Einsatz von BIM: Auswirkungen auf Leistungsbilder und Honorar
# 03.04.2017
Bundesweite Einführung der Arbeitsmethode bis 2020 geplant. Einzelverträge mit herkömmlichen Leistungsbildern für BIM-Projekte ungeeignet. Neudefinierte Grundleistungen machen Honorarerhöhung wahrscheinlich
BIM in Deutschland: Ziele und Umsetzung
Das erklärte Ziel des "Building Information Modeling" (BIM) ist es, weniger störanfällige Bauausführungen sowie präzisere Kosten- und Terminkalkulationen zu erreichen und ein Bauwerk vollständig, ohne Medienbrüche und Informationsverluste über seinen gesamten Lebenszyklus zu verwalten.
Dazu werden alle fachlichen Beiträge der Projektbeteiligten in einem System von virtuellen Modellen zusammengeführt. Aus dem konsistent aufgebauten Gesamtmodell lassen sich während des Baus zum Beispiel Bautagesberichte, Mängelverfolgungen oder Abrechnungen generieren. Als Grundlage für das Betreiben kann eine As-Built-Dokumentation geliefert werden. Schließlich wird ein genauer Soll-Ist-Abgleich ermöglicht.
In Deutschland soll der flächendeckende Einsatz von BIM-Methoden unter anderem mit dem Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vorangetrieben werden (siehe "Quellen und Verweise"). Die Deutsche Bahn will bereits ab 2017 alle Projekte nur noch mit BIM planen lassen. Das BMVI will dies für seine Projekte ab 2020 tun.
Kultur- und Methodenwandel im Bauwesen macht neue Leistungsbilder erforderlich
Der konsequente Einsatz der BIM-Methoden bringt einen Wandel gegenüber der bisherigen Planungs- und Baukultur mit sich. Der gewohnte Fokus der Beteiligten auf ihre eigene Disziplin und ihren Teil der Wertschöpfung weicht einem integrierten Blick auf den gesamten Planungsprozess und der Baurealisierung (siehe Grafik 1).
Im Zuge der digitalen Methoden verändern sich auch Zuständigkeiten und Aufgaben. Traditionelle Leistungsbilder und Abrechnungsregeln sind in den vorliegenden Regelwerken der analogen Planung in vielen Fällen nicht mehr sinnvoll, da es inzwischen effizientere, transparentere und genauere Möglichkeiten gibt.
Beim Einsatz von BIM-Methoden wird zukünftig der optimierte, integrierte, digitale Prozess der Leistungserbringung im Vordergrund stehen, so dass die jeweiligen Leistungsbilder und die bisher üblichen Regelwerke sich den modernen Erfordernissen anpassen werden. Gleichwohl lassen sich die neuen Formen der Zusammenarbeit auch mit den vorhandenen Mitteln rechtssicher gestalten, wie im Folgenden beschrieben wird.
BIM-Verträge: Mehr Details und verbindliche Standards notwendig
Für die Vereinbarung von BIM-Leistungen ist eine detailliertere Beschreibung der Leistungsinhalte notwendig, was im Grunde dem Werkvertragsprinzip des Planungsvertrags widerspricht. Zudem gilt es, einen einheitlich verbindlichen Standard für das zentrale Modellsystem zu verabreden. Dies kann idealerweise mit Gesamtplanungsverträgen oder mit kooperativen Planungsverträgen umgesetzt werden. Einzelvertragslösungen mit herkömmlichen Leistungsbildern je Fachdisziplin sind nicht geeignet.
Der Aufbau eines BIM-Gesamtmodells wird in der Praxis zunehmend von einem zentralen Kompetenzteam geleistet. Für die effiziente und erfolgreiche Umsetzung von BIM-Methoden ist eine klare und präzise Auftraggeber-Informations-Anforderung wichtig. Ebenso müssen die erforderlichen Anwendungsfälle definiert werden, die mit abstimmungsfreien Datenprozessen versorgt werden sollen (Grafik 2). Diese können zum Beispiel sein:
- modellbasierte geometrische Koordination,
- Kostenermittlung,
- Erstellen von Plänen,
- Bauleistungsabrechnung.
Anwendung der Honorarordnung in BIM-Projekten: Begrifflichkeiten umdefinieren
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist grundsätzlich methodenneutral aufgebaut, auch wenn sie noch "Zeichnungen" und "Maßstäbe" erwähnt, die auf analoge, dokumentenorientierte Methoden schließen lassen.
Diese Begriffe ließen sich leicht als "Anweisungen für die Herstellung von Bauleistungen" in verschiedenen "Detaillierungsstufen" umdefinieren. Die Form zur Übermittlung dieser "Anweisungen" sollte im Sinn des Werkvertragsrechts den Beteiligten überlassen und von diesen eindeutig festgelegt werden.
Honorarerhöhung mit Erweiterung der Grundleistungen begründbar
Die Vergütung der Leistungen kann nach wie vor über die HOAI abgewickelt werden. Ihre Leistungsbilder sehen funktional beschriebene Erfolge vor. Die Summe der Leistungsbilder im Projekt stellen die interdisziplinäre Gesamtleistung dar.
Zu beachten ist dabei, dass in vielen Fällen Grundleistungen nach HOAI um womöglich zusätzliche Anforderungen der nötigen BIM-Anwendungsfälle angepasst und erweitert werden müssen. Der Einsatz der neuen modellbasierten Methoden führt somit mittelfristig zu einem neuen Verständnis von "Grundleistungen". Sie lassen sich allerdings mit der aktuellen Systematik als Kombination aus Grund- und Besonderen Leistungen formulieren.
Eine durch BIM-Methoden verfügbare größere Planungstiefe und neue, weitergehende Anwendungen des Modells können eine Erhöhung der Honorare gegenüber den Grundleistungsgebühren begründen - insbesondere wenn der Kunde damit eine höhere Wertschöpfung erzielt.
Offene Kooperation mit geschlossener BIM-Lösung am einfachsten
Im Planungsrecht und Bauvertragsrecht stellt eine "Offene Kooperations-Regelung" eine hohe Transparenz und hohe Kooperationsbereitschaft zwischen den Partnern sicher. In der Regel sind hierbei alle Prozesse und Informationen über einen Bau offen zu legen.
Für BIM muss dabei zunächst ein konsistentes Modell mit einem durchgängigen, kompatiblen, abstimmungsfrei anwendbaren Informationsfluss festgesetzt werden (Grafik 2). Technisch gelingt dies am besten mit einer "closed BIM-Lösung", bei der nur eine Software zum Einsatz kommt.
Bei "open BIM-Methoden" arbeiten die verschiedenen Disziplinen mit unterschiedlichen Softwareprodukten, was Abstimmungs- und Koordinationsaufwand erzeugt: Die unterschiedlichen Fachmodelle werden in das offene Datenformat "IFC" (Industry Foundation Classes) exportiert und auf einer neutralen Plattform zum Gesamtmodell zusammengeführt. Dessen Qualität hängt dabei von der IFC-Implementierung der beteiligten Systeme ab.
Fazit und Ausblick: HOAI und Baurecht mittelfristig an BIM anzupassen
BIM wird die Planung, Realisierung und den Betrieb von Bauwerken grundlegend verändern. Ziel der digitalen Transformation in der Bauwirtschaft ist, eine schlanke, datengestützte, effiziente Projektabwicklung mit hoher Transparenz zu realisieren. Dafür müssen die verschiedenen Disziplinen enger kooperieren und offen kommunizieren.
Prof. Dipl.-Ing. Hans-Georg Oltmanns
ist Geschäftsführer der DhochN Digital Engineering GmbH sowie der BIM-Baumeister-Akademie gUG in Oldenburg.
QUELLEN UND VERWEISE:
Building Information Modeling: Bauindustrie für StufenplanStufenplan des BMVI zur Einführung von Building Information Modeling (BIM)
VDI-Fachkonferenz BIM im Hoch- und Infrastrukturbau