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Hans-Ulrich Smoltczyk im Alter von 94 Jahren verstorben

Verfasst von: Prof. Dr.-Ing. Norbert Vogt | Technische Universität München
Veröffentlicht am: 17. Feb. 2023

Hans-Ulrich Smoltczyk war ein herausragender Bauingenieur, der an der TU Berlin mit 24 Jahren sein Diplom machte und schon mit 27 Jahren promovierte (Beitrag zur Ermittlung der Feingeschiebe-Mengenganglinie). Nach seiner Habilitation (Ermittlung eingeschränkt plastischer Verformungen in Sand unter Flachfundamenten. Ernst & Sohn, 1960) und Berufung als Privatdozent wechselte er in die Grundbaupraxis zur Philipp Holzmann AG nach Hamburg.

Smoltczyk
Hans-Ulrich Smoltczyk, geboren am 21. Oktober 1928 in Berlin, ist am 28. Januar 2023 im Alter von 94 Jahren verstorben.

 

Bereits in den 1960er-Jahren war er durch wissenschaftliche Publikationen international bekannt. Er kümmerte sich auch um die Wiederaufnahme der durch das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg getrennten Beziehungen zu Kollegen in der angelsächsischen Welt und in Skandinavien. Seine Berufung 1969 auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Bodenmechanik und Grundbau an der Universität Stuttgart war ein selbstverständlicher Schritt auf der Karriereleiter. Er war einer der ersten Professoren in Deutschland, der für die Studenten ein Manuskript seiner Vorlesungen herausgab, womit sich das lästige Mitschreiben erübrigte. Sein Skript wurde weit über seinen Schülerkreis hinaus zu einem wertvollen Nachschlagewerk. Für ihn war es erfüllend, sein Wissen und seine Überlegungen zu Papier zu bringen und zu verbreiten. Im Laufe der Jahre bis 1994 haben etwa 40 seiner Schüler am Lehrstuhl in Stuttgart promoviert bzw. sich habilitiert.

Früh hat Herr Prof. Smoltczyk internationale Beziehungen gepflegt und besonders durch den Eisernen Vorhang hindurch, auch auf etlichen Reisen, die Kontakte zu den osteuropäischen Kollegen hergestellt und sie zu Besuchen und Tagungen eingeladen. Durch seinen Vorsitz in der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik konnte er hier besonders fördernd wirken. Vor allem die alle zwei Jahre in verschiedenen Großstädten stattfindenden Deutschen Baugrundtagungen waren unter der Ägide von Prof. Smoltczyk und auch seiner Frau für die geotechnische Gemeinschaft ein besonderes gesellschaftliches Ereignis.

Ein Meilenstein in seinem Wirken in der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik war die Herausgabe der ersten deutschsprachigen Fachzeitschrift, der Geotechnik, die inzwischen zunehmend auch international beachtet wird. Seine netten Glossen und gelegentlich auch kleine Gedichte waren eine Besonderheit der Zeitschrift. Weiterhin hat er das Grundbautaschenbuch, Standardwerk der Geotechnik und Bündelung unseres Fachwissens, als Autor und Herausgeber über eine lange Zeit weiterentwickelt und geprägt. Sein großes Anliegen war auch als Vizepräsident der Internationalen Gesellschaft für Geotechnik die Schaffung eines europäischen Normenwerkes für das Bauingenieurwesen, das mittlerweile europaweit eingeführt ist und an dessen Teil EC 7 – Geotechnik – er über viele Jahre mitgearbeitet hat. Für seine Verdienste um die Geotechnik wurde er zum Ehrenvorsitzenden der DGGT ernannt.

Die TU Dresden würdigte 1994 sein fachliches Schaffen und seine Verdienste um die Beziehungen zu den osteuropäischen Nachbarn mit dem Ehrendoktor. 1999 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen. Abseits der fachlichen Aspekte war Hans-Ulrich Smoltczyk auch sozial und politisch interessiert und engagiert. So war er z.B. Gründungsmitglied der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Als an praktischen Aufgaben interessierter Wissenschaftler gründete er 1976 ein Baugrundinstitut. In der Smoltczyk und Partner GmbH ist heute die dritte und vierte Generation geotechnisch beratend tätig.

Hans-Ulrich Smoltczyk war absolut integer, aufgeschlossen, diszipliniert, hoch qualifiziert und erfahren, dabei ein liebenswerter, gebildeter Menschenfreund, der sein Umfeld uneigennützig motivierte, förderte und bereicherte sowie international Beziehungen pflegte. Die deutsche geotechnische Fachwelt blickt dankbar auf ihn zurück und wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.