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Nachgefragt bei: Karl Goj

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 13. Dez. 2018

# 08.01.2019

MR Dipl.-Ing. Karl Goj von der Obersten Baubehörde Bayerns - Jeder Planer tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

MR Dipl.-Ing. Karl Goj...

Dipl.-Ing. Karl Goj war über zehn Jahre Sachgebietsleiter für den Brücken- und Tunnelbau in der Obersten Baubehörde Bayerns. Foto: privat
Dipl.-Ing. Karl Goj war über zehn Jahre Sachgebietsleiter für den Brücken- und Tunnelbau in der Obersten Baubehörde Bayerns. Foto: privat

...war 38 Jahre für die Bayerische Straßenbauverwaltung in den unterschiedlichsten Bereichen tätig.

Als Sachgebietsleiter für den Brückenbau und Tunnelbau war er zuletzt über zehn Jahre für die Oberste Baubehörde im Bayerischen Innenministerium bzw. im Bayerischen Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr aktiv.

2016 und 2018 gehörte Karl Goj zur Jury des Deutschen Brückenbaupreises.

Karl Goj wurde zum 31.12.2018 in den Ruhestand versetzt.


Herr Goj, was hat Sie zuletzt besonders in Ihrem Job gefordert? Was wird Ihnen aus Ihrem Arbeitsleben in besonderer Erinnerung bleiben?

In den über zehn Jahren, in denen ich an der Obersten Baubehörde bzw. am Bauministerium für den Brücken- und Tunnelbau in Bayern zuständig war, hat mich bis zuletzt vor allem die Erhaltung, Ertüchtigung und Erneuerung unserer über 14.000 Brücken und über 60 Tunnel in Bayern beschäftigt.

Die Brücken sind die neuralgischen Punkte in unserem Straßennetz. Einschränkungen oder gar Sperrungen träfen hier die Mobilität und damit den Wirtschaftsstandort Bayern besonders hart. Um die Funktionsfähigkeit unseres Straßennetzes zu gewährleisten, ist es deshalb notwendig, vor allem die Vielzahl der älteren Brücken bezüglich ihres Zustandes aber auch ihrer Tragfähigkeit an die stark gewachsenen Anforderungen anzupassen. Insbesondere die Beanspruchung unserer Brücken durch die auch weiterhin starke Zunahme des Schwerverkehrs ist hier die Herausforderung.

Das Bundesverkehrsministerium und auch das Land Bayern haben Brückenertüchtigungsprogramme mit einer entsprechenden finanziellen Ausstattung ins Leben gerufen. Mit der bereits vorher eingeleiteten Erhöhung der Ausgaben für die Erhaltung der Brücken haben sich so die Ausgaben in den letzten zehn Jahren mehr als versechsfacht. Die Umsetzung der zahlreichen Projekte in diesem Bereich hat uns die letzten Jahre sehr stark gefordert.

Ein weiterer Schwerpunkt war die sicherheitstechnische Nachrüstung unserer Tunnel nach den verheerenden Tunnelbränden 1999 und 2000 im europäischen Ausland und der anschließenden Verschärfung der Vorschriften.

Stark beschäftigt haben uns in den letzten Jahren auch die sehr stark gestiegenen Anträge für Schwertransporte. Die Organisation der Antragsbearbeitung konnten wir in Bayern deutlich verbessern.


Wie waren Sie in der Baubranche tätig und warum?

Ich habe 1979 meinen Abschluss des Bauingenieurstudiums an der TU München gemacht. Nach einer zweijährigen Referendarzeit für den Höheren bautechnischen Dienst bei der Bayerischen Straßenbauverwaltung begann ab 1982 die Tätigkeit als Referent bzw. Projektleiter bei der Autobahndirektion Südbayern.

Besondere Projekte in dieser Zeit waren die Autobahn A 95 von Eschenlohe bis Garmisch-Partenkirchen, jetzt B2neu, die A 96 von Oberpfaffenhofen bis Landsberg am Lech und der Autobahnring München A 99 im Norden von München.

Nach einem Wechsel für drei Jahre in den Brückenbau war ein Schwerpunkt die Brückenneubaumaßnahmen im Zuge des Neubaus der A 92 zwischen Landshut und Deggendorf.

1988 erfolgte die Versetzung an die Dienststelle Kempten der Autobahndirektion. Nach dem Aufbau einer Bauleitung in Mindelheim war die Leitung dieser Organisationseinheit mit bis zu 20 Mitarbeitern für sechs Jahre meine Aufgabe. Ein Schwerpunkt in dieser Zeit war der Bau der A 96 zwischen Landsberg und Memmingen.

Mitte 1994 erfolgte meine erstmalige Versetzung an die Oberste Baubehörde im Bayerischen Innenministerium mit anschließender Zuständigkeit für die fränkischen Bauämter bzw. drei Jahre für die Pressestelle des Innenministeriums. Nach weiteren mehrjährigen Tätigkeiten bei der Regierung von Schwaben und als Leiter des Straßenbauamtes Augsburg erfolgte 2008 der erneute Wechsel an die Oberste Baubehörde.

Nach über zehn Jahren als Sachgebietsleiter für den Brücken- und Tunnelbau bildete die Versetzung in den Ruhestand den Abschluss eines sehr vielfältigen und abwechslungsreichen Berufslebens.

Ich hatte das Glück, immer in einer Zeit die jeweilige Stelle bzw. Aufgabe zu begleiten, in der wirklich hoch interessante Aufgaben anstanden und große Projekte umzusetzen waren. So ergaben sich während meines ganzen Berufslebens sehr viele Erfolgserlebnisse. Deshalb gab es für mich auch nie einen Grund, über einen Wechsel in eine andere Branche nachzudenken.

Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass ich wieder den gleichen Weg einschlagen würde, wenn ich nochmals am Beginn meines Berufslebens stünde.


Wie bewerten Sie die aktuelle Personalsituation in den Unternehmen der Baubranche?

Wegen der großen Nachfrage nach Bauleistungen in allen Bereichen, nicht zuletzt auch durch die Straßenbauverwaltungen des Bundes und der Länder, stoßen viele Unternehmen personell an ihre Kapazitätsgrenzen.

Auch die fachliche Qualifikation des auf den Baustellen tätigen Personals entspricht nach meiner Beobachtung immer öfter nicht den gestellten Anforderungen. Dies hängt sicher auch mit dem harten Preiswettbewerb in den vergangenen Jahren zusammen, der es den Unternehmen oft nicht ermöglichte, auskömmliche Preise durchzusetzen.

Auch war und ist für die Unternehmen eine langfristige Personalplanung oft schwierig, weil gerade in der Baubranche die Nachfrage sehr starken Schwankungen unterworfen ist.

Deshalb wäre es notwendig, dass vor allem die öffentlichen Auftraggeber ihre Investitionen mehr verstetigen würden. Außerdem müssten die bauvertraglichen Rahmenbedingungen so verändert werden, dass neben dem oft reinen Preiswettbewerb auch Qualitätskriterien wieder mehr Eingang bei der Vergabe von Bauaufträgen fänden.

Dies wären wichtige Voraussetzungen dafür, dass die Baufirmen mittelfristig genügend und auch gut qualifiziertes Personal rekrutieren könnten.


Auf wen haben Sie beruflich gehört?

Ich hatte gerade auch zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn immer wieder Vorgesetzte, aber auch Kolleginnen und Kollegen, die mir wichtige Anstöße für das weitere Berufsleben gegeben haben.

Daneben habe ich aber immer versucht, die Dinge zu reflektieren, auch mal quer zu denken und wenn angezeigt, neue Wege zu gehen.

Insgesamt kann ich feststellen, dass ich in allen Positionen immer sehr eigenverantwortlich arbeiten konnte und dabei aber stets die notwendige Unterstützung erhalten habe.


Welchen Stellenwert sollten Digitalisierung und Technik im Bauwesen haben?

Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass in den Unternehmen der Baubranche die Technik und das Know-how und nicht, wie ich oft beobachtet habe, die juristische Aufrüstung im Vordergrund stehen sollte.

Ich denke, dass Auftraggeber und Auftragnehmer wieder partnerschaftlicher zusammenarbeiten müssen. Dass dabei künftig moderne Technik, insbesondere BIM, eine große Bedeutung zukommt, steht für mich außer Frage.

Dabei kann aber BIM bzw. die Digitalisierung nicht als die Lösung aller Probleme gesehen werden. Hier müssen auch andere Randbedingungen verändert werden. Außerdem ist aus meiner Sicht klar, dass es bis zu einer weitgehenden Digitalisierung der Abläufe beim Planen, Bauen und Erhalten noch viel zu tun gibt.


Welche Aufgaben muss die Politik in den nächsten Jahren vorrangig erfüllen?

Die Politik muss entsprechende Rahmenbedingungen für eine möglichst gute Entwicklung der Baubranche schaffen. Dies ist, wie bereits gesagt, eine ausreichende und langfristige Verstetigung der Investitionen.

Außerdem wird es wegen der laufend zunehmenden gesetzlichen Vorgaben, die zu beachten sind, immer schwieriger, Baurecht zu schaffen und Bauvorhaben umzusetzen. Planungsbeschleunigung ist hier nur ein Stichwort. Auch eine Reform des Bauvertragsrechts könnte Erleichterungen bei der Abwicklung von Bauvorhaben mit öffentlichen Auftraggebern bringen.

Aber auch die Baubranche sollte gemeinsam mit den Bauherren bei der Realisierung von Projekten wieder das Bauen und die fachlichen Herausforderungen in den Vordergrund stellen. Hier kann uns die Politik nicht weiterhelfen.


Auf welche Arten der Weiterbildung haben Sie im Beruf Wert gelegt?

Durch die immer wieder wechselnden Aufgaben in meiner beruflichen Laufbahn war es zwangsläufig notwendig, sich immer wieder mit neuen Themen zu beschäftigen und sich weiterzubilden.

Außerdem war es mir immer wichtig, auch bei sehr speziellen fachlichen und rechtlichen Themen sprechfähig zu sein und die Dinge beurteilen zu können.

So habe ich mich zuletzt auch noch relativ intensiv mit dem Thema BIM befasst, obwohl mir klar war, dass ich BIM selbst beruflich nicht mehr anwenden werde.


Welchen Ausgleich hatten Sie zum Beruf?

Ich habe mich immer gerne sportlich betätigt, wenn es die beruflichen und familiären Aktivitäten zuließen. Außerdem zog es mich regelmäßig in die Berge.

Bei meinen Bergtouren mit der Familie und mit Freunden, konnte ich immer sehr gut vom beruflichen Alltag abschalten. Auch Städtereisen in Verbindung mit der Befassung der Geschichte der jeweiligen Städte standen immer auf dem Programm.


Wie sind Ihre Pläne für den Ruhestand?

Im Ruhestand möchte ich die genannten privaten Aktivitäten noch etwas intensivieren. Außerdem halte ich es für wichtig, auch weiterhin meinen Geist zu trainieren. Eine neue Sprache lernen oder nochmals studieren wäre hier eine Option.

Vor allem aber möchte ich mich intensiv mit meinen Enkeln beschäftigen und daneben auch ehrenamtlich tätig sein.