Mängelhaftung bei privatem Bauvertrag: BGB sticht VOB
Verbrauchervertrag: Verjährungsfrist nach VOB/B nicht zulässig
Wenn ein Auftraggeber und ein Bauunternehmen einen Vertrag gemäß der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) schließen, ist von Haus aus in § 13 Abs. 4 VOB/B eine Gewährleistungsfrist von vier Jahren eingestellt. Diese kann, muss aber nicht, per vertraglicher Vereinbarung schadlos verlängert werden, zum Beispiel auf fünf Jahre.
Aber Obacht: Wenn der Auftragnehmer als Verbraucher zu definieren ist, er also nicht überwiegend für gewerbliche Zwecke sondern für seinen „Eigenbedarf“ bauen lässt, kann die Vorlage eines VOB-Vertrages für die Baufirma gefährlich werden. Darauf weist ein Urteil hin, welches zwar „nur“ ein Landgericht erlassen hat (LG Ravensburg, Urteil vom 24.05.2023 – 5 O 110/21), das aber dennoch strukturell nicht zu beanstanden ist. Der Leitsatz lautet:
- Die Verkürzung der Verjährungsfrist wegen Sachmängeln von fünf auf vier Jahre in einem Verbraucherbauvertrag verstößt gegen § 309 Nr. 8 Buchst. b) ff) BGB und ist unwirksam, selbst wenn die VOB/B insgesamt und damit § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B in den Bauvertrag einbezogen worden sind.
VOB/B unterliegt AGB-Recht
Warum ist das so? Die VOB/B ist trotz ihrer großen Praxisbedeutung nur eine allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) und unterliegt insoweit dem AGB-Recht. In § 310 BGB steht, dass die VOB/B gleichwohl nicht der AGB-Kontrolle unterliegt (sie ist insoweit „privilegiert“), solange sie als Paket unverändert vereinbart wurde. Dies gilt jedoch wiederum nur bei Verträgen zwischen Unternehmen.
Bei einem Vertrag mit einem Verbraucher sind hingegen alle Vorschriften der VOB/B nach den AGB-Vorschriften kontrollierbar, egal, ob die VOB/B als Paket unangetastet vereinbart wurde oder nicht. Im vorliegenden Fall hatte die AGB-Kontrolle ergeben, dass die vier Jahre Standardgewährleistung aus der VOB/B den Verbraucher gegenüber der gesetzlichen Vorgabe mit fünf Jahren Gewährleistung benachteiligen. Daher erklärte das Gericht die vier Jahre für unzulässig.
Wunsch des Bauherrn nach Regelabweichung: Bauunternehmen muss Bedenken anzeigen
Im Übrigen hat das LG Ravensburg bei dieser Gelegenheit noch einen weiteren praxisrelevanten Aspekt ausgeurteilt. Den Hintergrund bildet eine Situation, bei welcher eine Leistung auf Wunsch des Bauherrn „unterhalb“ der Normen und anerkannten Regeln der Technik ausgeführt werden soll:
- Soll das vom Unternehmer geschuldete Werk zur Errichtung eines Ausbauhauses nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen (hier: nicht dichte Dampfbremse) und die Herstellung der Dampfbremse zu den Eigenleistungen des Bestellers gehören, so haftet der Unternehmer für die von ihm nicht dicht hergestellte Dampfbremse nach §§ 633 ff. BGB, § 13 VOB/B nur dann nicht, wenn der Unternehmer den Auftraggeber auf die Bedeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist.
- Unklarheiten in der Abgrenzung von Leistungen des Unternehmers bei der Errichtung eines Ausbauhauses zu Eigenleistungen des Bestellers gehen zu Lasten des Unternehmers.
Wenn also ein Auftraggeber, vielleicht aus Gründen einer Ersparnis, entweder eine Ausführung wünscht, die nicht das hergibt, was in den Normen steht oder wenn zu erwarten ist, dass durch eine (teilweise) Eigenleistung des Auftraggebers die Normen unterflogen werden, ist der Baufirma ganz dringend zu raten, diese Tatsache vor der Ausführung in Form einer schriftlichen Bedenkenmitteilung an den Auftraggeber so deutlich wie möglich aufzuzeigen und ihn vor möglichen Konsequenzen zu warnen.
Andernfalls ist die Baufirma für das Ergebnis trotz ausdrücklichen Wunsches des Bauherrn in der Mängelhaftung, sofern das fertige Werk nicht den Regeln der Technik entspricht.