Honorar: Wachstumsfalle Stundensatz
- Zeitbasierte Berechnungsbasis verhindert Umsatzzuwachs
- Bezahlung nach Stunden angesichts des Berufsrisikos nicht rentabel
- Höheres Wachstum nur durch Fixhonorare auf sämtliche Leistungen zu erreichen
Appell an Ingenieure: Wertbasierte Honorare durchsetzen
Bevor Sie jetzt aussteigen: Ich weiß, dass es zahlreiche Auftraggeber gibt, bei denen Sie aus beliebigen Gründen nicht aus der Berechnungsbasis "Stunden" herauskommen. Aber: Ich weiß auch, dass immer dann, wenn ich z.B. in meinem Mentoren-Programm oder auf einem meiner Seminare das Thema "wertbasiertes Honorar" oder "Fixhonorar" anspreche, sich ein Ingenieur zu erkennen gibt, der verdeutlicht, wie man Festhonorare, ja, wertbasierte Honorare durchsetzen kann.
Und das selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass viele Auftraggeber es einfach gewohnt sind, in Stunden zu denken und viele Leistungen der HOAI unterliegen bzw. bei öffentlichen Auftraggebern erbracht werden.
Stundenhonorar: Hohes Risiko, wenig Gewinn
Wenn ich höre, dass in Ingenieurbüros mit Stundensätzen von 40, 60, 80 oder 120 Euro gearbeitet wird, frage ich mich – und meine Gegenüber –, wie man damit Geld verdienen, geschweige denn, ein Unternehmen zum Florieren bringen kann.
Oh, man stellt einfach mehr Leute ein, die man dann zu diesen Stundensätzen am Markt verkauft. Klar, daran hätte ich natürlich denken können. Dass dies die Komplexität, das Risiko, das Hamsterrad verschärft, will nur niemand hören.
Beispiel-Rechnung 1: Angestellter im Planungsbüro
Sechzig Euro pro Stunde sind 480 Euro am Tag bei Vollauslastung. Bei 80 Prozent Jahresauslastung (Welcher Mitarbeiter hat das?) und 220 realistischen Arbeitstagen nach Abzug von Wochenenden, Urlaub, Feiertagen, ohne Berücksichtigung von Krankheitstagen ergibt sich ein Umsatz von 85.000 Euro. Was sind die Gehaltskosten? 50.000 Euro? 60.000? Addieren wir Lohnnebenkosten von nur 25 Prozent, sind wir bei 62.500 bis 75.000 Euro.
Das bedeutet eine Differenz von 10.000 bis 22.500 Euro, nicht eingerechnet Arbeitsplatzkosten, Altersversorgung, Fahrzeugkosten, Sekretariatskosten, und so weiter. Selbst, wenn sich der Gewinn nur aus der obigen Rechnung ergäbe (was nicht der Fall ist) und wir einen Steuersatz von 40 Prozent unterstellen, kämen wir auf 6.000 bis 13.500 Euro. Dafür das ganze Risiko?
Beispiel-Rechnung 2: Bauingenieur als Freiberufler
Ein Ingenieur ist Einzel-Freiberufler und berechnet 150 Euro pro Stunde, also 1.200 Euro pro Tag. Es darf eine Auslastung von 60 Prozent realistisch unterstellt werden, denn es müssen Zeiten für Marketing, Kundenakquisition, Administration, usw. eingerechnet werden.
Wir kommen bei dieser Rechnung auf einen Honorarumsatz von ca. 160.000 Euro – vor Steuern und jede Stunde muss mühsam verkauft werden. Selbst bei einer Auslastung von 80 Prozent kommen wir nur auf knapp über 211.000 Euro. Dabei ist der Ingenieur dann aber an 176 Tagen im Jahr jeweils acht bezahlte Stunden im Kundeneinsatz.
Zeitbasiertes Honorar setzt Wachstumsgrenzen
Stundenhonorare sind eine Wachstumsfalle. Selbst dann, wenn Sie 220 oder 250 Tage im Jahr zu Ihren Stundensätzen voll ausgelastet sind, ist die Grenze des Wachstums irgendwann erreicht. Wie lange wollen Sie arbeiten? 365 Tage im Jahr, 24 Stunden lang? Dann ist schließlich wirklich Schluss.
Prof. Dr. Guido Quelle
ist geschäftsführender Gesellschafter der Mandat Managementberatung in Dortmund mit Büros in London und New York. In einem speziellen Mentoren-Programm berät er unter anderem beratende Ingenieure auf ihrem Weg zum Wachstum. Erlebbar ist Prof. Quelle (guido.quelle@mandat.de) zum Beispiel auf dem zweiten "Power-Tag für beratende Ingenieure" am 29. Oktober 2014 in Köln.