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Drohender Zahlungsausfall: Honorar mittels Bürgschaft absichern

Verfasst von: Dr. Andreas Schmidt
Veröffentlicht am: 21. März 2018
Kategorie:

# 28.03.2018

Sicherheit nach § 650f BGB für Planer uneingeschränkt möglich. Anspruch bleibt nach Abnahme oder Kündigung weiter bestehen. Bürgschaft nur im Original gültig

Bürgschaften als Mittel der Honorarsicherung zulässig

Eine Bürgschaft kann für Planer als Mittel der Honorarabsicherung genutzt werden. Foto: Rainer Sturm / Pixelio
Eine Bürgschaft kann für Planer als Mittel der Honorarabsicherung genutzt werden. Foto: Rainer Sturm / Pixelio

Das Thema "Bürgschaften" ist für Sie nicht nur mit "Bringschulden" behaftet (Stichworte "Vertragserfüllungsbürgschaft" und "Gewährleistungsbürgschaft"). Sie können Bürgschaften auch selbst als Honorarsicherungsmittel einsetzen.

Diese Möglichkeit bietet Ihnen die "alte" Bauhandwerkersicherung in § 648a BGB, die im neuen BGB ab 2018 in leicht veränderter Form unter § 650f BGB "firmiert".

Nach § 650q Abs. 1 in Verbindung mit § 650f BGB kann der Unternehmer Sicherheit für den gesamten noch nicht gezahlten Werklohn verlangen, zuzüglich zehn Prozent für Nebenforderungen. Die Vorschrift gilt nicht, wenn Sie für öffentliche Auftraggeber tätig sind (§ 650f Abs. 6 BGB).


Anspruch auf Bürgschaft uneingeschränkt gültig

Der Anspruch kann vertraglich nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 650f Abs. 7 BGB). Wenn Sie also eine Sicherheit nach § 650f BGB fordern ist beispielsweise eine Vertragsklausel, nach der Sie seinerseits dem Auftraggeber eine "Gegensicherheit" stellen müssen, unwirksam - sogar als Individualvereinbarung. Dies regelt § 650f Abs. 7 BGB.

Der Anspruch auf Sicherheit nach § 650f BGB besteht selbst dann noch, wenn Ihr Auftraggeber bereits die Abnahme erklärt hat oder der Vertrag durch Kündigung beendet wurde (BGH, Urteil vom 06.03.2014, Az. VII ZR 349/12). Entscheidend ist also allein, dass Ihr Auftraggeber die vereinbarte Vergütung noch nicht vollständig bezahlt hat.


Sicherung für Bauhandwerker gilt auch für Planer

Die Vorschrift gilt auch für die planenden Berufe, wenn Sie im Rahmen eines Architekten- oder Ingenieurvertrags nach § 650p BGB tätig werden. Nicht anwendbar ist die Vorschrift auf Dienstverträge, wie zum Beispiel Projektsteuerungsverträge mit dienstvertraglichem Charakter (OLG München, Urteil vom 07.02.2017, Az. 9 U 2987/16 Bau). Folgendes Beispiel erläutert die Rechtslage:

Bei einem Bauvorhaben haben ein gewerblicher Bauherr und der Architekt ein Pauschalhonorar für die Leistungen des Architekten in Höhe von 100.000 Euro brutto vereinbart. Direkt nach Vertragsschluss kommen dem Architekten Zweifel an der Bonität des Bauherrn. Er verlangt von ihm daher eine Bankbürgschaft in Höhe von 110 Prozent der Auftragssumme (110.000 Euro).

Diese Forderung ist in sofern berechtigt, als dass es bei § 650f BGB nicht darauf ankommt, ob ein Vergütungsanspruch bereits fällig ist. Planer können vom Auftraggeber auch unmittelbar nach Vertragsschluss (wie im Beispiel) Sicherheit in Höhe Ihres gesamten voraussichtlichen Honorars fordern und zehn Prozent für Nebenforderungen aufschlagen.

Der Architekt im Beispiel kann allerdings keine Bankbürgschaft fordern, sondern nur eine Sicherheit nach § 650f BGB (z.B. Garantie eines berechtigten Kreditinstituts). Die Art der Sicherheit bestimmt der Auftraggeber.


14-Tage-Frist für Sicherheit nach § 650f BGB angemessen

Fordern Sie im Bedarfsfall von Ihrem Auftraggeber explizit eine "Sicherheit nach § 650f BGB". Geben Sie in Ihrem Schreiben die Höhe der vereinbarten Vergütung (brutto und inkl. vereinbarter Nachträge / Zusatzaufträge) an und ziehen Sie Abschlagszahlungen ab, die Sie bereits erhalten haben. Auf den so ermittelten Honoraranspruch können Sie zehn Prozent für Nebenforderungen aufschlagen.

Weisen Sie den Gesamtbetrag der Sicherheit aus und setzen Sie dem Auftraggeber eine angemessene Frist, die Sicherheit zu leisten. Zwei Wochen dürften angemessen sein, fünf Werktage sind zu kurz (BGH, Urteil vom 20.12.2010, Az. VII ZR 22/09). Tragen Sie dafür Sorge, dass Sie nachweisen können, dass der Auftraggeber das Schreiben erhalten hat.


Gegenforderungen mindern Höhe der Bürgschaft nicht

Macht Ihr Auftraggeber Gegenforderungen (Vertragsstrafe, Mängel etc.) geltend, sind diese bei der Höhe der Sicherheit nicht mindernd zu berücksichtigen.

Eine Ausnahme gilt nur in den seltenen Fällen, in denen die Gegenforderungen unstreitig sind oder bereits rechtskräftig festgestellt wurden. Alle sonstigen Gegenforderungen mindern die Höhe der Sicherheit nicht (OLG Hamm, Urteil vom 03.06.2016, Az. 12 U 99/15).


Unterschiede zu anderen Bürgschaften beachten

Die § 650f-Bürgschaft weist zwei Besonderheiten auf, die sie von anderen Bürgschaften unterscheidet:

  1. Der Anspruch muss anerkannt sein:
    Der Bürge darf Zahlungen an Sie erst leisten, wenn Ihr Auftraggeber Ihren Anspruch anerkannt hat oder ein vorläufig vollstreckbares Urteil gegen ihn vorliegt. In Streitfällen wird das schwierig sein.

    Ein Anerkenntnis liegt auch darin, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Auftraggebers Ihre Forderung zur Insolvenztabelle feststellt (LG München, Urteil vom 27.04.2016, Az. 2 O 13555/15). Diese Fälle sind gar nicht selten. Die Bank oder Versicherung muss die Bürgschaftssumme dann auszahlen.

  2. Die Bank hat ein Widerrufsrecht:
    Die Bank oder Versicherung darf sich in der Bürgschaft ein Widerrufsrecht für den Fall vorbehalten, dass sich die Vermögensverhältnisse Ihres Auftraggebers wesentlich verschlechtern. Wird er also insolvent, müssen Sie damit rechnen, dass der Bürge widerruft.

    Dieser Widerruf gilt aber nur für Vergütungsansprüche aus Leistungen, die Sie bei Zugang des Widerrufs noch nicht erbracht haben.


Bürgschafts-Sicherheit für Planer kostenfrei

Die Sicherheit in Form einer § 650f-Bürgschaft ist für Sie nicht kostenlos. Sie müssen Ihrem Auftraggeber dessen Kosten bis maximal zwei Prozent pro Jahr erstatten.

Eine Ausnahme besteht, wenn Sie die Sicherheit aufrechterhalten müssen, obwohl Einwendungen Ihres Auftraggebers gegen Ihren Vergütungsanspruch unbegründet sind. Dann muss er diese Kosten tragen.


Fehlende Sicherheit: Leistungsverweigerung oder Kündigung möglich

Leistet Ihr Auftraggeber die Sicherheit nicht innerhalb der Frist, können Sie die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen (§ 650f Abs. 5 BGB). Entscheiden Sie sich für die Leistungsverweigerung, kommen Sie während dieses Zeitraums nicht in Verzug.

Eine Kündigung sollten Sie erst dann in Erwägung ziehen, wenn Sie geprüft haben, ob die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Insbesondere müssen Sie nachweisen können, dass Sie vom Auftraggeber berechtigt eine Sicherheit gefordert haben (Zugang) und eine angemessene Frist zur Sicherheitsleistung abgelaufen ist.

Das Kündigungsrecht ist eine interessante Option, wenn Sie es mit einem schwierigen Auftraggeber zu tun haben und / oder in einem Projekt stecken, das Ihnen rote Zahlen bescheren wird.

Die Folgen einer Kündigung nach § 650f Abs. 5 BGB sind dieselben wie bei einer freien Kündigung des Auftraggebers. Sie müssen eine zweigeteilte Abrechnung aufstellen: Für erbrachte Leistungen erhalten Sie die volle Vergütung. Für nicht erbrachte Leistungen erhalten Sie die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitigen Erwerbs.


Nachfrist mit Kündigungsandrohung verbinden

Nach Ablauf einer angemessenen Frist kann dem Auftraggeber bei nicht erbrachter Sicherheitsleistung gekündigt werden. Foto: Timo Klostermeier / Pixelio
Nach Ablauf einer angemessenen Frist kann dem Auftraggeber bei nicht erbrachter Sicherheitsleistung gekündigt werden. Foto: Timo Klostermeier / Pixelio

Haben Sie Ihre Leistung zunächst eingestellt und wollen dann den Kündigungsweg einschlagen, sollten Sie dem Auftraggeber sicherheitshalber noch eine – zweite – Nachfrist zur Sicherheitsleistung setzen und dies mit der Androhung der Kündigung verbinden.

Höchstrichterlich ist nämlich noch nicht geklärt, ob es einen eigenen wichtigen Kündigungsgrund für Ihren Auftraggeber darstellt, wenn der Auftragnehmer (Sie), der sich zunächst für eine Leistungseinstellung entschieden hat, nun "plötzlich" (doch) noch kündigt.

Aufpassen müssen Sie, weil gesetzgeberisch vermutet wird, dass Ihnen im Kündigungsfall vom Honorar für die nicht erbrachten Leistungen nur fünf Prozent zustehen. Diese Vermutung ist widerlegbar.

Für Ihr Büro heißt es deshalb, sich von Vertragsbeginn an darauf einzustellen, dass Sie die "Vermutung" im Kündigungsfall widerlegen und das Honorar für die kündigungsbedingt nicht mehr erbrachten Leistungen weit über diese fünf Prozent schrauben können.


Bürgschaften nur im Original anerkannt

Legen Sie Wert darauf, dass Ihnen Bürgschaften immer im Original übergeben werden, denn nur diese werden von bürgenden Banken oder Versicherungen als für sie verbindlich angesehen. Kopien, Faxe oder E-Mails reichen nicht.

Hierfür spricht der meist in der Bürgschaftsurkunde enthaltene Satz, wonach die Bürgschaft mit der Rückgabe der Originalurkunde an den Bürgen erlöschen soll (OLG Dresden, Urteil vom 12.03.2015, Az. 10 U 1598/14).



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