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Kommunale Verkehrsinfrastruktur: Wie eine deutsche Kreisstadt die Mobilitätswende angeht

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 13. März 2024

Mobilitätswende als Bestandteil integrierter Stadtentwicklungskonzepte

In den Städten und Gemeinden wird die Umstellung auf nachhaltigere Formen des menschlichen Lebens und Wirtschaftens konkret. Dieser allgemein als Transformation beschriebene Wandel berührt die Arbeit von Bauingenieuren besonders an der Stelle, wo es um die Verkehrsinfrastruktur geht.

Stade
Die Kreis- und Hansestadt Stade will mit einem integrierten Stadtentwicklungskonzept bis 2045 klimaneutral werden. Dazu wird eine Mobilitätswende (mehr Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung und weniger Autoverkehr) angestrebt. Foto: Martin Elsen

In Anlehnung an die Infrastrukturbereiche Energie und Wärme wird in diesem Zusammenhang der Begriff der Mobilitätswende genutzt. Das Stichwort gehört zum Standard-Repertoire vieler kommunaler Entwicklungskonzepte, deren zukunftsweisender Charakter häufig durch eine Jahreszahl angedeutet wird.

In der niedersächsischen Kreis- und Hansestadt Stade hat man sich in diesem Zusammenhang auf die Zahl 2040 festgelegt. Ende 2023 wurde das Projekt "Stade 2040" als Grundlage der künftigen Stadtentwicklungspolitik beschlossen. Das offizielle "Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) 2040" der Stadt sieht dabei vor, bis 2045 die eigene Klimaneutralität zu erreichen. Ab 2025 sollen dazu pro Jahr vier Millionen Euro plus Fördermittel in geeignete Vorhaben investiert werden.

Speziell für den Bereich Mobilität sind aus dem Investitionstopf durchschnittlich 1,5 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. Mit dem Geld würden laut Stadtverwaltung sogenannte Mobilitätsanker eingerichtet, bei denen Bürgerinnen und Bürger unterschiedliche Verkehrsmittel gebündelt vorfinden sollen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Carsharing-Angebote, Ladestationen für E-Autos und E-Bikes sowie ÖPNV-Haltestellen.

Zum Umstieg auf Elektromobilität werden Stader Immobilienbesitzer momentan bereits durch die Förderung von Batteriespeichern für Photovoltaik-Anlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern im Stadtgebiet motiviert.

Acht Vorrangrouten für Fahrradverkehr in Stade geplant

Einen besonderen Fokus richtet Stade auf das Fahrrad. Die Bedingungen für Radfahrende sollen künftig deutlich verbessert werden. "Wir werden acht Vorrangrouten für Fahrräder einrichten, weitere Fahrradstraßen ausweisen und die Hansebrücke über den Stader Bahnhof so umbauen, dass sie von Radfahrenden besser passiert werden kann", erklärt der Stader Pressesprecher Stephan Voigt. Bereits in diesem Jahr soll die über mehrere Jahre angelegte Umgestaltung einer Hauptverkehrsroute mit einem Augenmerk auf attraktivere Radwege starten.

Radwegbrücke_Stade
Pro Fahrrad: In Stade wurde eine 2023 stark beschädigte Rad- und Fußwegbrücke repariert und im März 2024 wieder freigegeben (im Bild: neue Schneeweg-Brücke kurz vor der Fertigstellung). Foto: Hansestadt Stade

Es handelt sich dabei um die Harsefelder Straße, welche den zentral gelegenen Bahnhof mit dem Bildungscampus Riensförde in der Südstadt verbindet. Auf dem Campus befinden sich mehrere Schulen, eine Kindertagesstätte, ein Hort sowie eine große Sporthalle, weshalb er vor allem von jungen Menschen und Familien angesteuert wird. Diese Gruppen dürfte es freuen, wenn sie den Weg zur Schule oder zum Sport künftig besser mit dem Fahrrad zurücklegen können.

Wie genau sich die Bevölkerung in der Stadt bevorzugt bewegt, wurde vor einigen Jahren mittels einer Umfrage zum Mobilitätsverhalten und zu den Wünschen für die künftige Mobilität erhoben. Das Interesse und die Beteiligung waren laut Stephan Voigt groß und die zu dem Thema eigens angebotenen Workshops mit Bürgerinnen und Bürgern sehr gut frequentiert.

Schiene für Einpendler und Güterverkehr bislang zu schwach

Zu den etwa 48.000 in Stade lebenden Menschen kommen täglich viele Berufspendler. Die Stadt an der Elbe zählt über 3.700 Betrieben, in denen mehr als 23.000 Beschäftigte arbeiten. Allein im Industriegebiet Bützfleth sind über 2.300 Personen vor allem in der Energiewirtschaft bzw. der Chemieindustrie tätig, im Gewerbegebiet Süd noch einmal über 2.000 Beschäftigte bei der Firma Airbus.

Die angestrebte Mobilitätswende, weg vom Auto hin zu ökologischeren Fortbewegungsmitteln, stößt an dieser Stelle an Grenzen: "Im Berufsverkehr sind noch viele Einpendler zu den großen Stader Arbeitgebern auf das Auto angewiesen", sagt Pressesprecher Voigt. Das sei eine Herausforderung, da die Stadt das ÖPNV-Angebot über ihre Grenzen hinaus selbst nur wenig beeinflussen könne. Einer ähnlichen Machtlosigkeit begegnet man bei der geplanten leistungsfähigeren Gleisanbindung für Hafen und Industrie, durch welche eigentlich der LKW-Verkehr reduziert werden soll.

Anders sehen die Möglichkeiten auf der Ebene der Stadtverwaltung aus. Hier sei die Struktur mit der Gründung der Stabsstelle "Stade 2040" gezielt angepasst worden, um den herausfordernden Transformationsprozess, der mit dem Projekt einhergeht, optimal managen zu können. Im aktiven Kontakt zur lokal ausgerichteten Wirtschaft wirbt man regelmäßig für die Mobilitätswende und eine buchstäbliche "Stadt der kurzen Wege", unter anderem in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Stade.

Bauingenieure für Mobilitätswende entscheidend

Für die Ausarbeitung und Umsetzung eines Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes bzw. die operative Arbeit einer gesonderten Stabsstelle sind ausgewählte Fachkräfte unverzichtbar. "Bauingenieurinnen und Bauingenieure spielen eine entscheidende Rolle bei der Mobilitätswende, da sie nicht nur für den Bau und die Instandhaltung von Straßen und Brücken verantwortlich sind, sondern auch in die integrierte Verkehrsplanung eingebunden werden", betont Stephan Voigt.

Welche Fähigkeiten dabei genau vonnöten sind, weiß der Stader Stadtsprecher auch: "Für Fördermittel sind inzwischen durchgängig integrierte Konzepte wie unser 'Stade 2040' Voraussetzung. Ihre Akquise, Beantragung und Abwicklung nimmt auch bei den klassischen Ingenieurdisziplinen einen breiten Raum ein." Die Arbeit der städtischen Experten für Planung und Bau ist dabei eng mit den Kolleginnen und Kollegen der administrativen Bereiche verzahnt.