Energie- und Wärmewende: Geothermie-Branche wittert Morgenluft
GEG: Geothermie als Wärmequelle ausdrücklich erwünscht
Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) will die Bundesregierung den Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen und der Warmwasserbereitung gesetzlich verankern. Ziel ist eine verbindliche Grundlage für die Dekarbonisierung des Wärmesektors.
Sowohl im Neubau als auch in Bestandsgebäuden werden erdgekoppelte Wärmepumpen und geothermisch gespeiste Wärmenetze als sogenannte "Erfüllungsmöglichkeit" nach dem GEG anerkannt. Damit gewinnen Wärmepumpen und die Geothermie als Wärmequellen deutlich an Gewicht. Im vergangenen Herbst hatte die Bundesregierung bereits eine eigene Erdwärmekampagne beschlossen.
Leuchtturmprojekt in Schwerin: Erdwärme aus 1.300 Metern Tiefe
Welchen Stellenwert die Nutzung der Erdwärme für den Bundeskanzler hat, wurde Ende April deutlich. Zur Eröffnung des Geothermie-Heizwerkes der Stadtwerke Schwerin sprach Olaf Scholz (SPD) dabei vom "Ausflug in die Tiefe der Erde" als ein Projekt, das in die Zukunft weise. "Anders als Wind oder Sonne steht Geothermie rund um die Uhr zur Verfügung, im Sommer wie im Winter, an 365 Tagen im Jahr", so Scholz.
In Schwerin wird 56 Grad heißes Wasser aus 1.300 Metern Tiefe an der Oberfläche von vier Wärmepumpen weiter erhitzt und dann per Fernwärme in Häuser und Wohnungen geleitet. Laut der Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig (SPD), ist diese Technik bislang einmalig in Europa.
Essener Ingenieurgesellschaft DMT stellt sich als Generalunternehmer für Geothermie auf
Bis ein Geothermie-Heizwerk wie das in Schwerin in Betrieb genommen werden kann, sind diverse Planungs- und Erschließungsschritte erforderlich, darunter eine Risikoanalyse, die Standorterkundung oder die Anlagenplanung. Das Essener Ingenieur- und Consultingunternehmen DMT will sich angesichts des absehbar steigenden Bedarfs in all diesen Bereichen als Generalunternehmer etablieren und umfassende Unterstützungsmodelle zur Verfügung stellen.
DMT hat bereits eine Vielzahl an tiefengeothermische (Lagerstätten tiefer als 400 Meter) Projekten begleitet, darunter eine der größten bislang durchgeführten innerstädtischen 3D-Seismiken für die Stadtwerke München sowie die Ermittlung des geothermischen Potenzials der Region Wien (vgl. Bild 1).
Aufgrund der erhöhten Aufmerksamkeit seitens der Bundes- und Landespolitik für tiefe Geothermie in Deutschland und einer Verbesserung der Rahmenbedingungen, zum Beispiel auch durch die 2022 in Kraft getretene Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW), rechnet DMT in den kommenden Monaten und Jahren mit einer erheblich stärkeren Nachfrage nach Unterstützung bei der Projektrealisierung.
Dies wirke sich natürlich auch auf die Planung der Kapazitäten der DMT Group aus, erklärt deren Geschäftsführer Maik Tiedemann. Man sei auf ein Mehr an Beratung, Standorterkundung und Anlagen-Engineering, mit welchem sein Unternehmen nach Bewilligung der jüngst eingereichten BEW-Förderanträge rechnet, eingestellt.
Bundesverband Geothermie begrüßt Erdwärmebonus und fordert Erschließungsgesetz
Seine wirtschaftlichen Interessen lässt DMT als Hauptsponsor vom Bundesverband Geothermie (BVG) vertreten. Letzterer begrüßt, wie seine Mitgliedsunternehmen, naturgemäß die mit dem Gebäudeenergiegesetz verbundene Planungssicherheit. Erstmals werde mit dem GEG auch ein sogenannter "Erdwärmebonus" im Rahmen der Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) vorgesehen.
"Wir bewerten es positiv, dass damit die Einzelmaßnahmenförderung für Wärmepumpen, die als Wärmequelle Wasser, Erdreich oder Abwasser nutzen, nun leicht verständlich und klar benannt ist. Gleichzeitig fordern wir eine Anhebung der förderfähigen Investitionskosten von derzeit 30.000 auf 35.000 Euro", sagt BVG-Präsident Helge-Uve Braun.
Werde dies nicht berücksichtigt, sinke der effektive Fördersatz und die anfänglich höheren Investitionskosten würden nicht optimal ausgeglichen. "Die angestrebte Transformation des Wärmemarktes wird nur gelingen, wenn die Nutzung der Geothermie als erneuerbare Wärmequelle massiv vereinfacht wird. Dafür braucht es jetzt einen Maßnahmenkatalog, der den schnellen Ausbau der Geothermie-Nutzung ermöglicht", so Braun.
Für die erfolgreiche Implementierung des GEG bedürfe es jetzt eines Geothermie-Erschließungsgesetzes, welches das Ordnungsrecht und die Förderkulisse verbessere.
Gebäudeenergiegesetz und Kommunale Wärmeplanung: Geplante Koppelung erntet Lob und Kritik
Erfreut ist der BVG bereits darüber, dass das Gebäudeenergiegesetz die lange geforderte Verzahnung des Gebäudeenergiegesetzes mit der anstehenden Kommunalen Wärmeplanung aufgreife. Insbesondere der Beitrag der netzgebundenen Wärmeversorgung zur Wärmeplanung sei hier zentral.
"Denn nur wenn die Wärmenetzinfrastrukturen ausgebaut werden, kann die Geothermie optimal genutzt werden und so zur Dekarbonisierung der Wärmenetze den größtmöglichen Beitrag leisten", erklärt Verbandschef Braun.
Hauptberuflich ist Helge-Uve Braun technischer Geschäftsführer der Stadtwerke München. Diese starteten bereits im Jahr 2008 eine langfristige Strategie zur Versorgung Münchens mit erneuerbarer Wärme. Bis 2040 soll München die erste deutsche Großstadt werden, die ihre Fernwärme zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie gewinnt. Dabei wird in erster Linie auf Geothermie gesetzt. Die Stadtwerke München verfügen bereits über mehrere wärmeerzeugende Geothermie-Anlagen in der Stadt und im Großraum München.
Während München also bereits recht weit mit seiner nachhaltigen Wärmeplanung ist, gibt es andernorts noch viel zu tun. In der Verknüpfung des Gebäudeenergiegesetzes mit der Kommunalen Wärmeplanung, welche den Städten und Gemeinden auf ihrem Weg zur Klimaneutralität Schub geben soll, werden indes auch Nachteile gesehen.
So werde das GEG in der jetzigen Fassung in weiten Teilen des Landes erst ab 2026 für Städte über 100.000 Einwohner:innen beziehungsweise ab 2028 für alle anderen seine volle Wirkung entfalten, kritisiert der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Man fordere deshalb bei der Kommunalen Wärmeplanung, die nach der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren kommen soll, "mehr Ambition", so der BEE.
Bundesverband Erneuerbare Energie: Gas- oder Ölheizungen klarer von Förderung ausschließen
"Wird die Kommunale Wärmeplanung zeitlich nicht ambitionierter gefasst, kommt der angekündigten Aufstockung der Fördersätze eine noch größere Bedeutung zur Überbrückung dieses Zeitraums zu. Dass die Förderung nun mithilfe des Klima-Geschwindigkeitsbonus und der Sozialkomponente darauf ausgelegt werden soll, den Umbau auf Erneuerbare Heizungen zu beschleunigen und einkommensschwachen Eigentümer:innen den Umstieg auf Erneuerbare Heizungen zu ermöglichen, ist zu begrüßen", sagt BEE-Präsidentin Simone Peter.
Hinsichtlich der staatlichen Förderung bzw. förderfähiger Kosten für Heizungen müsse laut Peter insgesamt vor allem eines noch klarer werden: "Der Einbau von fossilen Gas- oder Ölheizungen darf nicht mehr gefördert werden. Im Sinne der Wärmewende sollten nur Erneuerbare Heizungsanlagen förderbar sein."