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Prof. Dr.-Ing. Patrick Teuffel: "Das Thema Nachhaltigkeit muss bei der Bauindustrie ankommen"

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 4. Mai 2021

# 21.05.2021

Prof. Dr.-Ing. Patrick Teuffel von der TEUFFEL ENGINEERING CONSULTANTS | Nachhaltiges Bauen als Forschungs- und Arbeitsschwerpunkt. Personalgewinnung durch duales Studienmodell. Kulturellen Arbeitswandel mit freiem Stundenkontingent begleiten

Prof. Dr.-Ing. Patrick Teuffel

Prof. Dr.-Ing. Patrick Teuffel ist geschäftsführender Gesellschafter im eigenen Ingenieurbüro sowie Professor für Innovative Structural Design. Foto: TEUFFEL ENGINEERING CONSULTANTS
Prof. Dr.-Ing. Patrick Teuffel ist geschäftsführender Gesellschafter im eigenen Ingenieurbüro sowie Professor für Innovative Structural Design. Foto: TEUFFEL ENGINEERING CONSULTANTS

Patrick Teuffel ist geschäftsführender Gesellschafter von Teuffel Engineering Consultants sowie Professor für Innovative Structural Design an der Eindhoven University of Technology.

Sowohl in der Forschung als auch in der Praxis liegt sein Arbeitsschwerpunkt im Bereich der Nachhaltigkeit in der Tragwerksplanung. Dazu zählt der Einsatz von nachwachsenden Baustoffen, die Wiederverwendung von Bauteilen und Bauwerken oder auch die Optimierung von Leichtbaustrukturen.

Seit 2018 ist Teuffel Mitglied im Innovationsbeirat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Mit seinen acht Mitarbeitern beschäftigt sich Teuffels Unternehmen schwerpunktmäßig mit der Tragwerksplanung, dem Bauen im Bestand, Leichtbau und vor allen Dingen mit dem Thema nachhaltiges Bauen.


Herr Teuffel, was fordert Sie aktuell besonders in Ihrem Job?

Natürlich stellt uns alle die aktuelle Lage vor die ein oder andere Herausforderung. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass wir - und damit meine ich wirklich das ganze Team bei Teuffel Engineering Consultants - die Situation sehr gut meistern.

Besonders unsere Beschäftigten mit Kindern sind sehr gefordert. Da wir aber mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung sowie dem Vier-Augen-Prinzip arbeiten und unsere Strukturen mit Hilfe des QualitätsStandards Planer am Bau überarbeitet haben, funktioniert der Büroalltag mit einem sehr geringen Reibungsverlust.

Es gibt gerade ein paar größere Projekte, bei denen wir uns mit unserem Fachwissen im Bereich Circular Economy, sprich nachhaltigem Bauen einbringen. Das macht großen Spaß. Die große Herausforderung besteht nach wie vor darin, dieses Thema an die Auftraggeber heranzutragen. Umso erfreulicher ist es natürlich, dass mit der Zeit immer mehr Anfragen aus diesem Bereich an uns gerichtet werden.

Im Rahmen der Forschung verfolgen wir drei Ansätze: Erstens geht es darum, möglichst leicht und einfach zu bauen. Zweitens sollen Materialien, Bauteile und Bauwerke wiederverwendet werden. Und drittens ist es das Ziel, nachwachsende Rohstoffe stärker zu nutzen. Alle drei Komponenten will ich mit meinem international aufgestellten Team auch noch stärker in der Praxis umsetzen.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

Ich bin 1997 nach meinem Studium des Bauingenieurwesens an der Universität Stuttgart in das Berufsfeld der Tragwerksplanung eingestiegen.

Mich reizt dabei bis heute die Kombination aus technischen Aspekten und Kreativität aber auch das Zusammenwirken von Theorie und Praxis.


Welche Wege geht Ihr Unternehmen in punkto Personalgewinnung?

Wir sind recht aktiv auf den Social-Media-Kanälen wie LinkedIn oder Facebook. Ich nutze mein persönliches Netzwerk sehr regelmäßig und besonders stolz bin ich gerade, dass wir seit 2021 dualer Partner der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin sind.

Als solcher beteiligen wir uns aktiv an der Ausbildung der Studierenden und übernehmen Verantwortung für den Lernort Unternehmen. Wir wählen dual Studierende aus und sind über Gremienarbeit an der Weiterentwicklung der Studiengänge beteiligt. So gestalten wir aktiv die praxisorientierte Bildung hochqualifizierter Fachkräfte mit.

Bei dem praxisintegrierten dualen Studienmodell der HWR Berlin beträgt die Regelstudienzeit für Bachelor-Studiengänge drei Jahre. Jedes Semester besteht aus einer zwölfwöchigen Studienphase und einer Praxisphase etwa gleicher Dauer. Die Lerninhalte der beiden Lernorte sind semesterweise aufeinander abgestimmt, so dass ein Mehrwert entsteht.

Wir freuen uns, dass wir bereits mit einem Studenten einen Studienvertrag abschließen konnten und ihn während der dreijährigen Regelstudienzeit dual begleiten werden.


Bitte vervollständigen Sie den Satz: "Um erfolgreich zu planen und zu bauen kommt es in Zukunft darauf an, dass..."

...das Thema Nachhaltigkeit bei der Bauindustrie - wie bei den meisten anderen Branchen bereits geschehen - ankommt. Fest steht, dass alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche nun einen Beitrag dazu leisten müssen.

Die politischen Randbedingungen, wie das Pariser Klimaschutzabkommen sowie die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, geben uns hier die Zielrichtung vor. Einen wirklich großen Beitrag kann und muss meiner Meinung nach hier die Bauindustrie liefern. Aktuell ist sie für rund 40 Prozent der durch Energie erzeugten CO2-Emissionen verantwortlich.

Das große Thema von heute und morgen ist auch der Ressourcenverbrauch und damit verbundene CO2-Emissionen. Da 80 oder 90 Prozent der Ressourcen im Rohbau, also eben in Fundament, Decken, Stützen, Wänden, etc. stecken, hat der Tragwerksplaner viele Möglichkeiten, im Sinne der Nachhaltigkeit zu wirken.

Im Tragwerk steckt die Masse von Gebäuden. Diese Masse und den damit verbundenen Materialverbrauch können wir als Tragwerksplaner mit dem nötigen Wissen und einer entsprechenden Beratung enorm reduzieren.


In welche Technik investiert Ihr Unternehmen?

Wir aktualisieren regelmäßig unsere Statik- und CAD-Software. Zuletzt lag dabei ein stärkerer Fokus auf Software für BIM bzw. LCA [d.h. Lebenszyklusanalyse i.S.v. Umweltbilanz bzw. Ökobilanz; Anm. d. Red.] und die eigene Entwicklung von parametrischen Designtools.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

In Berlin wird gerade sehr deutlich, dass die drastische Erhöhung der Wohnkosten in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Als Beispiel: Für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wird nun eine behutsame Nachverdichtung, ein komprimierter Dachausbau und Hochhausbauten gefordert. Dies alles um zusätzlichen, öffentlichen Raum zu generieren, Wohnraum zu schaffen und den Charakter des Quartiers großzügiger zu gestalten.

Mein Wunsch an die Politik ist natürlich, sowohl Bauen im Bestand als auch alle Neubauvorhaben klimafreundlich anzugehen. Auch diese Bestandsgebäude sind verbaute Masse, die wertvolle Ressourcen beinhaltet. Die Lebensqualität in der Stadt könnte darüber hinaus mit begrünten Dachflächen und Außenflächen für Gärten erhöht werden.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Politik solche Maßnahmen überparteilich fordern und fördern würde. Und da ich ja in dieser Stadt lebe und arbeite stehe ich gerne mit meinem Know-how sowie der Kompetenz meines Teams mit Rat und Tat zur Seite.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Ich besuche diverse Webinare und nehme regelmäßig an den von Dr.-Ing. Knut Marhold veranstalteten Erfahrungsaustausch-Kreisen für Planer am Bau teil.

Außerdem ermutige ich meine Mitarbeiter Seminare und Weiterbildungen zu besuchen. Das hier gewonnene Wissen wird dann alle zwei Monate bei unseren internen Weiterbildungen vorgestellt. So können alle daran partizipieren.

Darüber hinaus habe ich im Januar 2020 intern den X-Day eingeführt, um konstruktiv auf den kulturellen Wandel am Arbeitsplatz zu reagieren. Jedem Mitarbeiter wird im Monat ein bestimmtes Kontingent an Stunden zur Verfügung gestellt, mit denen vollkommen frei umgegangen werden kann. Diese Zeit kann genutzt werden, um sich weiterzubilden, ein Fachbuch zu lesen, ein ungewöhnliches Projekt anzuschieben.

Wir unterstützen dies auch mit dem Wunsch, neue Dinge fürs Büro zu lernen und vielleicht so auch neue, interessante Projekte entstehen zu lassen.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Ich treibe Sport, fahre dabei viel und gerne Fahrrad und laufe regelmäßig. Ich freue mich auch darauf, wieder gut Essengehen zu können sowie auf zukünftige Reisen.



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