Claude-Patrick Jeutter (Porr): "Keine Digitalisierung vorantreiben, die an den Kunden vorbeigeht."
- Unternehmensleistungen am Anfang nie perfekt
- Mercedes Benz Museum bisher herausforderndstes Projekt der Karriere
- Personalmanagement setzt auf Corporate Culture und Content Recruiting
Dipl.-Ing. Claude-Patrick Jeutter
Claude-Patrick Jeutter ist technischer Geschäftsführer der Porr GmbH & Co. KGaA mit den Spezialgebieten Hochbau, Tiefbau und Tunnelbau.
Für das Unternehmen sind rund 2.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen Hochbau, Industriebau, Ingenieurbau, Tunnelbau, Verkehrswegebau, Spezialtiefbau, Stahlbau sowie der Umwelttechnik in Deutschland aktiv.
Jeutters Karriere begann beim Bauunternehmen Müller-Altvatter, der heutigen Zech Hochbau AG. Danach war er für weitere Bauunternehmen in leitenden Funktionen tätig, darunter von 2006 bis 2019 bei der Köster Gruppe, zuletzt als technischer Vorstand der Köster Holding SE.
Herr Jeutter, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?
Was uns fordert und gleichzeitig den Kern unseres Erfolgs bildet ist die konsequente Ausrichtung unseres Leistungsangebots in allen Stufen und Bereichen am Kundennutzen.
Für unsere Kunden ist dieses Bestreben erlebbar und bietet einen klaren Mehrwert. Wir sind davon überzeugt, dass diese Haltung der Motor für unseren Erfolg ist. Dafür lohnt es sich zu investieren.
Am Anfang steht die Erkenntnis, dass man Unternehmensleistungen nie perfekt entwickelt hat. Vielmehr ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess notwendig, um stetig an die optimale Erfüllung der Kundenwünsche heranzukommen. Der Methodenbaukasten des Lean-Managements ist dabei für uns das Fundament stetiger Weiterentwicklung.
Ich gebe mal ein Beispiel für die Umsetzung eines individuellen Kundenbedürfnisses. Der Bauherr eines großen Wohn- und Büroquartier in exponierter Lage in Berlin wünschte sich ein ganzheitlich nachhaltiges Quartier, angefangen bei der Planung, über die Realisierung bis hin zur DGNB-Zertifizierung. Das haben wir verstanden, in unseren Leistungskatalog aufgenommen und aus einer Hand umgesetzt.
Wie lange sind Sie schon Bauingenieur und warum? Was war Ihr bisheriger beruflicher Höhepunkt?
Seit Abschluss meines Studiums zum Bauingenieur im Jahr 1995 bin ich in der Baubranche aktiv und durfte dabei ein breites Spektrum an fachlichen Aufgaben und leitenden Funktionen ausüben. Eigentlich muss ich "ausleben" sagen, denn ich kann und will mir nicht vorstellen in einer anderen Branche zu arbeiten. Das wäre für mich zu 100 Prozent langweilig.
Woran ich mich gerne zurückerinnere ist der Bau des Mercedes Benz Museums in Stuttgart, eines der spannendsten und technisch herausforderndsten Projekte in meiner Laufbahn.
Welche Wege geht Ihr Unternehmen in punkto Personalgewinnung?
In der Baubranche befinden wir uns in einem ständigen Wettbewerb um Talente. Mitarbeiterbindung und -gewinnung werden daher bei uns groß geschrieben.
Wir setzen dabei auf Corporate Culture (Organisationskultur, d.h. Umgang im Unternehmen und außerhalb auf der Basis kultureller Wertmuster, Anm. d. Red.) und Content Recruiting (Stellenausschreibungen mit starkem inhaltlichen Fokus, Anm. d. Red.).
Ziel ist es, gemeinsame Vorstellungen, Werte und Normen im Unternehmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und neue Talente erlebbar zu machen. An dieses Ziel setzt beispielsweise unser Buddy-System (engl.: buddy = Freund, Kumpel; Anm. d. Red.) an.
Neuen Mitarbeitenden werden in ihren ersten Wochen bei der Porr erfahrene Kolleginnen oder Kollegen zur Seite gestellt, die beim Einleben am neuen Arbeitsplatz und bei der Integration in das Team mit Rat und Tat unterstützen.
Auch individuelle Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in unserer Porr Academy, die die fachliche und persönliche Entwicklung fördern, machen unsere Werte im Unternehmen erlebbar.
Bitte vervollständigen Sie den Satz: "Um erfolgreich zu planen und zu bauen kommt es in Zukunft darauf an, dass..."
...wir auf digitalem und nachhaltigem Weg die Wünsche unserer Kunden sicher und wirtschaftlich realisieren.
In welche Technik bzw. IT investiert Ihr Unternehmen? Wie digitalisiert sind Sie dabei?
Man muss sehr genau aufpassen, die richtigen Schritte zur richtigen Zeit vorzunehmen und vor allem keine Digitalisierung voranzutreiben, die an den Kunden vorbeigeht. Kundennutzen und Effizienzgewinne stehen für uns immer im Fokus. Und dabei müssen wir natürlich auch unser Personal mit auf die Reise nehmen.
Zentraler Nutzen aller Technik bzw. Digitalisierung ist es, Transparenz in den komplexen Abläufen der Projekte für unsere Kunden und die an der Realisierung beteiligten Partner zu schaffen.
Erreichen kann man dieses Ziel nur über integrierte digitale, webbasierte Systeme und Prozesse, die in Echtzeit arbeiten. Cloudlösungen sind hier perspektivisch der für die Kunden sinnvolle, weil anwenderfreundliche Weg.
Ein Beispiel, wie wir Digitalisierung und Service bei uns in der Porr verbinden, bietet unsere Baulogistikplattform. Sie ist die Basis für die Digitalisierung und Optimierung von Logistikprozessen. Über diese Plattform arbeiten mehrere Hersteller zusammen etwa an der Versorgung der Baustelle mit Baustoffen.
Alle Abwicklungsprozesse laufen hierbei digital. Jeder Partner kann jederzeit den exakten Stand der Dinge einsehen, gewinnt somit die erwünschte Transparenz und Sicherheit und kann steuernd eingreifen.
Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?
Ein auf unser Geschäft ausgerichteter Wunsch an die Politik wäre, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Bauen in Deutschland erleichtern. Darunter fallen beispielsweise zügige Genehmigungsverfahren und ein Abbau der Bürokratie.
Politik sollte sich strategisch ausrichten und damit für Unternehmen besser einschätzbar und planbar werden. Ob diese Wünsche allerdings Realität werden können, da bin ich sehr skeptisch.
Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?
Meinen Schwerpunkt lege ich derzeit auf Themen im Veränderungs- oder Change-Management. Meine Kompetenzen in diesem Bereich weiter auszubauen bedeutet einen Zugewinn für meine Führungsaufgabe.
Auch mit Blick auf die Fokusthemen "Green und Lean" sind Kenntnisse im Veränderungsmanagement sehr unterstützend.
Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?
Meine Arbeitstage sind schon sehr intensiv. Deshalb entspanne ich mich in meiner Freizeit gerne mit einem guten Buch.