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Planungsgrundlage nach BGB 2018: Bauherr genießt Sonderkündigungsrecht

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon
Veröffentlicht am: 27. Juli 2022
Kategorie:

# 19.08.2022

Machbarkeitsstudie soll Projektfinanzierung absichern. Eigenmächtige Planungsvertiefung birgt hohe Honorarrisiken. Formlose Zustimmung oder Kündigung durch Bauherrn immer erforderlich

Unklares Ziel: Bauherr kann Planungsgrundlage mit Kostenschätzung anfordern

In Sachen Planungsgrundlage haben Bauherren das BGB auf ihrer Seite. Planende sollten sich strikt an diese Vorgaben halten. Bild: Stephanie Hofschlaeger / Pixelio
In Sachen Planungsgrundlage haben Bauherren das BGB auf ihrer Seite. Planende sollten sich strikt an diese Vorgaben halten. Bild: Stephanie Hofschlaeger / Pixelio

Auftraggeber, die sich über ihre Planungsziele noch nicht im Klaren sind, können nach § 650p Abs. 2 BGB (2018) bei einem Planungsbüro zunächst nur eine Planungsgrundlage mit Kosteneinschätzung in Auftrag geben.

Das wird von privaten und öffentlichen Auftraggebern immer öfter gemacht, um zu sehen, ob das Projekt überhaupt finanzierbar ist.

Eine Entscheidung des OLG Frankfurt am Main lehrt, dass die planenden Berufe mit der neuen gesetzlichen Regelung noch nicht vertraut sind.

Sie preschen mit (mehr) Leistungen vor und erleben dann ein böses Erwachen. Hier ist also Vorsicht geboten.


Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 BGB: Rückzug aus Kostengründen erlaubt

Die Planungsgrundlage nach § 650p Abs. 2 BGB stellt eine Option dar, um die Planungsziele zu ermitteln und anschließend entscheiden zu können, ob die Planung beauftragt werden soll oder das Projekt verworfen wird.

Danach ist, soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, zunächst eine Planungsgrundlage (oft auch Durchführbarkeits- oder Machbarkeitsstudie genannt) zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Der Bauherr bekommt diese Planungsgrundlage inklusive Kosteneinschätzung vorgelegt. Die Kosteneinschätzung entspricht hierbei nicht der Kostenschätzung gem. DIN 276, sondern allenfalls dem Kostenrahmen.

Nach §650r BGB hat der Auftraggeber nach Vorlage der Planungsgrundlage ein Sonderkündigungsrecht. Er kann den Vertrag ohne weitere Folgen beenden, zum Beispiel weil die Finanzierung nicht gesichert ist.


OLG Frankfurt behandelt Sonderkündigungsfall

In einem Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt bestand die Zielfindungsphase aus der Leistungsphase 1 und der Grundleistung b) aus Leistungsphase 2. Dafür war ein Honorar von 2,6 Prozent (nach den Regelungen der HOAI) vereinbart. Die Kosteneinschätzung endete mit ca. 950.000 Euro.


Gericht: Honorarabrechnung ohne vorherige Grundlagenzustimmung nicht gerechtfertigt

Das OLG hat dieser Honorarabrechnung einen Riegel vorgeschoben. Der Planer habe, so die Richter, es versäumt, dem Bauherrn eine Planungsgrundlage einschließlich der Kosteneinschätzung zur Zustimmung vorzulegen, weshalb der Bauherr auch keine Zustimmung nach § 650p Abs. 2 BGB habe erteilen können. Er war schlicht daran gehindert.

Ohne diese Zustimmung hatte der Planer kein Einverständnis zur Weiterplanung und die Planung ohne die Zustimmung gemäß BGB auf eigenes Risiko vorgenommen. Hinzu kam, dass das Kostenziel verfehlt wurde (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.05.2022, Az. 29 U 94/21).


Zustimmung oder Sonderkündigung als bewusste Sollbruchstellen

Für das Tagesgeschäft ist festzuhalten, dass es sich nie lohnt, mit der Planung vorzupreschen. Das gilt auch bei Verträgen, bei denen es nicht um die Erarbeitung einer Planungsgrundlage geht. Das Risiko, dass es sich hier um eine Planungsvertiefung auf eigenes Risiko handelt, ist viel zu groß.

Im konkreten Fall kam hinzu, dass der Gesetzgeber bei der Erstellung von Planungsgrundlagen die Sollbruchstelle, das heißt die Zustimmung oder das Sonderkündigungsrecht des Bauherrn, konkret in § 650p Abs. 2 BGB vorgibt.

Hätte der Planer seine Leistung inklusive Kosteneinschätzung vollständig erbracht und dem Bauherrn zur Zustimmung vorgelegt, wäre der Bauherr gehalten gewesen, sich zu äußern: Entweder in Form einer Zustimmung nach § 650p BGB oder durch Inanspruchnahme des Sonderkündigungsrechts nach § 650r BGB.


Fachliche Planungssicherheit für Nachträge wichtig

Planer sollten das Urteil nutzen, um ihrem Bauherrn klarzumachen, dass eine Planungsvertiefung nur dann Sinn macht, wenn er mit den bisherigen Arbeitsschritten der Planungsvertiefung auf Basis der ihm vorliegenden Unterlagen (z. B. Pläne, Kostenermittlungen, Beschreibungen, Berechnungen) einverstanden ist.

Das erreicht man durch Erbringung der jeweils letzten Leistungen in den Leistungsphasen 1 bis 3 (Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse). Der positive Nebeneffekt ist, dass der Bauherr seine Mitwirkungspflicht gem. § 642 BGB erfüllt und Planende die für ihre Honorarsicherung so wichtige fachliche Planungssicherheit erlangen.

Diese Planungssicherheit ist auch erforderlich, um bei späteren Planungsnachträgen auf eine Ausgangsbasis zurückgreifen zu können, nämlich die gebilligte ursprüngliche Planungsvertiefung. Gleichwohl sollte nicht davon ausgegangen werden, dass ein Anspruch darauf besteht, dass die Planungsunterlagen (in den Lph 1 bis 3 und später) durch Unterschrift anerkannt werden, was vom Bauherrn nicht verlangt werden kann.


Formlose Zustimmung zur weiteren Planung immer erforderlich

Es ist jedoch erforderlich, dass der Bauherr seine formlose Zustimmung zum Beispiel

  • zur weiteren Vertiefung auf Basis der bisherigen Planungsschritte gibt,
  • zur Objektbeschreibung, den Plänen und der Kostenschätzung bzw. Kostenberechnung erteilt,
  • durch Aufforderung, nun die weiteren Planungsleistungen oder die Einreichung des Bauantrags termingerecht zu erbringen, erteilt.
Festzuhalten ist, dass bei der Erarbeitung der Planungsgrundlage streng nach BGB vorgegangen werden sollte. Unabgestimmtes Vorpreschen birgt immer hohe Honorarrisiken.



QUELLEN UND VERWEISE:

Was gehört in eine Planungsgrundlage nach BGB?
BGB: Neues Ingenieurvertragsrecht im Überblick
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