Gerhard Neumair (SWM): Wir sind an allen relevanten ÖPNV-Projekten in München beteiligt
Gerhard Neumair...
leitet das Baumanagement im Bereich Verkehrsinfrastruktur der Stadtwerke München GmbH (SWM). Mit über 11.000 Beschäftigten gehört die SWM zu den größten kommunalen Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen Deutschlands.
Aufgeteilt in fünf Teams sind in der Abteilung insgesamt 110 Mitarbeitende für die Baudurchführung und das Baumanagement, jeweils im Bereich U-Bahn und Oberfläche (150 Bauwerke), sowie für die Bauwerksprüfung und Bauwerksdiagnostik zuständig. Hinzu kommen verschiedene Querschnittsfunktionen, darunter die Finanzplanung oder die Betreuung von Bauvorhaben Dritter in der Nähe der Verkehrsbauwerke.
Herr Neumair, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?
Eine der größten Herausforderungen meiner Tätigkeit ist die Vielzahl an unterschiedlichen Projekten mit unterschiedlichen Größenordnungen. Ein aktuelles Beispiel ist das Modernisierungsprojekt "Sendlinger Tor", welches die Komplettentkernung und den Neubau unter laufendem Betrieb beinhaltet.
Daneben findet gleichzeitig eine Vielzahl an weiteren Sanierungsprojekten mit unterschiedlichem Projektvolumen statt, die aufgrund alternder Bausubstanz und neuer gesetzlicher Anforderungen, zum Beispiel an den Brandschutz, durchzuführen sind.
Ebenso auf der Agenda steht die von der Politik und den Bürgerinnen und Bürgern gewünschte Mobilitätswende, welche zeitnah umgesetzt werden soll. Dazu gehört die Anpassung der baulichen Infrastruktur, aber auch der Einsatz von mehr öffentlichen Verkehrsmitteln sowie der laufende Unterhalt der Gebäude mit kleineren wiederkehrenden Reparaturen und Instandsetzungen, um die Langlebigkeit der Gebäude und der Technik sicherzustellen.
Ein wichtiger Baustein für all diese Maßnahmen ist die Personalgewinnung. Wir benötigen dafür sowohl Facharbeiter:innen, Meister:innen und Techniker:innen als auch Ingenieur:innen. Hinzu kommen das Halten und die Weiterentwicklung der bestehenden Mitarbeiter:innen. Wir haben vom Taucher bis zum Industriekletterer alles im Einsatz.
Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum? Was war Ihr bisheriger beruflicher Höhepunkt?
Ich bin nun schon seit 40 Jahren in der Baubranche tätig und davon über 25 Jahre bei den SWM im Bereich Mobilität. Hier kann ich "Altes erhalten" mit "Neues erschaffen" vereinen und mich gleichzeitig sinnvoll für die Gesellschaft einbringen.
Mein beruflicher Höhepunkt war der Aufbau meiner Mannschaft von praktisch Niemandem auf ein Team von über 100 motivierten Mitarbeiter:innen. Darauf bin ich sehr stolz, denn ich habe ein Mitarbeiterteam und einen Kollegenkreis, den ich sehr schätze und mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite.
Neben dem Aufbau meines Teams bin ich sehr stolz darauf, dass wir bei allen relevanten ÖPNV-Projekten in München beteiligt sind und auch diverse Sanierungsprojekte unter laufendem Betrieb in Eigenregie umsetzen können. Hier arbeiten wir auch mit verschiedenen Hochschulen zusammen und beteiligen uns an Forschungsprojekten, um die Verkehrsinfrastruktur sicher betreiben zu können.
Welche Wege geht Ihr Unternehmen in punkto Personalgewinnung?
Unsere Maßnahmen zur Personalgewinnung sind breit gefächert und speziell auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten. Das reicht von crossmedialen Kampagnen, über sehr niederschwellige Eventformate, bei denen man sich direkt vor Ort bewerben kann, bis hin zur Präsenz auf unseren Social-Media-Kanälen. Hier sind wir natürlich besonders gefragt, denn die Gewinnung neuer Kolleg:innen verstehen wir als gemeinschaftliche Aufgabe zwischen uns als Fachbereich und dem Personalgewinnungsteam.
Beim Recruiting setzen wir insbesondere auf authentische Einblicke in den Arbeitsalltag sowie die Nutzung unserer Netzwerke. Nicht zuletzt deshalb trägt das Programm "Mitarbeitende werben Mitarbeitende" entsprechend Früchte.
Darüber hinaus setzen wir auch stark auf die Nachwuchsgewinnung, indem wir Exkursionen für Studierende organisieren und Plätze für Praktika, Werkstudierendentätigkeiten sowie Abschlussarbeiten anbieten.
Seit zwei Jahren bieten wir auch ein Duales Studium im Bereich Bauingenieurwesen an, für das ich als Fachlicher Ansprechpartner zur Hochschule zur Verfügung stehe.
Bitte vervollständigen Sie den Satz: "Um erfolgreich zu planen und zu bauen kommt es in Zukunft darauf an, dass..."
… alle internen und externen Räder ineinandergreifen, von der Terminsetzung über die Finanzierung bis hin zur baulichen Umsetzung. Die Verzahnung sämtlicher Projektbeteiligter muss funktionieren. Und auch die Betreiberbelange müssen berücksichtigt werden. Es hilft nichts, wenn ein Bauwerk zur Eröffnung schön ausschaut, aber nur unter großem Aufwand zu unterhalten ist.
In welche Technik investiert Ihr Unternehmen? Wie digitalisiert sind Sie dabei?
Die Stadtwerke München investieren stark in zukunftsorientierte Methoden bei der Bauwerksprüfung und dem Betrieb von Tunnel und Bahnhöfen.
Die Befahrung von Bahnhöfen und Tunnel mittels Mobile Mapping Systemen liefern ein digitales Abbild, einen sogenannten digitalen Zwilling unserer Verkehrsinfrastruktur inklusive präziser Laserscandaten und Bildaufnahmen des Bauwerks mit detaillierten Informationen über die räumliche Geometrie und die Oberfläche.
Im Rahmen der Bauwerksprüfung können mit den gewonnenen Daten selbst kleine Veränderungen, Risse, Hohlstellen oder Abnutzungen erkannt und darauf aufbauend Sanierungskonzepte entwickelt werden. Im Gegensatz zur herkömmlichen, sehr aufwendigen Prüfung durch händisches Abklopfen der Bauwerksstrukturen ist dieses Verfahren deutlich effizienter und genauer.
Die Verwendung der Daten in webbasierten Anwendungen ermöglichen unseren Mitarbeiter:innen virtuelle Begehungen der Verkehrsinfrastruktur mit entsprechenden Mess- und Auswertefunktionen. Mittels Schnittstellen können hier auch weiterführende Daten, wie technische Spezifikationen, Herstellerinformationen, Wartungsanleitungen, Prüf- und Wartungsprotokolle, Betriebsparameter, etc., direkt mit den digital aufgenommenen technischen Anlagen, wie zum Beispiel Sprinkler, Pumpen und Leitungen, verlinkt werden.
Die Laserscandaten der Verkehrsinfrastruktur werden auch für weitere Anwendungsfelder, wie Lichtraumprüfung, Aktualisierung von Bestandsplänen, automatische Erfassung von Bestandsobjekten und last but not least zur digitalen Erstellung von räumlichen Modellen, als Grundlage für Building Information Modelling verwendet. Die darauf aufbauenden BIM-Prozesse bilden den gesamten Lebenszyklus eines Neubaus bzw. eines Bestandsgebäudes von dessen Planung bis zum Betrieb ab.
Schlussendlich prüfen wir aktuell anhand von zwei konkreten Anwendungsfällen eine Software mit der sowohl intern als auch extern erstellte Planungs- und Ausschreibungsunterlagen automatisiert geprüft werden können. Hierbei kann unter anderem festgestellt werden, ob Pläne den gültigen Vorschriften oder internen Standards entsprechen. Zusätzlich erhoffen wir uns, dass Planprüfprozesse effizienter gestaltet und Planungsfehler frühzeitig erkannt werden können. Gleichzeitig sind solche Software-Lösungen dafür geeignet, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?
Mein konkreter Wunsch lautet: Lasst uns einfach nur Bauen und nicht in der Bürokratie untergehen! Zudem müssen Förderverfahren beschleunigt werden, da 14 Monate für eine Unbedenklichkeitsbescheinigung einfach viel zu lang sind.
Wenn Sie in anderen Bereichen der Mobilität nachfragen würden, kämen mit Sicherheit noch Punkte wie die Finanzierungssicherheit der Verkehrswende und mehr Mut für unbequeme Entscheidungen zu Gunsten des ÖPNV, wenn der Individualverkehr betroffen ist.
Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang auch, dass langfristige Entscheidungen, die über die aktuelle Legislaturperiode hinaus gehen, gefasst werden. Zusätzliche Tramtrassen für volumenstärkere Fahrzeuge würden auch helfen. Bei der Erschließung von "Wohn-Neubaugebieten" sollte man außerdem den ÖPNV prioritär mit einplanen.
Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?
Ich nehme am sogenannten Management-Update-Programm, kurz M/Up, für langjährige Führungskräfte teil. Dieses unterstützt erfahrene Führungskräfte der SWM in ihrer kontinuierlichen Reflexion und Weiterentwicklung. Es soll die Führungskräfte in ihrer Führungsrolle wie auch persönlich stärken. Es ist eingebettet in die strategische Initiative "Exzellent Führen" mit dem Ziel, Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.
Hinzu kommen weitere Schulungen, die für meine Tätigkeit bzw. für die Erledigung meiner Tätigkeiten erforderlich sind.
Wofür begeistern Sie sich nach Feierabend?
Grundsätzlich nicht mehr für die Arbeit (lacht). Aber im Ernst. Ich bin im Ehrenamt Leichtathletik-Trainer und freue mich hier über jeden Erfolg des Nachwuchses.
Außerdem verbringe ich meine freie Zeit gerne mit der Familie, mit Freunden und im Garten. Hier kann ich Kraft tanken, meine Gedanken schweifen lassen und Energie für die nächsten zehn Jahre bei der SWM sammeln.