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Honorar: Wie man die Mindestsatzfrage in laufenden Verträgen klärt

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Osterode/Harz
Veröffentlicht am: 22. Nov. 2019
Kategorie:

# 26.11.2019

Honorarvereinbarungen auf Basis der HOAI von EuGH-Entscheidung unberührt. Anpassungen in Schlussrechnung weiterhin möglich. Mindestsatz unterschreitende Regelungen im Einzelfall prüfen

Auswirkungen des EuGH-Urteils für Planer derzeit oft unklar

Der HOAI-Mindestsatz sorgt weiter für Unsicherheit. Foto: Uschi Dreiucker / Pixelio
Der HOAI-Mindestsatz sorgt weiter für Unsicherheit. Foto: Uschi Dreiucker / Pixelio

Welche Auswirkungen hat die EuGH-Entscheidung (vgl. Quellen und Verweise) auf abgeschlossene Planungsverträge?

Wann kann der Mindestsatz durchgesetzt werden bzw. eingeklagt werden?

Diese und andere Fragestellungen beschäftigen aktuell viele Planungsbüros.

Im Folgenden werden mögliche Konstellationen vorgestellt und die Erfolgschancen für individuelle Verträge abgeleitet.


Fall 1: Honorarvereinbarung auf Grundlage der HOAI

Das EuGH-Urteil spielt für den Planer keine Rolle, wenn er oder sie im Vertrag alle Leistungs- und Honorarkomponenten auf der Grundlage des HOAI–Verordnungstextes vereinbart hat.


Fall 2: HOAI mit Vorrang vor gelebter Praxis

In vielen Verträgen ist alles nach HOAI geregelt und dennoch wurden im Tagesgeschäft (oft unbewusst) Mindestsatzunterschreitungen praktiziert. Das kann zum Beispiel passieren, wenn in Abschlagsrechnungen

  • getrennte Objekte bei Gebäuden versehentlich zusammengefasst wurden,
  • Anlagengruppen bei der Technischen Ausrüstung versehentlich zusammengefasst wurden,
  • die mitverarbeitete Bausubstanz beim Honorar nicht ausreichend gewürdigt worden ist oder
  • die Planung ständig geändert wurde, ohne dies abzurechnen.
Hier ist die Lage ebenfalls klar: Planer dürfen hier Anpassungen (auch in der Schlussrechnung) vornehmen und sich dann final an der vertraglichen Regelung orientieren. Die Rechtsgrundlage ist (wie in Fall 1) die getroffene vertragliche Vereinbarung und nicht die HOAI. Das liegt daran, dass die HOAI in diesem Fall nicht kraft Verordnung, sondern kraft individueller vertraglicher Vereinbarung gilt.


Fall 3: Mindestsatz unterschreitende Vertragsregelungen

Anders sieht es aus, wenn im Vertrag die eine oder andere Mindestsatz unterschreitende Vereinbarung getroffen wurde. Dann wird eine andere Anspruchsgrundlage benötigt, um das Honorar anpassen zu können.


Fazit: Jeden Fall im Gesamtkontext der Vereinbarung betrachten

Es muss für jeden Einzelfall separat entschieden werden, wie er im Hinblick auf die EuGH-Entscheidung honorartechnisch zu lösen ist. Bei "Mindestsatz-Anpassungsbestrebungen" kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang an, in dem die jeweilige Regelung bzw. Vereinbarung getroffen worden ist.



QUELLEN UND VERWEISE:

Nach EuGH-Urteil: HOAI muss angepasst werden
HOAI-Klage: Was bei Vertragsabschlüssen derzeit zu beachten ist
Planungsbüro professionell (PBP)