Sabine Hertel (cadbauteam): Es ist mir wichtig, dass jeder gerne ins Büro kommt
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Frau Hertel, Sie haben 1996 als alleinerziehende Frau mit gerade mal 31 Jahren Ihr Unternehmen cadbauteam gegründet. Was hat Sie dazu bewogen, den berühmten Sprung ins kalte Wasser zu wagen?
Ich habe schon nach der Ausbildung und während des Bauingenieurstudiums immer freiberuflich gearbeitet, ich kannte eine Festanstellung nur in den zwei Ausbildungsjahren, von 1984 bis 1986. Zehn Jahre freiberuflich zu arbeiten– da war es einfach Zeit für die Gründung von cadbauteam. Ich habe in der Selbstständigkeit bessere Möglichkeiten gesehen, Kinder und Beruf zu verbinden. Denn der Vorteil der Arbeit lag darin, flexibel in den Morgenstunden, abends oder auch am Wochenende zu arbeiten.
Außerdem wollte ich immer schon gerne verschiedene Aufgaben und Projekte bearbeiten. Diesen Wunsch konnte ich so mit unterschiedlichen Kunden gut erfüllen.
Gesellschaftspolitisch hat sich mittlerweile zwar einiges getan, dennoch liegt die Frage auf der Hand: Würden Sie sich in der heutigen Zeit, mit Ihrer heutigen Erfahrung und Lebensweisheit wieder "drübertrauen"?
Meine Selbstständigkeit an sich habe ich keine Minute bereut. Was ich komplett unterschätzt hatte, waren die langen Ferienzeiten. Es war schwer, die fehlende Kinderbetreuung abzudecken. Das ist sicher ein Punkt, den ich heute mehr berücksichtigen würde. In meinen Augen ist das immer noch ein Kriterium, warum sich junge Frauen nicht in die Selbstständigkeit wagen.
Zwei Baukrisen 2001 und 2008 haben mir damals sehr unregelmäßiges Einkommen gebracht und ich kam extrem an meine Grenzen, alleine mit zwei Kindern zu überleben. Aber mir war die Möglichkeit, sich was aufzubauen, mal ein Team zu führen, ein wichtiges Ziel, das ich nie aus den Augen verlieren wollte.
Für Sie ist es damals auf jeden Fall gut gegangen – mehr als das: Ihr Einfraubetrieb hat sich zu einem Kleinunternehmen entwickelt, das sich – Coronapandemie hin, Baukrise her – unter großen Baufirmen und Ingenieurbüros behaupten kann. Wie erklären Sie sich das?
Wir sind der letzte Planer in der Kette, bevor ein Bauvorhaben zur Ausführung kommt. Deshalb haben wir immer enormen Termindruck, denn wenn die Projekte bei uns auf den Tisch kommen, haben wir meist schon die Baufirma im Nacken, die den Stahl bestellen möchte.
Hierfür braucht es ein gutes, motiviertes Team, das zusammenhält. Diese Eigenschaften gilt es immer wieder unter den Mitarbeitern zu schärfen.
Teammitglieder müssen gut ausgewählt werden, damit sie sich gegenseitig unterstützen können. Zuverlässigkeit, offene Kommunikation mit dem Kunden, Vertrauen zu Geschäftspartnern herstellen und wissen, was dem Kunden wichtig ist, sind wichtige Kriterien, mit denen wir uns am Markt positionieren.
In den letzten Jahren konnten wir so für namhafte Kunden Projekte erstellen, darunter ein LNG-Tank, für den wir uns in eine völlig neue Materie eingearbeitet haben, eine große Wohnbebauung mit zweigeschossiger Tiefgarage mit einer Planzahl von über 1.300 Bewehrungs- und 240 Schalplänen oder aktuell ein großes Wasserwerk mit einer komplexen Bewehrungsführung.
Wir sind so vielseitig aufgestellt, dass wir gerade in Zeiten, wo der Wohnungsbau mehr oder weniger nicht mehr existiert, dennoch alle Mitarbeiter voll beschäftigen können und in den letzten sechs Wochen sogar zwei weitere Mitarbeiter einstellen konnten.
Was, denken Sie, sind die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass sich einerseits Bauherren, andererseits Ihre Mitarbeiter:innen bzw. Bewerber:innen für Sie entscheiden?
cadbauteam hat ein Alleinstellungsmerkmal als eigenständiges Konstruktionsbüro. Mit der Expertise, ausschließlich in der Leistungsphase 5 spezialisiert zu sein, treffen bei cadbauteam Mitarbeiter aufeinander, die extrem flexibel und teamfähig sein müssen. Wir sind sehr schlagkräftig, können gut mit Termindruck umgehen, teilen das Team in die Bearbeitung von vertikalen und horizontalen Bauteilen auf, damit bei Terminengpässen gleichzeitig an einem gesamten Geschoss gearbeitet werden kann.
Wir gehen auf jeden einzelnen Wunsch unserer Kunden individuell ein. Im DACH-Raum, wo wir tätig sind, gibt es viele Unterschiede. In der Schweiz wird anders bewehrt als in Österreich oder bei uns. Diese individuelle Anpassungsfähigkeit zeichnet uns aus. Hohe Flexibilität, schnelle Reaktionszeiten, Prüffreigaben innerhalb von 24 Stunden sind unser Selbstverständnis.
Dazu braucht es natürlich auch die entsprechenden Mitarbeiter und deren Gemeinschaftssinn. Diesen gilt es kontinuierlich zu stärken durch Teamevents, After Work und den Social Day. Neue Mitarbeiter sollen sich rasch eingewöhnen, meist findet zeitnah ein Event statt, damit schnell ein Zugehörigkeitsgefühl entsteht.
Wir sind ein sehr junges Team, mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren, und zudem arbeiten bei cadbauteam neun verschiedene Nationen. Gemeinsames Mittagessen, der Austausch über die Arbeit hinaus, sich über die Wochenendaktivitäten zu informieren – das verbindet die Mitarbeiter. Manche sind Freunde geworden, die sich auch in ihrer Freizeit treffen.
Diese Verbundenheit untereinander ist mir schon immer wichtig gewesen. Gerade zu Coronazeiten sind wir hier nochmal sehr zusammengewachsen. Viele Mitarbeiter konnten lange nicht nach Hause reisen. Wenn sie dann zurückkamen, fiel schon mal der Satz, dass wir, als cadbauteam, ihre Familie sind.
Klingt ja alles sehr familiär, inwieweit kann ein Unternehmen dieser Größenordnung es sich aber leisten, auch familienfreundlich zu sein?
Leider ist das Thema Kinderbetreuung immer noch ein Drama. Hier gilt es immer Empathie und ein offenes Ohr zu haben. Und weil die meisten Mitarbeiter keine Großeltern für die Betreuung in der Nähe haben, kam 2019 mein Entschluss, sich als Kooperationspartner bei sira [gemeinnütziger Träger von betrieblich unterstützten Kindertagesstätten; Anm. d. Red.] mit zu beteiligen, um den Einstieg der Mutter ins Berufsleben schneller zu ermöglichen.
Hier bin ich sira sehr dankbar, dass auch ein kleines Unternehmen, wie wir es sind, sich an der betrieblichen Kinderbetreuung beteiligen kann. Das stärkt auch unsere Arbeitgebermarke.
Ihnen liegt aber nicht nur der Nachwuchs Ihrer Mitarbeiter:innen am Herzen, Sie engagieren sich auch stark für den Fachkräfte-Nachwuchs, richtig?
Ganz genau. Gestartet habe ich 2011 mit einer ersten Werkstudentin und war sehr zufrieden. Viele Werkstudenten konnten wir in den letzten 13 Jahren in ihren Beruf begleiten. Das ist einfach schön zu sehen, wie sie ihren Weg gehen. Genauso kam es zur Ausbildung unseres ersten Bauzeichners 2018. Er stand einfach da, wollte bei uns ein Praktikum starten und dann die Ausbildung machen.
Seitdem bilden wir Azubis in der Fachrichtung Konstruktiver Ingenieurbau aus, derzeit haben wir vier Azubis in allen drei Lehrjahren. Wir bekommen viele Nachfragen für Praktika und haben uns hier schon ein spezielles Programm entwickelt, sodass uns einwöchige Praktika nicht zu sehr ablenken und der Praktikant mit einem guten Gefühl aus der Zeit geht.
Wenn man mehr dieser Praktika anbieten würde, um dann den Job zu finden, der einem Spaß macht und den man kann, dann verhindert es vielleicht die hohe Anzahl der Azubi- und Studienabbrecher. Wir können nicht nur über Fachkräftemangel klagen, sondern sind dafür verantwortlich, aktiv einen Beitrag zu leisten.
Neben Bauingenieuren, Bauzeichnern, Bautechnikern, Bauingenieur-Werkstudenten und Azubis haben Sie in in Ihrer 20-köpfigen Crew – wie Sie sie bezeichnen – auch eine Feelgood-Managerin. So manche:r Leser:in würde hier bestimmt gerne nachhaken …
Wir verbringen so viel Zeit im Büro zusammen, da ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass jeder gerne kommt – auch das trägt zur Mitarbeitermotivation bei. Dazu gehören ein optisch schönes Büro und ein Gesundheitsmanagement.
Das beginnt beim höhenverstellbaren Schreibtisch und geht übers Firmenyoga bis zu einem gesunden Mittagessen. Das stärkt die Gemeinschaft und fördert die Zugehörigkeit, denn gemeinsames Essen verbindet.
cadbauteam setzt auf eine starke Unternehmenskultur mit flachen Hierarchien, persönlichen Beziehungen und einer hohen Mitarbeiterbindung. Wir bieten unseren Kunden mehr Leidenschaft für ein optimales Ergebnis, mehr Mühe und Aufmerksamkeit, mehr intelligente Gedanken, mehr Dialog und Zeit.