Mitarbeiterbeteiligung: Gesetzesänderung macht Modelle attraktiver
# 30.06.2021
Höhere Freibeträge gelten ab Juli 2021. Kapitalbeteiligung kann Fachkräfte langfristig motivieren und binden. Vertragliche Regelungen individuell gestaltbar
Prämien und Boni als Vorstufen der Kapitalbeteiligung
Kostenfreie Getränke und Obst, Tankgutscheine, E-Bike, Dienstwagen. Die Liste an Leistungen ist lang, die Unternehmen ihrer Belegschaft gewähren, um sie an sich zu binden.
Ein weiteres Instrument könnte durch eine Gesetzesänderung zum 01.07.2021 nun sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer attraktiver werden. Dabei geht es um die Beteiligung ausgewählter Arbeitnehmer am jeweiligen Unternehmen.
Einige Planungs- und Ingenieurbüros gewähren ihren Beschäftigten bereits Prämien oder Boni. Diese Modelle zählen im weitesten Sinne bereits zur Mitarbeiterbeteiligung. Aber so richtig interessant wird das Thema erst, wenn Angestellte am Kapital der Firma beteiligt werden.
Kapitalbeteiligung heißt, dass Beschäftigte Geld in dem jeweiligen Unternehmen anlegen. Dieses Kapital verwenden die Geschäftsinhaber dann zum Beispiel für Investitionen und andere produktive Zwecke mit der Maßgabe, dass diese Investitionen entsprechende Erträge erbringen.
Anerkennung durch Beteiligung stärkt Mitarbeiterbindung und -motivation
In erster Linie ist eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung ein sehr wirkungsvolles Bindungs- und Motivationsinstrument. Sie ist ein "Hingucker", der eine Firma deutlich von anderen abgrenzt. Die Mitarbeiter erleben dadurch das, was sie schon seit längerem vermissen: Anerkennung auf ganzer Linie, die weit über ein "gut gemacht" hinausgeht.
Am Unternehmenskapital Beteiligte haben die Chance, sich vom Mitarbeiter zum Mit-Unternehmer weiterzuentwickeln. Sie werden in einigen Punkten unternehmerisch deutlich stärker eingebunden. Dabei können sie entweder nur an den Chancen oder zusätzlich auch an den Risiken beteiligt werden.
Mitarbeiterkapitalbeteiligung wirkt nach innen und außen
Wichtig ist, dass der Grad und das Niveau der Einbindung ganz individuell passend zu den büroeigenen Bedürfnissen und Anforderungen gestaltet werden. Im Gegensatz zu einer Bonusvergütung ist die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ein längerfristiges oder sogar langfristiges Instrument, das nach innen und nach außen wirkt.
Nach innen erzeugt die Beteiligung unter anderem eine Verstärkung von Zusammenhalt und Bindung. Nach außen wirkt sie, indem sie den Arbeitgeber attraktiver macht und ihm damit im Werben um neue Fachkräfte Vorteile verschafft.
Beteiligung am Gesellschaftskapital für Nachfolgeregelung interessant
Das Spektrum der Beteiligungsformen reicht von einer "einfachen" Kapitalbeteiligung in Form des Mitarbeiterdarlehens bis hin zu einer Beteiligung am Gesellschaftskapital. Letztere ist, das liegt auf der Hand, ein Instrument für den Ausnahmefall und steht oft dann zur Diskussion, wenn es um das Thema Nachfolge geht.
Im Regelfall entscheiden sich Unternehmen für die goldene Mitte. Hier finden sich Beteiligungsformen wie die "Stille Beteiligung" oder das "Genussrecht". Darüber hinaus kann eine Mitarbeiterbeteiligung direkt oder indirekt ausgestaltet werden.
Kapitalgesellschaft als indirekte Beteiligungsform mehrerer Führungskräfte
In indirekter Form wird zwischen dem Mitarbeiter und der Firma eine Beteiligungsgesellschaft in Form einer Personen- oder Kapitalgesellschaft geschaltet, die die Beschäftigten poolt, das heißt die Beteiligungen verschiedener Eigentümer an dem Unternehmen zusammenfasst.
Dies kann zum Beispiel dann sehr sinnvoll sein, wenn Führungskräfte als Gruppe einen GmbH-Anteil halten sollen. Im Ergebnis bleibt die Gesellschafterversammlung übersichtlich. Auch beim Austritt einer Führungskraft ergeben sich Vorteile dadurch, dass die Einschaltung eines Notars nicht erforderlich wird.
Die Wahl der Beteiligungsform sollte sorgfältig und mit fachmännischer Unterstützung erfolgen. Darüber hinaus können innerhalb jeder Beteiligungsform diverse Stellschrauben (Ertragsgestaltung, Kündigung etc.) bedient werden, um ein Beteiligungsmodell wirklich passgenau werden zu lassen.
Neues Fondsstandortgesetz: Steuerfreie Zulage auf 1.440 Euro erhöht
Zum 01.07.2021 tritt das Fondsstandortgesetz (Abruf-Nr. 221943) in Kraft. Es macht – auch wenn es der Name nicht vermuten lässt – Mitarbeiterbeteiligungsmodelle steuerlich noch attraktiver. Es enthält folgende Kernpunkte:
- Ein Unternehmen kann seinen Mitarbeitern jedes Jahr eine steuer- und abgabenbefreite Zulage bis zu 1.440 Euro gewähren (vorher betrug der Freibetrag 360 Euro). Buchhalterisch stellt die Zulage einen Personalaufwand dar. Arbeitgeber können so direkt Kosten in Eigenkapital umwandeln und gleichzeitig die Steuerlast des Unternehmens senken.
- Kann oder will ein Unternehmen den Höchstbetrag nicht ausschöpfen, sind Mitarbeiter berechtigt - sofern die hauseigenen Bestimmungen dies erlauben - ihre Einlage aufzustocken. Auch hier ist der Differenzbetrag zwischen 1.440 Euro und der vom Unternehmen gewährten Zulage steuerfrei. Es werden aber Sozialversicherungsbeiträge fällig.
- Wer ein Unternehmen vor weniger als zwölf Jahren gegründet hat, genießt die noch bessere "Start-up-Förderung". Inhaber solcher jungen Firmen können ihren Angestellten weitere Kapitalanteile in unterschiedlicher Form verbilligt oder kostenfrei übertragen, und das vorerst steuerfrei. Der daraus entstehende geldwerte Vorteil wird spätestens nach weiteren zwölf Jahren steuerpflichtig.
- Unternehmen, die ihren Angestellten Vermögenswirksame Leistungen gewähren, haben die Möglichkeit, diese Zahlungen auch im eigenen Unternehmen anzulegen. Die Beträge in diesem Bereich sind in der Regel deutlich geringer, in der Summe ergibt sich hieraus aber auch stets über die Jahre ein statthafter Betrag.
Mögliche Ertragsgestaltung: Verzinsung an Umsatzrendite koppeln
Welche Erträge das Beteiligungsmodell erbringt, ist in erster Linie abhängig von der Beteiligungsform. Wird eine Person zum Beispiel zum GmbH-Gesellschafter, erhält sie eine Dividende in gleicher Höhe wie die Altgesellschafter oder in abgestufter Form.
Ist der Mitarbeiter hingegen als Fremdkapitalgeber oder stiller Gesellschafter beteiligt, wird das von ihm eingelegte Kapital verzinst (vgl. Tabelle).
Wie der Modus der Verzinsung aufgebaut ist und wie hoch der Zins ausfällt, können die Beteiligten individuell aushandeln und verbindlich vertraglich festlegen. Denkbar ist es zum Beispiel eine Zinsstaffel zu vereinbaren, die die Verzinsung an die Umsatzrendite des Unternehmens koppelt.
Verlustbeteiligung muss deutlich kommuniziert werden
Grundsätzlich ist es denkbar, Mitarbeiter auch an möglichen Verlusten zu beteiligen. Dies erhöht die bilanzielle Kapitalqualität der Mitarbeitereinlage, muss aber sinnvoll gestaltet und deutlich kommuniziert werden.
QUELLEN UND VERWEISE:
Vernetzung und Beteiligung: Wie ein Planungsbüro Mitarbeiter und Know-how bindetNachgefragt bei: Dipl.-Ing. Dieter Geiger (u.a. zu Unternehmensbeteiligung als Angebot an junge Ingenieure)
Planungsbüro professionell (PBP)