Nachgefragt bei: Conrad Boley
# 02.02.2018
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley vom Ingenieurbüro Boley Geotechnik - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley ...
...ist Inhaber des Ingenieurbüros Boley Geotechnik sowie Professor und Leiter des Instituts für Bodenmechanik und Grundbau an der Universität der Bundeswehr in München. Boleys Ingenieurunternehmen beschäftigt aktuell 25 Mitarbeiter in den Bereichen Geotechnik, Tunnelbau und Wasserbau als Planer, Prüfer, Gutachter und Bauüberwacher.
Das Ingenieurbüro Boley Geotechnik realisiert überwiegend Projekte im Ingenieur- und Verkehrswegebau, darunter aktuell in verschiedenen Abschnitten des Großprojekts Stuttgart 21. Mehrere Teams sind für das Unternehmen überregional und im Ausland aktiv.
Herr Prof. Boley, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?
Das Großprojekt Stuttgart 21 steht unter einem großen Termindruck. Wir sind hier an verschiedenen Stellen im Rahmen der Planung und Ausführung, z.B. beim neun Kilometer langen Boßlertunnel im Zuge des Albaufstiegs sowie dem Neubau des Stuttgarter Tiefbahnhofs, beteiligt. Daneben fordert uns das nicht minder komplexe Großprojekt der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München (Anm. d. Red.: geplante Inbetriebnahme 2026, 3,2 Milliarden Euro Gesamtkosten) sowie ein weiteres Infrastruktur-Großprojekt in Peru.
Aufgrund der weltweit immer enger werdenden Siedlungsräume steigt die Nachfrage nach unseren Leistungen. Betrachtet man die heutige Vielzahl an hochanspruchsvollen Bauprojekten unter der Erde, passieren insgesamt sehr wenige Fehler. Wenn ich sehe, wie häufig beispielsweise Bugs (Anm. d. Red.: d.h. Fehler in der Programmierung) in der IT- und Elektrobranche auftreten, kann von einem Mangel an Qualität und Planungskompetenz im Bauwesen keine Rede sein.
Während die Ansprüche an die Güte und Präzision der Planung zunehmen, wächst auch die ohnehin besondere Verantwortung der Bauingenieure, vor allem gegenüber der Umwelt. Ich merke, dass das umweltverträgliche Bauen mehr und mehr in den Fokus der öffentlichen Debatte rückt und rate hier stets zu einer ausgewogenen Sicht auf die Verhältnismäßigkeit. Wie überall kann auch beim Umweltschutz jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Die einzelnen Maßnahmen sind daher sorgfältig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen.
Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?
Ich arbeite seit rund 25 Jahren in meinem Beruf. Abgesehen davon, dass mein Vater auch in der Baubranche tätig war, stand mir für meine Berufswahl grundsätzlich alles offen.
Ich habe seit jeher Spaß an technischen und naturwissenschaftlichen Herausforderungen. Die Geotechnik bietet mit jedem neuen Projekt andere Problemstellungen. Man arbeitet an vielen Orten und mit den unterschiedlichsten Menschen.
Welche Wege geht Ihr Unternehmen in punkto Personalgewinnung?
Eine Ingenieurgesellschaft muss durch ihre Arbeit und die Darstellung nach Außen die Aufmerksamkeit potenzieller Interessenten erregen. Die erfolgreiche Umsetzung schwieriger Projekte hat das Renommee und die Bekanntheit unseres Unternehmens stets gesteigert. Hinzu kommt, das unsere Mitarbeiter anderen von einem guten Arbeitsklima, einem fairen Umgang untereinander und Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb berichten können. Das zieht auch neue Mitarbeiter an.
Als Inhaber meines eigenen Büros obliegt es mir, mich ganzjährig um die ständige Führung und Entwicklung unserer Mitarbeiter zu kümmern. Wir verzeichnen dank eines guten Rufes ein ständiges Wachstum, auch im Mitarbeiterbereich. Dadurch beschäftigen wir sowohl Berufanfänger mit Mitte 20 als auch erfahrene Kollegen meines Alters.
Alle neuen Kollegen sind sehr kompetent, befinden sich aber dennoch in der Entwicklung. Hierbei agiere ich gerne als Coach und Ratgeber. Gerne ermöglichen wir eine flexible Ausgestaltung der Beschäftigung. Die Berücksichtigung persönlicher Lebensumstände funktioniert dabei nur auf der Grundlage ehrlicher Gespräche. Es müssen letztlich die Interessen sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber bedacht werden. Gemeinsame Lösungen erhält man dann durch Vertrauen und Aufgeschlossenheit.
Auf wen hören Sie beruflich?
Meine Frau ist meine wichtigste Ratgeberin. Ich profitiere sehr von ihrer Lebenserfahrung und Menschenkenntnis.
In den erwähnten Mitarbeitergesprächen höre ich ebenfalls aufmerksam zu. Ob einfacher Arbeiter oder promovierter Kollege, ihnen allen begegne ich auf Augenhöhe und lerne dadurch jeden Tag dazu.
In welche Technik investieren Sie?
Für uns geht es bei der technischen Ausstattung immer mehr um die digitale Datensicherheit. Ein Ingenieurbüro produziert heute eine Menge Daten und diese sind wiederum unterschiedlich weit verbreitet. Wir setzen auf eine Mehrfachsicherung sowohl durch interne Systeme und Mitarbeiter sowie durch externe Dienstleister.
Meine Hochschultätigkeit bringt mich immer wieder mit der Entwicklung neuer Verfahren und Produkte in Kontakt. Diese Neuerungen entsprechen jedoch zumeist dem Stand der Wissenschaft und noch nicht dem Stand der Technik für das eigene planerische Arbeiten.
Bei allem technischen Fortschritt zählt für mich zunächst die Kopfleistung, sowohl bei meinen Mitarbeitern als auch bei mir selbst. Das fachliche Wissen ist das entscheidende Handwerkszeug für jeden Bauingenieur. Jede noch so hochwertige Technik ist am Ende immer Unterstützung aber nicht Ersatz für den Ingenieur.
Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?
Seitens der Politik wünsche ich mir eine gerade Linie, klare Werte und Verlässlichkeit. Als Rotarier unterstütze ich den sozialen Leitspruch "Service above Self" (Anm. d. Red.: selbstloses Dienen). Diese Prämisse kommt vielfach zu kurz.
Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?
Unsere Mitarbeiter erstatten sich untereinander und mir regelmäßig Bericht. Dabei erklärt man die eigenen Projekte und bekommt direktes Feedback, was für alle sehr fruchtbar ist. In Teammeetings tauschen wir uns unter anderem über veränderte Normen und Rechtslagen aus.
Außerhalb des Unternehmens höre und halte ich Vorträge auf Tagungen und in Workshops. Ich stelle mich jederzeit gerne der fachlichen Diskussion, was mich stets weiter bringt.
Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?
Ich genieße meine Freizeit mit der Familie und in der Natur. Ich führe den Hund aus, fahre Ski und spiele Tennis. Die Zeit dafür nehme ich mir bewusst, da diese Dinge zu meiner persönlichen Lebensqualität dazu gehören.