anordnungsrecht des Bestellers (§ 650b BGB) geänderte oder zusätzliche Leistungen, also Nachträge erforderlich. Auftraggeber und Auftragnehmer sind oftmals unterschiedlicher Auffassung, welche Leistungen bereits von der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung erfasst sind und welche einen Nachtrag eindeutig begründen.

Um daraus entstehende Streitigkeiten und Verzögerungen zu minimieren, ist nun der "Workflow Nachtragsbearbeitung", an dem beide Seiten mitgewirkt haben, im März 2023 in den Niederlassungen der Autobahn GmbH und bei der DEGES zur freiwilligen Anwendung eingeführt worden.

BIM-Standardleistungen mit VBI ausgehandelt

Um ihre Projekte generell effizienter abzuwickeln, hat die DEGES darüber hinaus einen BIM-Standard-Leistungskatalog (BSLK) erstellt und ihn mit dem Verband Beratender Ingenieure (VBI) abgestimmt. Beide Partner arbeiten bereits seit 2014 gemeinsam daran, BIM im deutschen Fernstraßenwesen zu etablieren.

"Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es für ein gemeinsames Verständnis nicht ausreicht, eine Planungsleistung allein mit dem Hinweis ‚in BIM‘ zu versehen", erklärt Sascha Steuer, Hauptgeschäftsführer des VBI. "Es ist besser, wenn der Auftraggeber bereits in der Angebotsphase definiert, welche BIM-Leistungen konkret zu erbringen sind. Klare Standards dienen der Transparenz bei der integrativen Zusammenarbeit, reduzieren Parallelarbeiten und senken damit auch die Kosten", so Steuer weiter.

Der BIM-Standard-Leistungskatalog lasse sich laut Verfasser insbesondere von öffentlichen Auftraggebern bzw. Vergabestellen anwenden. Er enthält für ausgewählte Anwendungsfälle des Masterplans standardisierte, BIM-spezifische Aufgabenbeschreibungen und die dazugehörigen Lieferobjektbeschreibungen.

Der Aufbau des BSLK ermögliche damit eine einheitliche Ausschreibung von BIM-Leistungen in allen gängigen Vertragstypen. Zum aktuellen Stand berücksichtigt der BSLK insgesamt 13 Anwendungsfälle des Masterplans, die im Zuge der Fortschreibung stufenweise erweitert werden. Die Bausteine können sowohl für ein Gesamtprojekt als auch nur Teile eines Gesamtprojekts Verwendung finden und den Austausch mit Projektpartnern erleichtern.

Öffentlicher BIM-Katalog verspricht Leistungs-, Kalkulations- und Abrechnungssicherheit

VBI und DEGES haben den in Zukunft gemeinsam genutzten Katalog veröffentlicht, um auch anderen Institutionen die Möglichkeit zu geben, an den erworbenen Erfahrungen und den gefundenen Lösungsmöglichkeiten zu partizipieren. Der neue gemeinsame Standard schaffe Leistungs-, Kalkulations- und Abrechnungssicherheit für beide Seiten und mache die Planung mit der BIM-Methode "ein Stück selbstverständlicher".

"Wir haben praktische Erfahrungen aus über 80 BIM-Infrastrukturprojekten aus den letzten acht Jahren – sowohl aus der Planung als auch aus dem Bauabwicklung – in den BSLK einfließen lassen", erklärt Andreas Irngartinger, Bereichsleiter Digitales Planen und Bauen / Digitale Transformation bei der DEGES. "Es handelt sich bei unserem BIM-Standard-Leistungskatalog also um ein fundiertes und praxiserprobtes Werk, von dem wir uns erhoffen, dass er die Digitalisierung im Fernstraßenwesen nochmal vereinfacht und beschleunigt."