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Kommentar zum neuen KFN-Programm: Geld allein baut keine Wohnungen – Die Randbedingungen machen den Unterschied

Verfasst von: Bernhard Hauke | Chefredakteur nbau
Veröffentlicht am: 11. Feb. 2023

Die lange angekündigte Neubauförderung, Wohnungsbauförderung, Nachhaltiges-Bauen-Förderung oder im Verwaltungsdeutsch: Bundesförderung für Effiziente Gebäude (BEG) – Klimafreundlicher Neubau (KFN) ist da. Gut Ding braucht Weile, aber die Verkündung der neuen Förderkonditionen erst gut einen Monat vor Inkrafttreten bringt eben auch nicht das im vergangenen Jahr ob des vielleicht fachlich richtigen, aber abrupten Umsteuerns zu Bruch gegangene Vertrauen der Baubranche in die Bundesregierung zurück. Gut ist auf jeden Fall, dass die Neubauförderung vom Wirtschafts- und Klimaschutzministerium auf das Bauministerium übergeht. Eben für die Bauthemen gibt es ja das vielgewünschte Bundesbauministerium auch. Das alte BEG-Förderprogramm soll weiterlaufen, bis das neue auch wirklich steht, planmäßig ab 1. März.

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nbau-Chefredakteur Dr. Bernhard Hauke kommentiert die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude – Klimafreundlicher Neubau (KFN). Quelle: Luhnen-Lichtkunst Fotografie

Bundesbauministerin Klara Geywitz als neue Hüterin dieses Fördertopfes hat sicher recht, dass klimagerechtes Bauen heute keine Kann- sondern eine Muss-Entscheidung sein sollte. Auch kann der so wichtige freifinanzierte Wohnungsbau weder durch Zwang noch durch staatliche Dauersubventionen entstehen. Aber die Baubranche und das Bundesbauministerium können dazu beitragen, dass dieser Wohnungsbau durch Planungsbeschleunigung und Modernisierung des Bauens wieder rentabel wird, so die Ministerin kürzlich. Oder mit anderen Worten: Geld alleine baut noch keine Wohnungen und schon gleich gar nicht nachhaltig. Es sind die Randbedingungen, stupid. 

Aber erst mal zur neuen Richtline für die Bundesförderung für effiziente Gebäude – Klimafreundlicher Neubau (KFN). Unsere Regelungen sind gerne umfassend und wollen meist viel auf einmal. Die KFN-Richtline gilt sowohl für Wohngebäude als auch für Nichtwohngebäude – also für fast alle Gebäude. Kleine Einschränkung: das Gebäudeenergiegesetz muss anwendbar sein. Es ist gut, dass sich die Förderung klimafreundlichen Bauens, anders als oft wahrgenommen, nicht mit den Wohnbauten erschöpft. Andererseits drückt es im Wohnungsbau schon seit längerem und wohl auch noch für absehbare Zeit am meisten, so dass ich mich schon frage, wie da der Topf für alles reichen soll.

Weiter muss zwischen der kleinen Förderung für den energetischen Standard Effizienzhaus 40 (EH 40) und reduzierte Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus nach dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) sowie der ganz kleinen Förderung nur für EH 40 gewählt werden. Gut, niemand kann es allen recht machen und es gab auch Wünsche nach unzeitgemäßer Förderung ohne jegliche Nachhaltigkeitsanforderungen.

Ist es nicht Konsens, dass Energieeffizienz ohne Betrachtung der Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus zu kurz gesprungen ist?

Aber wäre es in Anbetracht der dringend erforderlichen Bauwende nicht sinnvoll gewesen, die Anforderungen aus EH 40 und QNG zu verschmelzen? Ist es nicht schon seit geraumer Zeit fachlicher Konsens, dass die Betrachtung der Energieeffizienz ohne Berücksichtigung der Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus zu kurz gesprungen ist? Ein klassischer Kompromiss des Umsetzbaren vielleicht. Ich hoffe wir bereuen die kleinen Schritte nicht schon bald. Michael Halstenberg argumentiert wohl richtig, dass ohne grundlegende Änderungen und deutlich radikalere Maßnahmen der Gebäudebereich die Klimaziele klar verfehlen wird.

In der Bau- und Immobilienbranche war das Echo teilweise noch deutlich negativer. Quasi allen ist gemein, dass das Fördervolumen als zu niedrig eingestuft wird. Allerdings, das Programm heißt Klimafreundlicher Neubau und nicht Inflationsausgleich, Fachkräftefond oder Baukonjunkturhilfe. So hatte die Bundesingenieurkammer eine Förderung ohne QNG und Zertifizierung gefordert. Sicher, das Prozedere mit Energieeffizienz-Expert:innen und QNG-Nachhaltigkeits-Expert:innen ist überkomplex. So wie Energieeffizienz alleine zumindest beim Neubau überholt ist, müssen auch die Fachexpertisen zusammen geführt werden. Und warum eigentlich Nachhaltigkeit weglassen? Dann doch lieber bei der Komplexität sparen.

Die Gebäudeklasse E mit mehr Gestaltungsfreiheit für Experimentieren und Einfaches Bauen ist so eine Richtung (welche der Bayerische Landtag gerade für Bayern auf den Weg gebracht hat) oder das verantwortungsvolle Anpassen der zum Teil sehr hohen und eben auch teuren Baustandards wie zum Beispiel im Schallschutz oder beim Brandschutz mit direkter Auswirkung auf die jeweils verbaute graue Energie.

Das sind Dinge, die neben Mut zu Verantwortung und Veränderung aber insbesondere einer entsprechenden rechtlichen Absicherung bedürfen, weniger einer finanziellen. Auch gibt es mittlerweile viel zu viele Förderprogramme von Bund, Ländern und Gemeinden. Ob da überhaupt noch jemand jederzeit in Gänze durchblickt? Es wird Zeit, dass zumindest Bund und Länder ihre Förderprogramme abstimmen, reduzieren und zusammen führen.

ZIA-Präsident Andreas Mattner fordert statt der nun angekündigten 1,1 Milliarden Euro einen Deka-Wumms von 10 Milliarden Euro für den Neubau, um gleich noch die Baukonjunktur zu beleben und die Wohnungsfrage mit zu lösen. Mögen Kanzler, Wirtschafts- und Bundesfinanzminister, die hier versammelt adressiert wurden, hier standhaft bleiben und die Bundesbauministerin bitte auch. Förderung des Neubaus kann es konsequenterweise nur noch in Bestandsgebäuden geben, argumentiert Michael Halstenberg etwas zugespitzt aber durchaus richtig, und Förderung des Wohnungsbaues eigentlich auch nur in den Wachstumszentren dieser Republik.

Von der Bundesregierung war auch schon zu hören, dass die vielzitierten 400.000 Wohnungen eigentlich überwiegend im Bestand realisiert werden sollten. Wenn dem so wäre (woran leider gezweifelt werden muss), dann ist der Neubau-Fördertopf doch nicht so klein. Gleichzeitig müsste jedoch der Löwenanteil der (Wohnbau-)Förderung, die weiterhin beim Wirtschafts- und Klimaschutzministerium verbleibt, nicht nur in die (energetische) Sanierung, sondern vermehrt in die Schaffung von Wohnraum im Gebäudebestand fließen. Wichtige Steuerungsgröße sollte dann die CO2-Gesamtbilanz über den Lebenszyklus sein.

Und warum nicht auch ein CO2-Budget pro Quadratmeter Nettogrundfläche einführen, gegen das geplant werden muss und dass vielleicht sogar gehandelt werden könnte. Dann würden sich endlich noch mehr Innovationen und technisch anspruchsvolle Sanierungen und Umbauten lohnen. Es lebe die wiederentdeckte Umbaukultur!

Als Ingenieur oder Architektin ist doch der Anspruch der (Umbau-)Aufgaben mehr als erfreulich und als entsprechend aufgestellte Baufirma eigentlich auch. Brauchen wir also wirklich so viel mehr Fördergeld oder doch besser zuvorderst Hilfe zur Selbsthilfe durch deutlich bessere regulatorische und rechtliche Rahmenbedingungen, welche die Innovationskräfte der Baubranche noch deutlich mehr freisetzen? Ich denke die Randbedingungen machen den Unterschied.