Carolabrücke in Dresden: Erster Einsatz von Carbonbeton im Großbrückenbau
Alternativen zu Stahlbeton machen Brückenverbreiterung möglich
Die Carolabrücke in Dresden steht beispielhaft für viele ähnliche Bauwerke sowie die Entwicklung des Brückenbaus in Deutschland. In den 1960er Jahren geplant und 1971 fertiggestellt, wurden ab 2019 Sanierungsmaßnahmen an der Spannbetonbrücke erforderlich.
Im Zuge dessen wurde die Brücke auch an eine sich verändernde Nutzung – Stichwort Mobilitätswende – angepasst: Neben Kraftfahrzeugen und der Straßenbahn können nun auch Fußgänger und Radfahrer auf einem eigens abgetrennten Streifen die Elbe überqueren. Bei der dafür notwendigen Verbreiterung kam erstmals Carbonbeton im Großbrückenbau zur Anwendung. Als weitere nichtmetallische Bewehrung wurde Basalt verwendet.
Die eingesetzten Materialen erlaubten es, den Geh- und Radweg von 3,60 Meter auf 4,25 Meter zu verbreitern. Mit dem schwereren Stahlbeton wäre das aus statischen Gründen nicht möglich gewesen. Konkret wurde die Brückenkappe des Bogens A von einem Ufer bis zur Brückenmitte mit Carbonbeton gebaut und die zweite Hälfte bis zum anderen Ufer mit Basaltbeton.
Forschungsverbund entwickelt homogenes Recyclingmaterial
Für letztere Maßnahme wurden an der Fachhochschule Kiel und die Hochschule München in Zusammenarbeit mit der Deutschen Basalt Stab GmbH sowie der Erdtrans GmbH Brückenkappen aus Recyclingbeton und nichtrostenden Basaltfaserstäben entwickelt. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt. Der Beton sollte möglichst zu 100 Prozent aus rezyklierter Gesteinskörnung bestehen, der Zement weitestgehend durch aufbereitetes rezykliertes Feinmaterial ersetzt werden.
Am Ende war es den Forschenden möglich, den Zementleim fast vollständig von der Gesteinskörnung zu trennen. "Die Optimierung der Aufbereitungsverfahren beim Abbruch ermöglichen ein sehr homogenes Recyclingmaterial. Hiermit lässt sich ein zuverlässiger und dauerhafter neuer Beton herstellen, der Frost- und Tausalz-Angriffen standhält", erklärt Professorin Andrea Kustermann vom Institut für Material- und Bauforschung der Fakultät für Bauingenieurwesen an der Hochschule München.
Nichtmetallische Bewehrung und Recyclingbeton: Experte sieht breiten Anwendungsbereich im Hochbau
An der Kieler FH führte Stephan Görtz, Professor für Konstruktiven Ingenieurbau, die Teilprojekte zusammen. Er untersuchte die Tragfähigkeit und die Entwicklung etwaiger Risse in der Brückenkappe experimentell und analytisch. Basierend auf seinen Untersuchungen entstand ein Bemessungsmodell, das an einem statischen Belastungsversuch einer Brückenkappe überprüft wurde.
Stephan Görtz hofft, dass die Bauweise Schule machen wird: "Die Anwendung der nichtmetallischen Bewehrung und des Recyclingbetons ist nicht auf Brückenkappen beschränkt, sondern kann für viele Bereiche eine sinnvolle Alternative sein."
Die nichtmetallische Bewehrung biete sich demnach vor allem in korrosiver Umgebung an, also zum Beispiel im Bereich von Meerwasser oder dort, wo im Winter mit Tausalz gestreut wird. Recyclingbeton könne laut dem Experten für viele Massenbauteile, wie zum Beispiel konventionelle Deckenplatten im Hochbau, eine ressourcenschonende Alternative sein.