Nachhaltigkeit wird künftig ein noch stärkerer Antrieb für Innovation sein
(bezahlter Inhalt)
Ein Gespräch mit Daniela Schmiedle, Geschäftsführerin der Sika Deutschland GmbH, über Sikas Sustainability Portfolio Management, das vielseitige Thema Rohstoffe, den Zusammenhang aus Nachhaltigkeit und Innovation, über 3D-Druck, Lifecycle und Modulbau sowie über BIM und digitale Serviceleistungen.
Kurzvita:
Daniela Schmiedle
- Studium Bauingenieurwesen/Projektmanagement (Dipl. Ing.)
- Seit 2004 bei der Sika Deutschland GmbH
- Verschiedene Funktionen in den Bereichen Business Development, Key Owner/Project Management und Sales
- Seit 2017 Mitglied der Geschäftsleitung, Verantwortung der Geschäftsbereiche Flooring (Boden- und Wandbeschichtungssysteme), Engineered Refurbishment (Betoninstandsetzung) und Waterproofing (Bauwerksabdichtung).
- Seit Juli 2022 Geschäftsführerin der Sika Deutschland GmbH
Frau Schmiedle, Sika verfolgt das Konzept SPM (Sustainability Portfolio Management). Sie erwähnen im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit Lösungen vor und nach dem Produkt, die hier eine wichtige Rolle spielen. Wie sehen diese Lösungen aus?
Richtig, mit Hilfe unseres SPM-Konzepts stellen wir durch eine systematische Beurteilungsmethode schon am Beginn eines Entwicklungsprojekts sicher, dass der Fokus auf Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit gelegt wird, ganz nach dem Motto „more performance, more sustainable“.
Ist das nicht eine üppige Aufgabe, ihren Warenkorb dementsprechend auszurichten?
„Üppig“ wenn Sie mögen, ich würde es eine „unglaubliche“ Aufgabe nennen.
Die eigentliche Transformation fängt ja schon bei der Suche nach Rohstoffen an, die eine gewisse Rohstoff-Souveränität bieten. Das werden sicherlich andere Rohstoffe sein als die von uns heute verwendeten.
Und von welchen Kriterien für solche Rohstoffe ist da die Rede?
Wir suchen Rohstoffe, die die Umwelt möglichst nicht belasten und uns mittelfristig weg von einem erdölbasierten Rohstoffmix führen, auf den wir leider momentan noch stark angewiesen sind. Diese Themen werden im Moment mit einem sehr hohen Fokus in unseren Technologie-Zentren weltweit vorangetrieben.
Langlebigkeit und Materialeffizienz haben wir natürlich ebenfalls im Blick. Dazu gehören beispielsweise intelligente Pflege- und Reparaturkonzepte sowie Applikationstechniken. Und last but not least: Automatisierte Verfahren wie der 3D-Druck eröffnen völlig neue Möglichkeiten.
Ist nicht neben den Rohstoff-Materialien auch das Verpackungsmaterial ein Thema?
Absolut! Auch die Verpackungen unserer Produkte haben einen CO2-Fußabdruck. Deshalb wird auch am Einsatz von Recyclingkunststoffen oder Weißblech aus Recyclingstahl, die bereits im Einsatz sind, gearbeitet. Erste Maßnahmen sind umgesetzt, die eine Senkung unserer CO2-Emission um deutlich mehr als 2.000 t pro Jahr ermöglicht.
Das Thema der Nachhaltigkeit sehen Sie als eng verknüpft mit den Themen Innovation und Digitalisierung an. Wie stellen sich Ihnen diese Zusammenhänge dar?
Sika hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis 2032 um 25 % zum Basisjahr 2022 und bis 2050 um 90 % zu verringern. Die von Ihnen erwähnte starke Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und Innovation sehen wir als besonders wichtig an, da Nachhaltigkeit künftig ein noch stärkerer Antrieb für Innovation sein wird. Speziell die Verringerung des CO2-Fußabdrucks verlangt nach neuen Konzepten, die ohne Innovation nicht darstellbar sein werden. Daran arbeiten weltweit über 1.300 Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung der Sika Gruppe.
Geht dann dabei auch Wachstum und Nachhaltigkeit?
Parallel zu unseren Nachhaltigkeitsentwicklungen wollen wir natürlich auch wachsen – jedes Jahr um 6-9 %. Damit geht die Schere sehr deutlich auf. Wie wollen wir das schaffen? Wir haben einerseits den SPM-Prozess, der die Ausrichtung des Projekt- und damit des zukünftigen Produktportfolios auf Nachhaltigkeit sichergestellt. Zudem haben wir ein Dashboard innerhalb der Sika eingeführt, mit dem wir unseren CO2-Fußabdruck getrennt nach Scope 1, 2 und 3 gemäß des Greenhouse Gas Protocols* verfolgen können. Wenn wir neue Produkte einführen, müssen diese nicht nur nachhaltiger sein als die alten, sondern auch mehr Performance bringen. Dies ist das Kriterium, und nur wenn das Produkt oder die Produktidee das schafft, wird sie tatsächlich weiterverfolgt.
Sagen wir, Sie hätten ein super innovatives Produkt, in der Anwendung sehr einfach, aber in Sachen Nachhaltigkeit mit negativen Auswirkungen …
(lächelt) … so ein Produkt kommt nicht durch unsere SPM-Methodologie. Und das ist schon jetzt ein ganz wichtiger Schritt, um in das Ziel Net Zero (Klimaneutralität) einzuzahlen.
Welche Strategie sehen Sie als geeignet an, die Schere zu schließen, die sich aus Wachstum und im Sinne der Nachhaltigkeit geringeren zu produzierenden Mengen auftut?
Hier können wir nur eines tun: Uns gut vernetzen und Kooperationspartner suchen, die uns in diesem Prozess weiterhelfen. Was Sika kann, aus ihrer DNA heraus, ist Produkte entwickeln. Darin sind wir richtig gut, aber wir benötigen dafür entsprechende neue Rohstoffe. Und dafür wiederum benötigen wir Kooperationspartner. Aber auch neue digitale Lösungen sind essenziell und auch hierfür wiederum neue Kooperationspartner. Das sind nicht unsere Spezialgebiete, denn wir wollen uns fokussieren auf das, was wir können: Produkte entwickeln. Alles andere müssen wir uns über ein Netzwerk, Zukäufe und Kooperationen ins Haus holen.
Bei all diesen Themen ist doch auch die Einstellung der Mitarbeiter eine zentrale Frage …
Ganz klar, und das ist aus meiner Sicht für das Geschäft nicht minder anspruchsvoll. Es gilt, das Mindset unserer Verkaufs- und Marketing-Mannschaft weiterzuentwickeln, um zu vermitteln, wie wir wirtschaftliches Wachstum schaffen und gleichzeitig unsere CO2-Emission senken wollen. Last but not least muss auch am Markt noch sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Wäre Digitalisierung die berühmte Kuh, die durchs Dorf getrieben wird, wäre sie derzeit noch eine heilige Kuh. Das Thema der Bauchemie muss sich aber in Sachen Innovationspotenzial nicht dahinter verstecken. Würden Sie hier einmal für unsere Leser ein wenig spekulieren?
Digitalisierung ist ein wichtiger Teil unserer Unternehmensstrategie. Gerade im Moment stellen wir einen neuen, eigenständigen Geschäftsbereich auf, der end-to-end Prozesse erarbeitet und so der Digitalisierung den Weg bereitet. Digitalisierung wird u. a. eine schnelle Responsezeit ermöglichen, damit unsere Kunden ihre zukünftigen Anforderungen noch besser mit uns zusammen lösen können.
Die Digitalisierung ermöglicht eine einfache Handhabung und eine effizientere Gestaltung von Prozessen.
Ihr Unternehmen bietet da ja schon eine Vielzahl von digitalen Serviceleistungen an …
Ja. Zu diesen Serviceleistungen von Sika gehören etwa moderne Datenbrillen (Smart-Brillen), mit denen video- und audiobasierte Diagnosen im Livestream sowie moderne Dokumentationen durchgeführt werden können. Durch Sprachsteuerung kann die Datenbrille freihändig bedient werden. Mit direktem Blick auf die Ist-Situation vor Ort können Experten mit Fachwissen aus der Ferne unterstützen. Aber nicht nur Prozesse, die heute schon existieren, können durch die Datenbrille optimiert werden: Die Brille kann auch in Zukunft als Hilfsmittel für weitere Digitalisierung genutzt werden, wie beispielsweise bei der papierlosen Arbeit im Labor, wo mit Hilfe der Datenbrille einzelne Testversuche durchlaufen und gleichzeitig dokumentiert werden könnten.
Ein anderes Thema ist, Kommunikationsbarrieren abzubauen. Selbstverständlich wollen wir Produkte entwickeln, die applikationssicher sind und wenig Gefahren bergen. Das ist definitiv einer unsere Fokuspunkte, wenn wir Produkte entwickeln …
… gelingt das aber immer?
Gute Frage. Das gelingt sicherlich nicht immer. Speziell aufgrund des deutschen Regelwerks, das ja immer noch sehr ausgeprägt ist, haben wir aber auch die Anforderungen, Produkte auf den Markt zu bringen, die in der Verarbeitung nicht ganz so einfach sind. Wir arbeiten gerade daran, Piktogramme auf den Verpackungen darzustellen, inklusive QR-Codes auf den Gebinden, die den Verarbeitern dann in der jeweiligen Sprache die Verarbeitungsbedingungen anzeigen.
Noch einmal nachgehakt: Gibt es beim Thema Innovationen eine wechselseitige Durchdringung von Digitalisierung und Bauchemie und wenn ja, was könnte das für die Nachhaltigkeit bedeuten?
Im Bezug auf Digitalisierung und Innovation können wir z. B. eine Bodenbeschichtung wie Sikafloor-1590 nehmen: Was hat es denn für Auswirkungen, wenn wir dieses Produkt applizieren im Vergleich zu einer Standard-Epoxy-Beschichtung? Wie lange hält es, wie ist die Lebensdauer im Vergleich? Das kann man, glaube ich, ganz gut in die Digitalisierung mit einfließen lassen. Natürlich ist dies nur ein erster kleiner Schritt dahin. Schlussendlich muss es sich sicherlich auch dahin entwickeln, dass man Systeme und Produkte, die wir liefern, mit einer gewissen Sensorik ausstattet, die digitale Daten liefert, um entweder Schäden anzuzeigen oder eben Informationen zur Langlebigkeit oder auch zum Bauteilverhalten gibt. Was passiert denn mit der Gebäudeatmosphäre und wie ändert sich vielleicht beim Einbau eines Produktes insgesamt die Klimatisierung eines Gebäudes? Das wäre für mich dann schon ein großer nächster Schritt …
… der aber gar nicht so unwahrscheinlich klingt, oder?
Ganz und gar nicht, wir arbeiten dran .... Ein weiteres Thema ist natürlich nach wie vor der 3D-Druck. Die Bereitschaft von Bauherren, Architekten, Ingenieuren und Bauunternehmern, die additive Fertigung oder den 3D-Druck im Bauwesen einzusetzen, steigt. Die Möglichkeiten des 3D-Betondrucks sind vielfältig. Aufgrund des bis zu 1 mm präzisen Drucks, der nicht an rechteckige Formen oder Winkel gebunden ist, können individuelle Objekte hergestellt werden, die mit herkömmlichen Betongussverfahren nicht umsetzbar sind. Und bei dieser Bauart wird durch die Präzision sehr viel Material gespart. Sika bietet hier neben 3D-Druckern verschiedene gebrauchsfertige Mikrobetone für ein breites Anwendungsspektrum und für den schnellen, exakten und kostengünstigen Betondruck.
Der Zusammenhang aus Nachhaltigkeit und Digitalisierung verweist doch auch auf das Thema Gebäude-Lebenszyklus.
Ganz genau. Und da gibt es ja bereits sehr gute Initiativen, etwa zur Erfassung der eingebauten Produkte z. B. über BIM mit besonders nachhaltigen Rohstoffen und langer Lebensdauer. Auch Wiederverwertung ist ein spannendes Thema.
Gebäude heute, egal, in welchem Zustand sie sind, sind Rohstoffspeicher, und es wird aus meiner Sicht eine Branche geben, die sich nur darum kümmert, diese Rohstoffe wieder verfügbar zu machen. Und die brauchen wir dringend. (lächelt) Also wenn ich 20 Jahre jünger wäre, würde ich sagen, ich steige in die Branche ein und werde Pionier.
Für so etwas ist es doch nie zu spät!
(lacht) Naja, auch hier ist Sika ja aber bereits aktiv. Mit „re-CO2ver“ haben wir ein neues Wiederverwertungsverfahren für Altbeton entwickelt, bei dem das rezyklierte Material in höherer Qualität zur Verfügung steht als dies bei herkömmlichen Recyclingverfahren der Fall ist. Dabei wird Altbeton in einem einfachen und effizienten Verfahren in die Bestandteile Kies, Sand und Zementsteinpulver zerlegt. Diese Innovation verkleinert natürlich den ökologischen Fußabdruck wesentlich. Die Pilotanlage steht in der Schweiz.
Themenwechsel: Keine Unternehmenszukunft ohne Startups – Welche Rolle spielen Startups für Ihre Zukunftsstrategie?
Die Sika-Strategie 2028 baut auf vier Pfeilern auf, und einer dieser Pfeiler ist nach wie vor „Akquisitionen“. Die geben uns immer wieder neue Ideen und Perspektiven in Richtung Produkte und Technologien. Um diese umsetzen zu können, wird die Zusammenarbeit mit Startups für uns in Zukunft immer wichtiger werden. Dafür müssen wir diese Startups allerdings erst einmal kennenlernen. Wir müssen erfahren, was sie brauchen und wie sie ticken. Wie wollen sich diese Unternehmen an der Transformation der Bauwirtschaft beteiligen? Und darauf kann ich Ihnen noch keine abschließende Antwort geben.
Wenn nicht immer auch Fragen offen bleiben, stimmt ja eh irgendwas nicht …
(lächelt) Bei Sika sind die Ländergesellschaften sehr autark aufgestellt. Und aus meiner persönlichen Sichtweise als Geschäftsführerin der deutschen Gesellschaft sind wir aufgefordert, unabhängig vom Konzern lokal unsere eigenen Schritte zu gehen. Deshalb haben wir uns bei den „Groundbreakers“, einer Innovationsallianz der Bau- und Gebäudewirtschaft, beteiligt, sozusagen als Gründungsmitglied. Wir hatten erst vor kurzer Zeit 26 Startups hier im Haus, und ganz ehrlich, da lerne ich auch minütlich dazu. Das sind alles junge Menschen, die innovativ sind und vor Ideen sprühen.
Sika ist ein sehr bodenständiges, ich würde sagen, auch freundlich konservatives Unternehmen. Uns tut es gut, wenn auf diese Art und Weise frisches Blut reinkommt. Jetzt müssen wir schauen, wie wir eine gemeinsame Plattform finden, um in Kollaborationen zu gehen.
Dann ist ja in relativ kurzer Zeit viel bei Ihnen passiert. Im April zur BAU war davon noch keine Rede, wenn ich mich recht erinnere.
Stimmt schon, ich bemühe mich, große Schritte in kurzer Zeit zu gehen.
Thema Prozessmanagement und Digitalisierung: Welche Erfahrungen haben Sie da bislang im Unternehmen sammeln können und wie betrachten Sie den Begriff der Implementierung?
Bei Sika Deutschland gibt es beispielsweise einen automatisierten Prozess für den Versand der Sicherheitsdatenblätter. Und es war gar nicht so leicht, genau diesen Prozess unserem SAP-System in die Feder zu diktieren. Bei einer Bestellung bekommt der Kunde mit der Auftragsbestätigung und der Rechnung automatisch die Sicherheitsdatenblätter für die bestellten Produkte zugeschickt. Durch diesen automatisierten Prozess in SAP haben wir unsere Rechtsverpflichtung erfüllt, was die Sicherheitshinweise angeht.
Und beim Thema BIM, an dem Sika ja als eines der wenigen Baustoff-Unternehmen schon frühzeitig dran war?
In Sachen BIM haben wir in den letzten fünf Jahren große Schritte gemacht. Bei Sika Deutschland haben wir seit 18 Monaten einen Mitarbeiter, der sich nur um das Thema BIM kümmert.
Dieser Kollege ist schon 30 Jahre im Unternehmen und hat sehr viel Erfahrung mit Planungsbüros. Außerdem kann er mit den neuen digitalen Tools gut umgehen. Er versucht momentan, sich mit allen relevanten Stakeholdern so zu vernetzen, dass wir das Thema BIM in Deutschland auch mit treiben können. Dass wir in der Lage sind, auch mit der Deutschen Bauchemie zusammen, die nächsten Schritte voranzugehen, um das Thema auch zum Erfolg zu bringen. Natürlich wird das nur gelingen, wenn die Führungsmannschaft das auch unterstützt und dies im täglichen Arbeiten zeigt.
Das ist wie mit vielen anderen Themen auch. Hier befindet sich Sika Deutschland gerade in einer Transformationsphase. Wir haben uns die letzten 15 Jahren sehr auf operationale Exzellenz und Profitabilitätssicherung konzentriert. Das haben wir sehr gut gemacht und wir haben dadurch ein starkes Fundament.
Jetzt sind wir dabei, die Strukturen anzupassen, die uns in die Lage versetzen, intern das umzusetzen, was wir extern benötigen.
Wie agil ist Ihr Unternehmen denn aufgestellt?
Mit Verlaub: Ich mag den Ausdruck „agiles Arbeiten“ nicht, aber es gehört schon dazu. Ohne dieses agile Arbeiten werden wir die vielen, vielen Projekte, und da gehört BIM dazu, niemals im Unternehmen implementieren können. Insofern fahren wir gerade mehr als zweigleisig, um die Struktur des Unternehmens so anzupassen, dass alle Mitarbeitenden Bestandteil der Projekte sind und die Führungskräfte das Verständnis haben, die Treiber für diese Projekte zu sein und die Mitarbeitenden zu befähigen. Das passiert nicht von heute auf morgen, da muss man täglich dranbleiben und der Belegschaft sagen: Wir wollen das, wir möchten, dass ihr Euch beteiligt, und wir brauchen Euch alle dazu.
Frage aller Fragen besonders für unsere Leser: Wie kommen die Daten zum Planer? Welches Konzept verfolgt Sika bei der Bereithaltung tagesaktueller Produktdaten und dem Zugriff der Planer auf dieselben?
Wir arbeiten täglich sehr hart daran, nicht nur die Stammdaten so im System zu hinterlegen, dass wir end-to-end-Prozesse auflegen können, sondern auch Systeme zu implementieren, die immer auf eine Ressource zugreifen. Ich bin mir sicher, dass wir mit allem, was im Umfeld von KI in unsere Wirtschaftswelt reingespült wird, diese Hürde schaffen werden. Man muss nur in einem Unternehmen mit einer so hohen Komplexität wie Sika konsequent einen roten Faden einziehen und sagen: Das ist jetzt unsere Guideline, an der orientieren und strukturieren wir uns, und zwar über alle Geschäftsbereiche hinweg. Sonst wird es nicht gelingen. Und an dieser Guideline richten wir unsere Stammdatenpflege aus. Das ist die Struktur, die dieses System dann archiviert, verwaltet und in unterschiedlichen digitalen Tools den Planern zur Verfügung stellt – und das tagesaktuell. Das kostet Arbeitskraft, aber es geht. Und ja, ich verstehe jeden Planer, der sagt, es ist völlig inhomogen, weil es tatsächlich so ist, aber hoffe, dass wir da in drei bis fünf Jahren weiter sind.
Sie bezeichnen die Akquise der MBCC mit ihren starken Marken als klassisch komplementär, auch wenn es hinsichtlich mancher Produkte Marktbegleiter gibt. Können Sie das erläutern?
Wie Sie vielleicht wissen, ist Sika in ihrer internen Struktur auf der ganzen Welt so aufgestellt, dass wir in acht Zielmärkte, sogenannte Target Markets liefern, angefangen von den Beton- und Gipszusatzmitteln über Bauwerksabdichtung, Flachdachabdichtung, Bodenbeschichtung, Betonschutz und Instandhaltung, Gebäudeveredelung, Kleben und Dichten am Bau bis hin zu Kleb- und Dichtstoffen für die Industrie. Die Struktur ist überall gleich. Es gibt große Länder wie Deutschland, die alle acht Target Markets bearbeiten, es gibt aber natürlich auch kleinere Länder, die fokussieren sich auf die Zielmärkte, die im Land gerade relevant sind. Die MBCC mit ihren Produkten und Kundengruppen gibt uns komplementäre Produkte und Kunden in sieben dieser Zielmärkte, also in allen Target Markets aus dem Bereich Bau, nur in der Industrie nicht. Das heißt, das ist eine wirklich klassische, komplementäre Akquisition in unserem Kerngeschäft, weil wir damit Marktdurchdringung erreichen, Kundenpotenzial-Ausschöpfung erreichen und unsere Systemlösungen noch weiter aufbauen können. Natürlich gibt es Überschneidungen bei den Kunden- und Produktgruppen, aber sie sind tatsächlich aus heutiger Sicht – und nach sieben Monaten Integration haben wir da ein sehr klares Bild – kleiner, als wir sie erwartet haben. Das hat uns in dem Fall positiv überrascht.
Entsteht da nicht eine gewisse Komplexität, die es gilt, im Griff zu behalten?
Durchaus. In den nächsten zwölf Monaten werden wir den Warenkorb so aufstellen, dass es keine Doppelprodukte mehr gibt oder vielleicht nur in ausgewählten Märkten, das muss man sich anschauen, aber schlussendlich sind zum Glück die Überschneidungen auf beiden Ebenen sehr überschaubar.
Thema Modulbau: Da hatte man Ihr Unternehmen bislang weniger auf dem Schirm. Sika ist aber neben seiner Mitgliedschaft in der DGNB u. a. auch im Bundesverband Bausysteme engagiert. Wie schätzen Sie die Bedeutung des Themas Modulbau einerseits allgemein, andererseits für Sika ein?
Das Thema Modulbau ist tatsächlich für uns ein junges Pflänzchen, aber unglaublich wichtig. Wir denken das aus zwei Ebenen heraus. Zum einen natürlich durch unsere große Sparte der Kleb- und Dichtstoffe für die Industrie, die auf der einen Seite klassisch bei diesem Modulbau im System helfen. Hier haben wir auch große Erfahrung mit dem Einsatz dieser Produkte in der Massenproduktion. Die andere Seite ist der Ausbau, wenn es um die sieben Bau-Target Markets geht. Modulbau ist ein wesentlicher Pfeiler der Sika-Strategie, und wir werden spätestens ab nächstem Jahr diesbezüglich ganz klare Aktivitäten setzen.
Frau Schmiedle, haben Sie Dank für dieses Gespräch
* Der Begriff der Scope 1/2/3 Emissionen stammt aus dem Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol), einem international anerkannten Standard zur Berechnung von Treibhausgasemissionen. Die Scopes bezieht sich auf unterschiedliche Treibhausgasemissionen im Carbon Footprint, die durch Unternehmen direkt und in der Wertschöpfungskette entstehen.