Brücke aus Stahlbeton gewinnt: Neuer Herzogsteg in Eichstätt erhält Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2024
Preisträger 2024: Neuer Herzogsteg über die Altmühl, Fuß- und Radwegbrücke (Eichstätt)
Die Jury des 18. Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises hat den Neuen Herzogsteg über die Altmühl, eine Fuß- und Radwegbrücke im bayerischen Eichstätt, als diesjährigen Preisträger geehrt. Das Projekt war durch das verantwortliche Ingenieurbüro Bergmeister Ingenieure GmbH eingereicht worden. Insgesamt erhielt der Verlag 22 hochkarätige Wettbewerbsbeiträge aus nahezu allen Bereichen des Bauingenieurwesens.
Der Neue Herzogsteg führt die Herzoggasse aus der Altstadt über die Altmühl hinweg zu dem sich konisch öffnenden Franz-Xaver-Platz der Neustadt. Die beiden unterschiedlichen Ufersituationen spiegeln sich in der asymmetrisch taillierten Brückengestalt wider. Weitere formgebende Parameter waren die Anforderungen an den Hochwasserabfluss, die Flusshydraulik und die Gründungssituation.
Die beteiligten Ingenieur:innen und Architekt:innen entwarfen laut Jury ein gestalterisch überzeugendes, schlankes und formoptimiertes Brückentragwerk aus Stahlbeton, das in die beiden Widerlager eingespannt ist. In monolithischer Ortbetonbauweise sei so ein fugen- und lagerloses, integrales Brückenbauwerk geschaffen worden.
Die von ihren Abmessungen eher kleine Fuß- und Radwegbrücke fasziniere mit hohem Innovationsgrad und ihrem prototypischen Ansatz für den Umgang mit Ingenieurbauwerken in Hochwassersituationen: Durch den stromlinienförmigen Querschnitt und die Demontierbarkeit der Geländer werde eine effiziente Hochwasserprofilierung erreicht und die Behinderung des Durchflusses infolge der Ansammlung von Festteilen im Hochwasserfall minimiert.
Die Jury lobt das Bauwerk als herausragendes Beispiel für die Übereinstimmung aus Entwurf und Konstruktion, das von einer entsprechenden konstruktiven Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten zeugt. Das barrierefreie Bauwerk überzeuge nicht nur als Solitär, sondern sei wie selbstverständlich in den städtischen Kontext integriert. "Mit dem Herzogsteg wurde folglich höchste Ingenieursbaukunst mit Vorbildfunktion geschaffen", so das abschließende Fazit.
Projektbeteiligte:
- Einreicher / Verantwortliches Ingenieurbüro: Bergmeister Ingenieure GmbH
- Ausführende Baufirma: Vitus Rieder GmbH & Co. KG
- Bauherr: Große Kreisstadt Eichstätt
- Architekt: J2M Mayr Metz Architekten Part GmbB
- Brückengeländer: Metallbau Schindler GmbH
- Erdarbeiten Und Straßenbauarbeiten: Ignaz Schmid GmbH & Co. KG
- Spezialtiefbau / Mikropfähle: Stump-Franki GmbH
- Stockarbeiten: Rudolf Weikelsdorfer
Auszeichnung 2024: WDL Luftschiffhangar (Mülheim a. d. Ruhr)
Beim Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2024 gab es ein Besonderheit: Die Jury würdigte neben dem Hauptpreisträger auch den Luftschiffhangar in Mülheim an der Ruhr mit einer Auszeichnung. Das Projekt wurde durch die Marx Krontal Partner – MKP GmbH aus Hannover eingereicht.
Das Bauwerk definiert sich von außen durch seine flächige metallische Hülle. Beim Öffnen der Tore zeigt sich ein feingliedrig aufgelöstes Holztragwerk, bestehend aus 15 fachwerkartigen Zweigelenkbögen. Die Primärträger sind mit der Dachhaut zu einem Semi-Monocoque verbunden, sodass auf zusätzliche Bauteile in Längsrichtung und Verbände verzichtet werden konnte. Alle Verbindungen sind durchgängig in Holz ausgeführt. Der hohe Vorfertigungsgrad ermöglichte zudem eine kurze Bauzeit.
Architektonisch überzeugte der Hangar die Jury besonders durch die kathedralenhafte Raumwirkung. Er erinnere damit an frühe Hallenbauten von Freyssinet oder Zollinger. Die Jury würdigt den ganzheitlichen Ansatz bei Konstruktion und Ausführung zur Schaffung einer besonders nachhaltigen Konstruktion. Mit der Wiedergewinnung von Baustoffen aus vorhandenen Konstruktionselementen, der Wiederverwendung vorhandener Bauteile sowie der sortenreinen Rückbaubarkeit des Bauwerks wurde der gesamte Lebenszyklus in die Planung einbezogen.
Projektbeteiligte:
- Einreicher: Marx Krontal Partner – MKP GmbH
- Verantwortliche Ingenieurbüros: Ripkens Wiesenkämper / Marx Krontal Partner – MKP GmbH
- Ausführende Baufirma: DERIX / W.u.J. Derix GmbH
- Bauherr: Westdeutsche Luftwerbung
- Architekt: Smyk Fischer Architekten GbR
- Projektleitung & Brandschutzplanung: IB Römling
- Architektur (Ausführungsplanung & Bauleitung): GRONAU plan GbR
- Planung Maschientechnik: Dr. Schippke+Partner mbH
- Maschinen- & Antriebtechnik: INperfektion
- Dacheindeckung / Kalzip: B.Schlichter GmbH & Co. KG
Der Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis
Der Ingenieurbaupreis, ausgelobt vom Verlag Ernst & Sohn, zeichnet alle zwei Jahre herausragende Leistungen im Konstruktiven Ingenieurbau aus. Er soll das Wirken von Bauingenieurinnen und Bauingenieuren und ihr Engagement für Baukultur ins öffentliche Bewusstsein rücken. Zugelassen sind Projekte, deren Ingenieurleistung in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum erbracht wurden. Der Standort des Bauwerks kann sich weltweit befinden. Zugelassen sind auch Bauprojekte, die von ausländischen Ingenieur:innen in Deutschland gebaut wurden.
Die Bauprojekte werden nach funktionalen, technischen, wirtschaftlichen und gestalterischen Gesichtspunkten bewertet, wobei eine besondere Ingenieurleistung erkennbar sein muss. Diese werden von einer hochkarätigen Jury anhand der Kriterien Konstruktion, Innovation, Interdisziplinarität, Ästhetik und Nachhaltigkeit bewertet.
Die Jury des Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises 2024 setzte sich aus folgenden Personen zusammen:
- Dr. Hetty Bigelow (Stahlbau Zentrum Schweiz | Zürich)
- Martin Grassl (Ingenieurbüro GRASSL | Hamburg)
- Bartlomiej Halaczek (Knight Architects | London)
- Dr. Bernhard Hauke (Verlag Ernst & Sohn | Berlin)
- Prof. Harald Kloft (Technische Universität Braunschweig | Braunschweig)
- Wolfgang Schmidt (Hochtief Infrastructure | Essen)
- Dr. Susanne Urban (Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein | Berlin)
- Christina Maria Zimmermann (Verband Beratender Ingenieure | Düsseldorf)
Shortlist und Einreichungen des Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises 2024
Aus 22 Einreichungen wurden folgende Projekte für die Shortlist (siehe Beitrag Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2024: Finalisten stehen fest für ausführliche Informationen) nominiert:
- Neuer Herzogsteg über die Altmühl, Fuß- und Radwegbrücke, Eichstätt (D)
- Umnutzung Felix- Platter-Spital, Basel (Schweiz)
- Aarebrücke, Aarau (Schweiz)
- Steg am Königsstuhl, Sassnitz (D)
- WDL Luftschiffhangar, Mühlheim (D)
Weitere Einreichungen:
- Okavango River Bridge, Mohembo Village (Botsuana)
- Neubau Tiefgarage Thomas-Wimmer-Ring, Altstadtring München (D)
- Echelsbacher Brücke bei Bad Bayersoien (D)
- Schulgebäude mit Dreifachsporthalle, Maria-Ward-Schule, Nürnberg (D)
- Vier4-zügige Grundschule mit integrierter Zweifachsporthalle, München (D)
- Neubau SOS-Kinderdorf und -Familienzentrum Hamburg (D)
- Neubau der Rheinbrücke Hard-Fußach (D)
- Erlebnis-HUS, St. Peter-Ording (D)
- Fußgängerbrücke über den Stadtgraben zur Thainburg in Naumburg (Saale) (D)
- EÜ Filstal, NBS Wendlingen – Ulm (D)
- Promenadendeck Erfurt (D)
- Neubau der Umfahrung der Kanalbrücke Ems (D)
- Bertholdturm und Parkhaus am Kronenrain, Neuenburg am Rhein (D)
- BAB 44, Wehretalbrücke (D)
- Spore Initiative, Berlin (D)
- Stadion 974, Doha (Qatar)
- Gymnasium Langenhagen (D)
Neu in diesem Jahr war das Format der Einreichung. Erstmals konnten die Wettbewerbsunterlagen vollständig digital eingereicht werden. Dazu wurde im Frühjahr 2023 die Website des Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises überarbeitet und entsprechend erweitert.
Laut Veranstalter hat dies den Umgang mit den eingereichten Unterlagen für den Verlag und die Jury spürbar vereinfacht. Nicht zuletzt sei es dadurch möglich geworden, dass die teilnehmenden Büros die Einreichungsfrist bis sprichwörtlich zur letzten Minute ausnutzen konnten, was auch geschah: Die letzte Einreichung ging um 23:57 Uhr am 29. September 2023 ein – nur drei Minuten vor Ende der Frist.
Der Verlag sieht der Auslobung des Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises 2026 bereits mit Freude entgegen. Wie bei den vergangenen Auslobungen erstellt der Verlag eine gedruckte Dokumentation, in welcher der Preisträger, ausgezeichnete Projekte und auch alle weiteren Einreichungen präsentiert werden.
Die Dokumentation wird voraussichtlich im März 2024 parallel zu Heft 3 der Ernst & Sohn Fachzeitschrift Bautechnik erscheinen. Die Abonnent:innen der Bautechnik erhalten das Heft kostenfrei. Alternativ kann es auch direkt über den Verlag bezogen werden.