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Marko Siekmann: "Der Klimawandel ist ein Fakt, den ich als Ingenieur berücksichtigen muss."

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 6. Feb. 2019

# 27.02.2019

Dr.-Ing. Marko Siekmann vom Tiefbauamt der Stadt Bochum - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Dr.-Ing. Marko Siekmann ...

Dr.-Ing. Marko Siekmann ist Abteilungsleiter im Tiefbauamt der Stadt Bochum. Foto: Marko Siekmann
Dr.-Ing. Marko Siekmann ist Abteilungsleiter im Tiefbauamt der Stadt Bochum. Foto: Marko Siekmann

...ist Abteilungsleiter im Tiefbauamt der Stadt Bochum. Die Abteilung Ingenieurbau beschäftigt circa 100 Mitarbeiter, darunter 70 Ingenieure.

In den Zuständigkeitsbereich fallen 1.240 Kilometer Kanalnetz sowie natürliche Gewässer auf 80 Kilometern Länge.


Herr Siekmann, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

Die Personalakquise ist derzeit eine große Herausforderung. Mit unseren bislang insgesamt 150 Ingenieuren im gesamten Tiefbauamt und rund 70 Ingenieuren in der Abteilung Entwässerung verstehen wir uns als größtes Ingenieurbüro Bochums.

Auf der technischen Seite steht der Ausbau und Erhalt des Bochumer Kanalnetzes im Vordergrund. Anstatt hier wie eine Art "Feuerwehr" erst im akuten Schadensfall zu reagieren, haben wir den Anspruch, das Kanalnetz als einen der wertvollsten Schätze der städtischen Infrastruktur jederzeit möglichst auf dem aktuellen Stand zu halten.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

Ich habe in Hannover vor gut 25 Jahren Bauingenieurwesen mit der Vertiefungsrichtung Wasserwirtschaft studiert, ohne vorher genau zu wissen, was das bedeutet. Es lag wohl an meiner von klein auf gepflegten Freude zu dem Element selbst, welche mich in diese Richtung der Siedlungswasserwirtschaft bzw. des Kanalbaus geführt hat.

Über verschiedene Stellen im universitären Bereich, unter anderem am Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH in Aachen, bin ich zu meiner Promotion über die Anpassung der Siedlungsentwässerung an den Klimawandel gelangt.

In der Praxis war ich zwölf Jahre für ein Planungsbüro tätig. Seit vier Jahren bin ich nun in meiner jetzigen Position.


Welche Wege geht Ihr Arbeitgeber in punkto Personal?

Die Stadt Bochum ist bestrebt, die Fachkräfte von morgen so früh wie möglich auf sich aufmerksam zu machen. Unter anderem bieten wir dazu gemeinsam mit der Ruhr-Universität Bochum eine Vorlesungsreihe zum Thema "Kommunales Infrastrukturmanagement" an. Ich selbst referiere dort auch.

Daneben sind wir auf Karrieremessen präsent. Hinzu kommen einschlägige Fachveranstaltungen, welche mittlerweile oft auch einen Karrieretag enthalten. Die jährliche Essener Tagung für Wasserwirtschaft ist ein Beispiel.

Bei diesen Veranstaltungen halte ich mich persönlich zurück und überlasse meinen jüngeren Kollegen das Feld, deren Aussagen über die Arbeit bei der Stadt Bochum viel glaubwürdiger sind als die eines Vorgesetzten.

Über unsere Projekte wollen wir ebenfalls Aufmerksamkeit erzielen und uns mit dem Tiefbauamt als konstruktive Einheit präsentieren. Unterstützung bei Abschlussarbeiten und Praktika-Angebote für Studenten runden unser Bemühen um den fachlichen Nachwuchs ab.

Unabhängig von der gezielten Ansprache potenzieller Bewerber spielt die Öffentlichkeitsarbeit und der Bürgerkontakt für die Stadt Bochum naturgemäß immer eine große Rolle. Hierbei versuchen wir bereits den Jüngsten zum Beispiel einen nachhaltigen Umgang mit Regenwasser zu vermitteln.


Auf wen hören Sie beruflich?

Zunächst vertrete ich immer eine eigene Meinung. Rat geben mir im eigenen Haus die Kollegen aus der Praxis und den Nachbarämtern sowie gute Freunde vom Fach.

Die Stadt Bochum verfügt über verschiedene Plattformen, welche den Austausch mit anderen Fachdisziplinen fördern. Gerade im Baurecht weiß mancher Architekt mehr als ich.

Bis heute bin ich auch rund um den Hochschul- und Forschungsstandort Aachen gut vernetzt. Über die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall bekomme ich darüber hinaus gute Impulse.


In welche (Informations-)Technik investiert Ihr Arbeitgeber?

Die Einführung der e-Akte oder auch die digitale Abrechnung unserer Bauvorhaben sind wichtige technische Projekte, an denen wir derzeit arbeiten. Hinzu kommt die erwähnte digitale Überflutungskarte.

BIM liegt momentan noch vor uns. Ende 2018 fand zwar die erste Bochumer BIM-Konferenz für kommunale Vertreter statt. Ein Pilotprojekt der Stadt steht aber noch aus. Grundsätzlich ist es für alle Großstädte von Vorteil, sich so früh wie möglich mit dem Thema zu befassen, um die anstehenden Ziele besser zu erreichen.

Als Tiefbauamt können wir innerhalb der Verwaltung auf das Amt 11-IT zugreifen, welches sich unter anderem um die Datensicherheit kümmert. Zusammen mit der Bereitstellung der nötigen Softwarelizenzen im Baubereich finden unsere Mitarbeiter im Büro somit beste technische Bedingungen vor.

Demgegenüber lässt die Ausstattung zur professionellen Teleheimarbeit, welche im Sinne der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch bei uns angeboten wird, derzeit noch ein wenig zu wünschen übrig.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Ich sehe auf Seiten des Gesetzgebers keinerlei Wissensdefizit, wohl aber ein Umsetzungsproblem. Förderprogramme laufen heute mit zu viel Aufwand. Eine integrale Abstimmung aller Beteiligten wäre hilfreich.

In den Verwaltungen sitzen viele kompetente Experten im Bereich der Stadtplanung, die allerdings durch eine streng hierarchische Politik von oben nach unten ausgebremst werden. Das Stichwort heißt Vernetzung. Dies bezieht sich auf die Verwaltungen und politischen Gremien untereinander, aber auch auf die Forschungs- und Bildungseinrichtungen.

Nach wie vor kommen junge Menschen mit gutem Wissen von den Universitäten. Gleichwohl fehlt es auch dort mehr und mehr an Personal, worunter die Lehre natürlich leidet. Ich persönlich habe nie eine Professur angestrebt und meiner Meinung nach muss ein Wasserwirtschaftler auch nicht zwingend studiert haben.

Die Ausbildung in einem technischen Betrieb kann genauso zielführend sein und sollte deshalb mehr beworben werden. Dadurch würden Hochschulen auch entlastet. Ein Mittelweg ist das duale Studium. Bei der Stadt Bochum machen wir gute Erfahrungen damit und bilden unter anderem zur "Fachkraft für Wasserwirtschaft" aus.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Die Arbeit innerhalb der erwähnten Zukunftsinitiative "Wasser in der Stadt von morgen" bringt mich mit vielen Praxisbeispielen in Kontakt. Durch den hier intensiv gepflegten interkommunalen Austausch erweitere ich ständig meinen fachlichen Horizont.

Als Vertreter einer öffentlichen Einrichtung besuche ich zudem regelmäßig und gezielt Fachtagungen sowie Schulungen am Studieninstitut für Verwaltungen, zum Beispiel zu den Themen "Bürgerbeteiligung" oder "Konfliktmanagement".


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Als Abteilungsleiter fehlt mir innerhalb der Arbeitswoche hin und wieder der Ausgleich. Im Moment pendele ich zwischen Aachen, wo meine Familie wohnt, und Bochum, was zusätzlich Freizeit kostet.

Wann immer sich die Gelegenheit bietet, zieht es mich ans Meer. Ich gehe sehr gerne Segeln und kann dabei wunderbar abschalten. Dieser Sport verlangt höchste Konzentration, sodass man gar keine Gelegenheit bekommt, an die Arbeit zu denken.