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Nachgefragt bei: Ulrike Rodrian

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 23. Juli 2019

# 26.07.2019

Ulrike Rodrian vom Büro Bauzeichnung Rodrian aus Berlin - Jeder Bauingenieur, Bauzeichner oder Bautechniker tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für andere nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Ulrike Rodrian ...

Ulrike Rodrian ist freischaffende Bauzeichnerin im Büro Bauzeichnung-Rodrian in Berlin. Foto: privat
Ulrike Rodrian ist freischaffende Bauzeichnerin im Büro Bauzeichnung-Rodrian in Berlin. Foto: privat

...ist seit fast 20 Jahren freie Bauzeichnerin und mit ihrem Büro Bauzeichnung Rodrian am Berliner Alexanderplatz ansässig.

Zu ihrem Repertoire gehört die Erstellung von umfangreichen 3D-Modellen für die Schalplanung, Positionsplanung, Bewehrungsplanung, Detailplanung und Planung von Fertigteilwänden sowie die Listenerstellung. Projekte für unterschiedliche Auftraggeber umfassen Wohn- und Geschäftshäuser, Wohnanlagen, Kliniken und Wartungshallen.

Neben ihrer Haupttätigkeit bietet Ulrike Rodrian persönlich verschiedene CAD-Schulungen für das Bauwesen online und durch Präsenzveranstaltungen an.


Frau Rodrian, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

Es gibt kaum ein Projekt, welches einem anderen gleicht und das macht die Planung für mich so interessant und herausfordernd. Die Ideen der Architekten werden immer individueller und sind teilweise sehr einzigartig, was die Umsetzung von Schal- und Bewehrungsplänen sehr spannend macht.

Ich habe bislang unter anderem an solch unterschiedlichen Bauwerken wie dem Tropical Island in Brandenburg, dem Internat Diekirch in Luxemburg, Teilbereiche des Kraftwerkes in Moorburg, dem Buddhistischen Zentrum bei Berlin oder bei den Werkshallen der BVG mitgewirkt und mich dadurch immer weiterentwickelt.

Als sehr interessante Herausforderung sehe ich derzeit das Thema BIM (Building Information Modeling). Diese Qualität und Art der vernetzten Planung führt zu einer neuen Kommunikationsweise zwischen allen Baubeteiligten und setzt neue Maßstäbe im Bauwesen.

Seit jeher arbeite ich mit 3D-CAD Programmen, daher sehe ich die enormen Vorteile einer solchen Projektbearbeitung mit BIM, bei welcher ein Projekt zweimal gebaut wird, sodass Änderungen, Erweiterungen, Kosten etc. frühzeitig erkannt werden können damit es dann in der Realität reibungslos umgesetzt werden kann.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

1993 habe ich meine Ausbildung zur Bauzeichnerin absolviert. Das Fachgebiet "Bauwesen" fand von Beginn an meine hohe Aufmerksamkeit. Ich habe dann verschiedene Planungsbereiche ausprobiert, darunter den Landschaftsbau, die Architektur, den Fertigteilbau und den Ingenieurhochbau.

Schnell wurde mir klar, dass mich der Ingenieurbau inklusive Fertigteilbau am meisten fasziniert und aus diesem Grund habe ich mich auf diese Fachgebiete spezialisiert.

Ich habe von Beginn an die richtige Berufswahl getroffen und kann mich noch heute für die Baubranche begeistern. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Baubeteiligten, die Genauigkeit der Arbeit und die Umsetzung mit der aktuellen CAD-Software finde ich auch nach so vielen Jahren immer noch sehr spannend.


Was muss getan werden, damit es auch in Zukunft ausreichend Nachwuchs für das Bauzeichnen gibt?

Es wäre wünschenswert, wenn angehende Bauzeichner nicht nur am Computer oder auf der Schulbank sitzen, sondern auch gleich mit in die Praxis einbezogen werden. Auszubildende sollten direkt auf die Baustellen gehen, um zu sehen, wie das Ergebnis ihrer Planung aussieht.

Weiterhin ist die umfangreiche CAD-Ausbildung, besonders in einem 3D-Programm, von hohem Vorteil und die Grundlage für die Zukunft.


Was spricht aus Ihrer Sicht für eine Selbständigkeit von Bauzeichnern?

Ganz klar die Abwechslung im Arbeitsleben, die Zusammenarbeit mit verschiedenen Büros und daher auch die Bearbeitung verschiedener Projektarten. Dank der modernen Technik ist eine Projektplanung eigentlich von der ganzen Welt aus möglich.

Viele Büros brauchen nur zeitweise eine Unterstützung, meist wenn große Projekte bearbeitet werden müssen und hier ist eine externe Bauzeichnerin sehr praktisch. Eine flexibel einsetzbare freie Bauzeichnerin erweist sich für viele Ingenieurbüros als Vorteil, da sich die Kostenfrage auf die reine Zeichenarbeit bezieht. Es wird kein zusätzlicher Arbeitsplatz benötigt, es muss keine komplette CAD-Ausstattung angeschafft werden und auch bei Krankheit und Urlaub entfallen die Kosten.

Ich bin mein eigener Chef, was viele Vorteile hat, aber ich bin auch ein sehr strenger Chef und darum kann ich freier arbeiten, als wenn ich in einem Büro angestellt wäre.


In welche (Informations-)Technik investieren Sie?

Die Arbeit muss Spaß machen und das macht Sie dann, wenn die Werkzeuge zur Umsetzung immer auf den neusten Stand gebracht werden. Neue Technik bedeutet für mein Büro schneller und effektiver arbeiten.

In meinem Büro verwende ich die 3D CAD-Software "ViCADo" von der mbAEC Software GmbH. Ich habe auch schon das Vorgängerprogramm "ProCad" genutzt.

Das CAD-Programm "ViCADo" bietet mir alle Mittel, die ich für eine ausführliche 3D-Planung benötige. Schon immer war ich von der 3D-Planung begeistert und somit findet auch das aktuelle Thema "BIM-IFC" mein großes Interesse.

Mein Arbeitsplatz zur Planung ist mit insgesamt drei Monitoren mit 4K-Bildauflösung ausgestattet. Hinzu kommt ein Arbeitsplatz für die von mir angebotenen Online-Schulungen.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Mein Wunsch wäre eine bessere finanzielle Unterstützung der Büros bei der Ausbildung von Bauzeichnern, denn eine sehr gute Ausbildung kostet viel Zeit und dadurch viel Geld. Die Politik beklagt einen Fachkräftemangel, es wird aber schon bei der Ausbildung gespart. Der Nachwuchs der Bauzeichner muss also mehr gefördert werden, nicht nur durch eine einmalige Ausbildung.

Für den Fall, dass ein Bauzeichner sich selbstständig machen möchte oder ein Büro möchte einen fachfremden Bauzeichner einstellen, sind hier auch mehr externe weiterbildende Maßnahmen zu den jeweiligen Fachrichtungen explizit für Bauzeichner wünschenswert: Holzbau, Stahlbau, Stahlbetonbau, Fertigteile, Architektur, Landschaftsplanung, Hochbau, Tiefbau, BIM, CAD-Ausbildungen etc.

Es gibt im Bauwesen immer mehr neue Materialien, Techniken und Umsetzungsarten und Bauzeichner wollen und müssen bei der Planung der unterschiedlichen Projekte immer auf dem neusten Stand sein. Mit diesen Maßnahmen könnten die Büros merklich entlastet werden und Bauzeichner, welche die Selbstständigkeit in Erwägung ziehen, können sich in neuen Fachrichtungen weiterbilden.

Zu Beginn meines Arbeitslebens wurde vor der Ausführung geplant. Aktuell wird immer häufiger während der Ausführung geplant. Eine Kommunikation unter den Gewerken findet leider kaum noch statt und somit ist der Änderungsaufwand und ein finanzieller Mehraufwand fast schon vorprogrammiert.

Aus diesem Grund sollte das Thema BIM mehr in den Vordergrund rücken, die Politik und das Bauwesen sollten hier an einem Strang ziehen. Für die Umsetzung von BIM müssen mehr Fachkräfte ausgebildet werden, denn BIM ist die Zukunft.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Ich nutze die Seminare von der mbAEC Software GmbH und der Softwareberatung Eichenauer und verwende in meinem Büro jederzeit aktuelle Fachliteratur.

Bestimmte projektbezogene Detailerläuterungen bespreche ich mit den jeweiligen Bauingenieuren. Dabei lerne ich "aus der Praxis für die Praxis" immer wieder etwas dazu.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Meine Familie interessiert sich seit vielen Generationen für Berlin. Der Funke ist auch auf mich übergesprungen. Somit suche ich nach dem alten Berlin und bin neugierig auf das neue Berlin. Für meine Erkundungen nutze ich am liebsten das Fahrrad, mit dem man sich in Berlin gut bewegen kann.