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Schnellere Ausschreibung statt mehr Geld: Bundesbauministerium unterstützt Initiative für seriellen Wohnungsbau

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 27. März 2023

Bauindustrie forciert Verschmelzung von Planen und Bauen

Für die deutsche Bauindustrie ist die stärkere Verschmelzung von Planen und Bauen ein erklärtes Ziel. Ihr Hauptverband (HDB) hat sich dies bereits vor Jahren in Person des Präsidenten Peter Hübner auf die Fahnen geschrieben.

Hübner steht seit 2016 an der Spitze des Verbands. Von Beginn an setzte sich der Strabag-Vorstand für eine stärkere Industrialisierung des Bauens allgemein und des seriellen Wohnungsbaus im Besonderen ein. In die gleiche Richtung zielte 2018 eine Rahmenvereinbarung für serielle und modulare Bauweisen, initiiert vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW).

Letzterer will nun eine artgleiche Vereinbarung mit dem 2018 noch nicht vorhandenen Bundesbauministerium und Hübners HDB treffen. Ziel ist es, bis Herbst 2023 eine neue Rahmenvereinbarung "Serielles und modulares Bauen 2.0" zu schaffen. Diese soll sowohl die Planung als auch die Bauausführung umfassen.

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Bundesbauministerin Klara Geywitz hat mit Vertretern des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW und des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie ein neues europaweites Ausschreibungsverfahren für den seriellen und modularen Wohnungsbau gestartet. Foto: BMWSB / Henning Schacht

Bieter und Bietergemeinschaften aus Bauplanung und Bauausführung können sich bis zum 10. April 2023 um 12.00 Uhr in einem ersten Schritt um die Teilnahme am Verfahren bewerben. Anschließend startet die zweite Phase, in der die ausgewählten Bietergemeinschaften bis zum Oktober ihre Wohnungsbauangebote für Planungs- und Bauleistungen für Mehrfamilienhäuser in serieller und modularer Bauweise einreichen können.

Seriell und modular: Großteilige Fabrikproduktion statt Fertigung auf der Baustelle

Unter "seriell" und "modular" werden in diesem Verfahren Bautechnologien begriffen, die die Herstellung von Gebäudeelementen in die industrielle Vorproduktion verlagern und manuelle Tätigkeiten auf der Baustelle reduzieren. Anvisiert werden gleiche werksseitige Prozessschritte mit Wiederholungsfaktor (serielle Fertigungsweise) und ein Bausystem, bei welchem zu einem erheblichen Teil vorgefertigte, große Bauteile und bzw. oder Modulbauweisen (z.B. in Skelett-, Großtafel- bzw. Raumzellenrealisierung) Anwendung finden.

Die serielle und modulare Bauweise soll sich laut GdW zudem durch eine gewerkeübergreifende Planung und Konstruktion von Gebäuden auszeichnen. Die Verwendung der auch in Serie hergestellten, kleinteiligen klassischen Formate von zum Beispiel Ziegeln oder Kalksandsteinen erfüllt nicht die hier gesetzte Definition. Ein aus solchen Produkten werksseitig zusammengesetztes, raumabschließendes Element mit ebenfalls werksseitig gesetzten Fenstern wäre hingegen „modular“ im Sinne dieser Ausschreibung.

Für Wohnungsunternehmen soll die Rahmenvereinbarung „serielles und modulares Bauen 2.0“ den Vorteil bieten, dass Angebote aus der daraus mit vergleichsweise geringerem Aufwand lokal angepasst realisiert werden können. Das bringe laut Initiatoren vor allem für öffentliche Unternehmen einen deutlichen Zeitgewinn, da nicht einzeln in jedem Unternehmen und für jedes Projekt erneut europaweit ausgeschrieben werden muss. Die Vorlaufzeiten für Bauvorhaben würden dadurch wesentlich verkürzt. Den größten Vorteil sehen die Beteiligten derzeit darin, Wohnungsbauvorhaben über einen angemessenen Zeitraum planbar und kalkulierbar zu gestalten.

Bundesbauministerin: Vereinbarung soll Emissionen in der Bauphase senken

"Damit die ca. 3.000 abrufberechtigten Wohnungsunternehmen aus einem Portfolio einfach und unkompliziert, zum Beispiel für den sozialen Wohnungsbau, Typenmodelle auswählen können, braucht es diese neue Rahmenvereinbarung", erklärt Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Sie verknüpft mit der Vereinbarung auch das Ziel, Aspekte der Nachhaltigkeit stärker zu integrieren und damit in der Bauphase Emissionen zu senken.

Für Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des HDB zeigt die Bau- und Wohnungswirtschaft mit der zweiten Rahmenvereinbarung, dass sie ihre Aufgaben ernst nimmt und anpackt. "Dies erwarten wir nun auch von der Politik, indem sie etwa durch die Harmonisierung der 16 Landesbauordnungen endlich den notwendigen regulatorischen Rahmen setzt", so Müller weiter. Dies koste keinen Cent extra, sondern erfordere nur Mut und Tatkraft.

Laut GdW habe die erste Rahmenvereinbarung gezeigt, dass mithilfe moderner industrieller Bauweisen Kosten- und Zeitvorteile erzielt werden können. "Mehr noch: Gerade in turbulenten Zeiten hat sich gezeigt, dass Kosten-, Prozess- und Terminsicherheit mindestens gleich hoch anzusetzen sind", so die Verantwortlichen seitens der GdW weiter.

Erste Rahmenvereinbarung zündet spät

Tatsächlich brachte der erste Rahmenvertrag von 2018 mit rund 5.000 gebauten Wohnungen nur einen geringen Erfolg, wie das bi-Baumagazin herausfand. Seitens der GdW wird dies mit der Neuartigkeit der Technologie des seriellen und modularen Bauens begründet , welche einen gewissen Anlauf benötigt habe und erst in den letzten zwei Jahren stärker in Fahrt gekommen sei. Man gehe davon aus, dass mit der neuen Rahmenvereinbarung in kürzerer Zeit noch deutlich mehr Wohnungen entstehen werden.

Die damalige Rahmenvereinbarung enthielt Angebote für neun Modellgebäude mit festgeschriebenen Preisen. Der neue Rahmenvertrag soll bis zu 30 Angebote umfassen und basiert auf einer funktionalen Ausschreibung für ein fiktives Grundstück. Er definiert dabei Rahmendaten und Preise anhand eines Modellgebäudes.

Das Modellgebäude dient laut GdW der Vergleichbarkeit und Bewertung der Angebote und basiert auf einem „fiktiven Durchschnittsgebäude“. Zur praktischen Anwendung soll letztendlich ein auf dem Modellgebäude beruhender lokalspezifischer Entwurf des angebotenen Systems kommen. Die konkrete Beauftragung eines Bauvorhabens erfolgt dann mittels eines Einzelauftrags.

Bundesförderung im Wohnungsbau seit Regierungswechsel deutlich zurückgegangen

Für das Bundesbauministerium ist die Beteiligung an dem vereinfachenden Ausschreibungsverfahren eine willkommene Maßnahme, den Wohnungsbau ohne teure Förderung voranzubringen. Mehr Bundesmittel für das einstige Zugpferd und nun Sorgenkind der Baubranche hatte Klara Geywitz erst kürzlich strikt abgelehnt. Das Förderprogramm "Klimafreundlicher Neubau" dürfte damit die vorerst letzte Gabe an die Baubranche gewesen sein.

Anfang März betonte die Bauministerin gegenüber dem Wochenmagazin Stern: „Mehr Geld und supergünstige Konditionen haben in den vergangenen Jahren nicht mehr Wohnungen auf den Markt gebracht, aber dafür die Baupreise erhöht.“ Zugleich kritisierte sie die bisherigen Förderprogramme als wenig zielführend: "Die üppige Förderung aus Steuergeldern kam sicher seltener bei den Mietern und öfter bei den Firmen als erquickliche Marge an." Es sei alles subventioniert worden - von der Garage bis zum Mini-Loft für 30 Euro pro Quadratmeter. "So etwas fördere ich als Sozialdemokratin nicht", stellte Geywitz klar.

Im vergangenen Jahr hatte die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP die meisten Subventionen für den Wohnungsbau wie das Baukindergeld oder die KfW55-Förderung auslaufen lassen. Allerdings stiegen wegen des Ukraine-Kriegs zugleich die Baukosten massiv, und die Europäische Zentralbank erhöhte in schnellen Schritten die Leitzinsen.

Seit dem Herbst 2022 ist die Vergabe neuer Baukredite dramatisch eingebrochen, die Bauindustrie berichtet über zahllose stornierte Aufträge. Die Zahl der genehmigten Wohnungen (Neu- und Umbau) ging im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 26 Prozent zurück. Inzwischen hat das Bundesbauministerium eingeräumt, dass die Regierung ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr vorerst nicht erreichen wird.