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Geotechnik und BIM: Wie der Baugrund ins 3D-Modell einfließt

Verfasst von: Andreas Stünkel, Jürgen Maria Schmidt, Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 21. März 2023

Lärmschutzverbandschef: BIM nützt bislang vor allem der Bauherrschaft

Die Einführung und Verwendung der BIM-Methode wird zum Teil noch kritisch gesehen. Unlängst gab der Geschäftsführer des Deutschen Verbandes für Lärmschutz an Verkehrswegen (DVLV) im Exklusivinterview mit bauingenieur24 diesbezüglich an, dass der Mehrwert einer BIM-Planung noch hauptsächlich bei den Bauherren liege. "Das Bauunternehmen, welches vor Ort die Lärmschutzwand baut, benötigt diese Detailtiefe eigentlich nicht, zumal wir in unserem Bereich seit jeher über einen hohen Grad der Vorplanung und Vorfertigung verfügen."

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Bild 1: Durch die Anwendung der BIM-Methode in der Geotechnik kann u.a. die Auffüllung, die notwendig wird, sobald ein Bauwerk in der Grube errichtet wurde, digital berechnet werden, Quelle: Contelos GmbH

BIM würde überdies für die Fachgebiete der Geotechnik und des Grundbaus bzw. Tiefbaus laut Hans-Jürgen Johannink erst einen wirklichen Sinn ergeben, wenn es eine Digitalaufnahme bzw. einen digitalen Zwilling des Untergrunds gäbe.

Genau in diese gewünschte Richtung entwickelt sich die BIM-Methode bereits. Vor noch fünf Jahren war BIM vor allem im Bereich der Gebäudeplanung mit Architektur, Statik und Haustechnik relevant, heute geht es deutlich darüber hinaus und umfasst die Gesamtheit eines Bauwerks samt Rahmenbedingungen wie Baugruben, Boden und Umwelt. Zum digitalen Modell gehören also ebenfalls Visualisierungen von Vermessern und Geländeverlauf, also die Umgebungsbedingungen.

Damit weitet sich das Bild des Bauprozesses und der ihn beeinflussenden Faktoren. Ging es früher zum Beispiel in erster Linie um Details wie die Vermeidung von Kollisionen, etwa von Rohren oder Trägern, richtet sich heute der Blick auf das große Ganze und die Realisierbarkeit eines Projektes insgesamt. Erste digitale Tools hierfür sind bereits im Einsatz.

Durchgängiger Workflow angestrebtes Ziel jeder BIM-Planung

Wie im Hochbau liegen auch im Bereich der Geotechnik Fokus und Nachfrage auf einem durchgängigen Workflow der Planung, des Baus und des Betriebs. Dieser Workflow umfasst die Ermittlung der Bodenschichten, die Berechnung der Baugruben und ihrer Auffüllung, die Planerstellung mit der Massenermittlung unter Berücksichtigung von Bauphasen, eine Planableitung mit Böschungsschraffur und den Verbau bzw. die Statikberechnung. Damit kann der Baugrund als 3D-Modell mithilfe bestimmter BIM-Software modelliert werden, aus dem die virtuelle Baugrube durch das Herausschneiden von Volumen im Modell "ausgehoben" wird.

Wie läuft die digitale Erfassung des Baugrunds und der Umgebung nun im Detail ab? Im ersten Projektschritt werden die Bodenschichten modelliert. Sie lassen sich in der jeweiligen Software aus Grunddaten von Bohrkernen und Bohraufschlüssen darstellen. Dafür werden Eckpunkte der Bohrungen linear verbunden, um den Verlauf der Schichten und ihre Dicke nachzuvollziehen. Dann können Materialkennwerte als Beschriftung hinzugefügt werden und der User kann sich Bodenkennwerte, die statisch relevant sind, anzeigen lassen. Auf dieser Grundlage kann die tragfähige Schicht für das Fundament ermittelt werden, was entscheidend ist. Schließlich darf das Bauwerk nicht kippen, es darf sich nur innerhalb bestimmter Grenzen setzen und muss deshalb auf tragfähigem Untergrund stehen.

Baugrube wird als virtuelles Gebäude betrachtet

Digital wird die Baugrube dann selbst zu einem Gebäude, einer Art Hülle, die sich in den Boden erstreckt. Die Software berechnet, wie die Baugrube konstruktiv gelöst werden kann, um zum Beispiel einen Nachrutsch des Erdreichs zu verhindern. Wichtig ist darüber hinaus die Massenermittlung auf Basis der Bauphasen. Hier muss die Reihenfolge berücksichtigt werden, damit Klarheit entsteht, wie viel Aushub wann und zu welcher Zeit wo abgenommen werden muss und wo der Grund es erlaubt, zum Beispiel Kräne aufzustellen, wo sich Rampen befinden werden und Fahrzeuge fahren oder wo Container platziert werden können.

Auch die Auffüllung, die notwendig wird, sobald ein Bauwerk in der Grube errichtet wurde, kann digital berechnet werden, was mathematisch nicht trivial ist (siehe Bild 1). Die Anwender der BIM-Software füllen die Baugrube dabei wie eine Badewanne bis zur benötigten Höhe. Die Software ermittelt, wie viel Material mit LKW heran- bzw. abtransportiert werden muss.

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Bild 2: In einer 3D-Modellierung können neben dem Bauwerk auch der Baugrund und die Umgebung visualisiert und Parameter berechnet werden. Das Modell wird so für die BIM-Methode nutzbar. Bild: Contelos GmbH

Weiter ist mit BIM eine Planableitung mit Böschungsschraffur möglich, um den genauen Verlauf der Baugrube, ihre Schrägen und gekrümmte Bereiche abbilden zu können. Die Herausforderung bzw. Anforderung besteht hier in der Eindeutigkeit des Plans. Er muss aufzeigen, wo was und in welche Richtung ausgehoben werden soll. Diese Klarheit fehlt oft und es ist zum Beispiel nicht immer ersichtlich, wo sich ein Gefälle befindet. Manuelle Pläne oder 2D-Zeichnungen müssen mit solchen Informationen nachbearbeitet werden, was bislang viel Zeit kostet.

Am Ende der digitalen Modellierung wird die Statik für den Verbau berechnet. Dafür sind geotechnische Daten relevant, etwa um zu ermitteln, ob eine Böschung stabil genug ist oder abzurutschen droht, wie dick Stahlträger sein müssen und wie tief und in welcher Höhe Anker angebracht werden müssen.

Baugrundschnitte und Pläne mit BIM weniger fehleranfällig 

Im analogen Zeitalter erfolgten die einzelnen Berechnungen der Projektschritte als losgelöste Prozesse an unterschiedlichen Modellen, was viel Interpretations- und Konvertierungsarbeit erforderte. Auch Zeichnungen und Schnitte wurden aus verschiedenen Vorlagen generiert. Da ein 3D-Modell als einheitliche Grundlage fehlte, war eine hohe Abstimmungsarbeit zwischen den Beteiligten notwendig und Unklarheiten an der Tagesordnung.

Mit BIM werden die Daten der spezialisierten Planungsbüros zusammengeführt und deren einfache Weiterverarbeitung erlaubt. Das 3D-Modell bietet dann die Chance, die notwendigen Informationen für alle Beteiligten, wie zum Beispiel Vermesser, Konstrukteure und Statiker, vorzuhalten. Aus dem Modell können sich die Gewerke Informationen für Berechnungen, die Konstruktion oder die Auswertung der Massen ziehen, etwa in Form von Schnitten und Ansichten.

Gerade, wenn sich das Bauwerk durch neue Abmessungen und Maße verändert, ergeben sich Änderungen und damit neue Bedingungen für die anzupassende Baugrube. Die Statikberechnung muss aktualisiert werden. Das Gleiche gilt für die Bodenschichten, weshalb eine durchgängige Anbindung der Geotechnik an ein BIM-Modell essenziell ist. Änderungen schlagen sich hier sofort nieder und sind für alle Anwendenden sichtbar. Doppeleingaben werden vermieden, Vertipper bei Überträgen entfallen und Fehler können reduziert werden.

Ohne BIM kann es passieren, dass ein Schnitt nicht zum Modell passt oder eine Berechnung davon abweicht. Insgesamt werden mit BIM Fehler früher entdeckt und es kann rechtzeitig gegengesteuert werden, was sich positiv auf sonstige Folgekosten auswirkt. Nicht zuletzt kann eine Bauherrschaft auf Basis einheitlicher und valider Daten besser und schnellere Entscheidungen treffen, da die Auswirkungen am BIM-Modell gezeigt werden können und somit bekannt sind.

Um die beschriebenen Funktionalitäten (geologisches Modell, Massenermittlung, Planung von Baugruben, statische Berechnung, Konstruktion und Planerstellung auf Basis eines Datenmodells) beim BIM-basierten Planen und Bauen vollumfänglich nutzen zu können, empfiehlt sich neben einer Basis-Software als Hauptplattform die Erweiterung durch zusätzliche Spezialsoftwarelösungen.

Gastautoren des Beitrags: Andreas Stünkel von der Contelos GmbH und Jürgen Maria Schmidt von der FIDES DV-Partner GmbH