BubbleDeck - Die zweiachsige Hohlkörperdecke

Verfasst von: Dipl.-Ing. Volker Haag, Dr.-Ing. Karsten Pfeffer
Veröffentlicht am: 8. Sep. 2002
Kategorie:

# 16.09.2002

Innovative Bauweise ermöglicht gleiche Tragwirkung bei geringerem Materialverbrauch. Ausführung vor Ort und mittels Fertigteilen. Vorteile auch bei Brandschutz und Umweltbelastung

Zweiachsige Hohlkörperdecke spart Material und optimiert Tragwirkung

Abb. 1 - Aufbau einer zweiachsigen Hohlkörperdecke (BubbleDeck®)
Abb. 1 - Aufbau einer zweiachsigen Hohlkörperdecke (BubbleDeck®)

Die BubbleDeck® ist eine zweiachsige Hohlkörperdecke und stellt somit die Weiterentwicklung von üblichen Hohlkörperdecken dar. Gegenüber diesen nur einachsig abtragenden Decken kann die zweiachsige Hohlkörperdecke aufgrund der kugelförmigen Hohlkörper die auftretenden Lasten zweiachsig abtragen.

Im eingebauten Zustand verhält sich die zweiachsige Hohlkörperdecke wie eine massive Flachdecke. Somit wird die Eigenschaft der Material- und Gewichtsersparnis mit einer optimierten Tragwirkung vereint.

Aufgrund dieser Eigenschaften ergeben sich die Anwendungsgebiete, die mit dem Bedürfnis einer großen Spannweite, einer geringen Konstruktionshöhe, einer beliebigen Lagerung und somit einer möglichst großen Flexibilität des Grundrisses oder aber auch lediglich der reduzierten Eigenlasten einhergehen.

Gegenüber der vorgespannten Flachdecke, die ebenfalls oben genannte Kriterien erfüllt, kommt der wirtschaftliche Aspekt hinzu. Die ebenfalls mögliche Kombination aus Vorspannung und BubbleDeck® führt zu einer Reduzierung der erforderlichen Vorspannkraft, da gegen ein geringeres Eigengewicht vorgespannt wird.


Konstruktion und Wirkungsweise der zweiachsigen Hohlkörperdecke

Die zweiachsige Hohlkörperdecke macht sich die gleiche Tragwirkung wie die einer herkömmlichen Stahlbetondecke zu Nutzen. So decken sich auch die wesentlichen Bestandteile der Konstruktion mit denen der Stahlbetondecke.

Der Beton wird hauptsächlich zur Übertragung der Druckspannungen in der Druckzone, der Stahl zur Aufnahme der Zugkräfte in der Zugzone herangezogen. Die Bewehrungsstäbe bzw. Matten liegen im Verbund mit dem Beton, so dass eine Übertragung der Kräfte von einem Material in das andere gewährleistet ist.

Der wesentliche Unterschied gegenüber der massiven Stahlbetondecke besteht darin, dass circa ein Drittel der Masse, d.h. des Materials und somit der Eigenlast durch den Einbau von kugelförmigen Hohlkörpern eingespart und nicht als Last aufgenommen werden muss.

Diese Erkenntnis dokumentierte der dänische Ingenieur und Erfinder JÆrgen Breuning in einem Patent. Der Form der Hohlkörper als Kugel - wobei die Hohlkörper relativ mittig in dem Querschnitt eingebaut werden - kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie ermöglicht die Ausbildung eines räumlichen Fachwerkes innerhalb der Decke, so dass auch die Aufnahme der auftretenden Querkräfte sichergestellt ist. Zur Erhöhung der Querkrafttragfähigkeit kann entsprechend einer massiven Decke eine zusätzliche Schubbewehrung eingebaut werden.


Zusammenbau mit Vor-Ort-Betonierung und Fertigteilen möglich

Abb. 2 - Beim Zusammenbau einer zweiachsigen Hohlkörperdecke wird die Lage der Hohlkugeln aus Polyethylenregenerat durch angepasste Bewehrungsnetze fixiert.
Abb. 2 - Beim Zusammenbau einer zweiachsigen Hohlkörperdecke wird die Lage der Hohlkugeln aus Polyethylenregenerat durch angepasste Bewehrungsnetze fixiert.

Der Zusammenbau der zweiachsigen Hohlkörperdecke stellt eine weitere Besonderheit dar. Zunächst wird dabei ein Grundmodul mit variablen Abmessungen hergestellt.

Dieses Grundmodul besteht aus einem unteren Bewehrungsnetz, den dazwischen liegenden Hohlkörpern, Verbindungselementen in Form von Gitterträgern und dem oberen konstruktiven Bewehrungsnetz (Abbildung 1). Die Maschen der Bewehrungsnetze sind derart konzipiert, dass die Kugeln in ihrer Lage fixiert sind.

Als eine Variante zu dem Grundmodul, welches in der Schalung fixiert und vor Ort betoniert wird (siehe Abb. 3), besteht die Möglichkeit das Grundmodul mit einem Betonbrett als verlorene Schalung bereits im Fertigteilwerk zu ergänzen. Diese Variante benötigt beim Einbau lediglich eine Hilfsunterstützung.

Die Abmessungen der Module richten sich nach dem zugrundeliegenden Gebäudegrundriss. Aus Transportgründen sollten die Module allerdings eine maximale Größe von ca. 3 m x 14 m haben. Die Zweiachsigkeit wird durch das Einbringen einer Querbewehrung von Modul zu Modul erzeugt. Die erforderliche Stützbewehrung für eine negative Momentenbeanspruchung kann direkt ohne zusätzliche Abstandhalter auf dem oberen Bewehrungsnetz verlegt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Vorfertigung vollständiger Fertigteile.

Öffnungen sowie schräge oder runde Kanten können bereits bei der Vorfertigung berücksichtigt werden. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Kugeln mit einem Durchmesser von 18 cm bis 36 cm lassen sich Deckenstärken von 23 cm bis zu 60 cm realisieren.


Biegetragfähigkeit mit Werten einer Massivdecke vergleichbar

Die technischen Eigenschaften der zweiachsigen Hohlkörperdecke wurden in den vergangenen Jahren in umfangreichen Untersuchungen an anerkannten Forschungsinstituten bestimmt. Die Untersuchungsergebnisse sind in zahlreichen Prüfzeugnissen, Gutachten und Prüfberichten festgehalten (siehe auch Quellen [1], [2]). Die Untersuchungen ergaben, dass die zweiachsige Hohlkörperdecke grundsätzlich nach den bestehenden Betonbaunormen bemessen werden kann.

Die mittige Lage der Hohlkörper führt zu einer nur geringfügigen Abminderung der Biegesteifigkeit gegenüber der Massivdecke, wobei die Biegesteifigkeit im wesentlichen die auftretenden Verformungen bzw. die Durchbiegung einer Decke beeinflusst. Gegenüber dieser Verminderung der Biegesteifigkeit steht aber wiederum die Reduzierung der abzutragenden Eigenlasten. Dies führt letztendlich zu kleineren Durchbiegungen im Falle der BubbleDeck® im Vergleich zur gleich starken Massivdecke.

Der Effekt der reduzierten Durchbiegung kann unterschiedlich ausgenutzt werden. Zum einen können dadurch schlicht strengere Vorgaben zur Gebrauchstauglichkeit eingehalten werden. Zum anderen kann dadurch ggf. die Deckenstärke reduziert oder aber auch die Spannweite vergrößert werden.

Die Biegetragfähigkeit der zweiachsigen Hohlkörperdecke entspricht der einer Massivdecke. Allerdings hat auch bei der Biegebemessung die geringere Eigenlast einen positiven Effekt auf den erforderlichen Stahlgehalt.


Hohlkörperdecke mit enormem Querkraftwiderstand

Abb. 3 - Die Durchstanzbereiche werden auch bei einer BubbleDeck® massiv ausgebildet.
Abb. 3 - Die Durchstanzbereiche werden auch bei einer BubbleDeck® massiv ausgebildet.

Ebenfalls positiv wirkt sich die Gewichtseinsparung bei dem Durchstanznachweis aus, der ansonsten wie für eine Massivdecke geführt werden kann, sobald im direkten Durchstanzbereich keine Kugeln vorgesehen werden (Abbildung 3). Die Größe des Massivbereichs bei einer Punktstützung richtet sich nach der vorliegenden Schubbeanspruchung.

Schubversuche sowie nichtlineare Berechnungen mit Hilfe eines räumlichen Finite Elemente Modells konnten der zweiachsigen Hohlkörperdecke ohne Schubbewehrung einen Querkraftwiderstand von mindestens 64 Prozent einer Massivdecke bescheinigen.


Besserer Brandschutz durch Druckabbau ins Deckeninnere

Auch im Falle einer Brandbeanspruchung konnte bei den Untersuchungen ein günstiger Effekt beobachtet werden. Durch einen Druckabbau in das Innere der Hohlräume entstanden im Gegensatz zu der massiven Decke keine Abplatzungen nach der Beflammung im Versuchsstand.

Die Decken mit eingebauten Hohlkörpern aus PEHD können als F30 bis zu einer F180-Konstruktion ausgeführt werden.


Nachhaltige Bauweise reduziert CO2-Ausstoß

Der geringe Einbau von Beton und die damit verbundene Reduzierung der Zementproduktion leisten einen wertvollen Beitrag zur Minderung des CO2-Ausstoßes. Die Hohlkugeln werden unter Verwendung eines Polyethylenregenerates hergestellt. Die Verminderung des Betonbedarfes durch die Hohlkörper reduzieren den Betontransport zur Baustelle.

Bei einem evtl. erforderlichen Rückbau lässt sich der Kunststoff einfach und vollständig von dem restlichen Material trennen. Ein wesentlicher Beitrag für die Nachhaltigkeit des Gesamtgebäudes wird geleistet.


Beispielprojekt 1: Zusätzliche Stockwerke für Millennium Tower in Rotterdam

Abb. 4 - Millenniumtower in Rotterdam
Abb. 4 - Millenniumtower in Rotterdam

Neben einer Vielzahl an bereits ausgeführten Projekten in Deutschland, in Österreich, in der Schweiz und in den Niederlanden, ist vor allem der Millennium Tower in Rotterdam zu erwähnen (Abbildung 4).

Bei diesem 121 m hohen Gebäude konnten durch die Verwendung der zweiachsigen Hohlkörperdecke und somit reduzierten Gesamtlast zwei zusätzliche Stockwerke ergänzt werden.

Dennoch wurde die Anzahl der notwendigen Betontransporte um eine Vielzahl vermindert. Bei einer maximalen Spannweite von 9,6 m kam eine 33 cm starke Decke zur Ausführung.


Beispielprojekt 2: Parkhaus in Frankfurt Niederrad mit großer Spannweite

Abb. 5 u. 6 - Montage der Halbfertigmodule und Fertigstellung einer BubbleDeck®
Abb. 5 u. 6 - Montage der Halbfertigmodule und Fertigstellung einer BubbleDeck®

Die bislang größte Spannweite unter Verwendung dieses neuartigen Hohlkörperdecke wurde bei einem Parkhaus in Frankfurt Niederrad realisiert. Dort kam eine punktgestützte zweiachsige Hohlkörperdecke mit einem Stützenraster von 7,6 m x 12 m bei einer Deckenstärke von 39 cm zur Ausführung.

Bei diesem Projekt stand die geringe Konstruktionshöhe bei gleichzeitiger Erfordernis einer geringen Durchbiegung im Vordergrund. Die Lösung unter Verwendung der zweiachsigen Hohlkörperdecke erwies sich in diesem Fall als die wirtschaftlichste Variante. Der Einbau der großformatigen Halbfertigmodule inklusive der unteren Bewehrung beschleunigte den Bauablauf (Abbildung 5 und 6)

Die Zahl der mit BubbleDeck® geplanten und ausgeschriebenen Gebäude wächst kontinuierlich. Die Praxis bestätigt das Prinzip – Je früher die BubbleDeck® in den Planungsprozess eingebunden wird, je effektiver können die vielen Vorteile ausgenutzt werden.


Quellen

  • [1] Pfeffer, K.: Untersuchung zum Biege- und Durchstanztragverhalten von zweiachsigen Hohlkörperdecken, Fortschritt-Berichte VDI, VDI-Verlag, Düsseldorf 2002
  • [2] Schnellenbach-Held, M., Pfeffer, K.: Tragverhalten zweiachsiger Hohlkörperdecken, Beton- und Stahlbetonbau 96, [9], 573-578 (2001)
  • [3] Der neue Weg im Betonbau, Firmenprospekt der BubbleDeck AG
  • [4] Der Unterschied liegt in der Luft, das Architektur-Journal 7 [35]



QUELLEN UND VERWEISE:

BubbleDeck (Deutschland) GmbH, Darmstadt