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Stuttgart 21: Deckenschalwagen auf Jungfernfahrt im Flughafentunnel

Verfasst von: Dipl.-Ing. Claudia El Ahwany; Fabian Hesse, M.A.
Veröffentlicht am: 8. Aug. 2024

Stuttgarter Flughafen erhält Tunnel und Fernbahnhof

Im Rahmen des Infrastrukturgroßprojekts Stuttgart 21 entstehen neben dem neuen Hauptbahnhof für die Landeshauptstadt elf neue, überwiegend unterirdische Strecken auf rund 57 Kilometern Länge, sowie drei weitere neue Personenverkehrsstationen. Zusammen mit der 2022 fertiggestellten Schnellfahrstrecke Wendlingen–Ulm bildet Stuttgart 21 das große Bahnprojekt Stuttgart–Ulm, für welches die Bahn einst eine eigene Projektgesellschaft gründete.

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Bild 1 - Beim Bau des neuen Stuttgarter Flughafentunnels kamen für den unteren Abschluss eines Entrauchungskanals zwei 25 Tonnen schwere Deckenschalwagen zum Einsatz. Auf Schienen konnten sie von einem Betonierabschnitt zum nächsten gefahren werden. Foto: NOE

Wichtige Teilprojekte von Stuttgart 21 umfassen auch eine neue zweigleisige Anbindung zur Filderebene (Flughafen / Messegelände) inklusive des Baus eines Flughafentunnels sowie eines an den Flughafen angeknüpften neuen Fern- und Regionalbahnhofs. Für die Ausführung verantwortlich ist die ARGE Neubaustrecke-Flughafentunnel bestehend aus den Bauunternehmen Züblin, Max Bögl und Strabag.

Der Flughafentunnel mit zwei jeweils 2,2 Kilometer langen Röhren führt unter der Autobahn A8 und mehreren Messehallen hindurch. Er wurde in einer Tiefe von bis zu 30 Metern bergmännisch in konventioneller Bauweise aufgefahren. Der neue Fern- und Regionalbahnhof befindet sich auf der Messepiazza in unmittelbarer Nähe zu den Flughafenterminals sowie den S- und Stadtbahn-Stationen.

Flexibles Schalungssystem für Entrauchungskanal im Einsatz

Damit Tunnel und Bahnhof auch zukünftigen Anforderungen gerecht werden, sind beide mit entsprechender Sicherheitstechnik ausgestattet. So befindet sich im Flughafenbahnhof in jeder Röhre über den beiden circa 430 Meter langen Bahnsteigen ein Entrauchungskanal (Bild 2).

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Bild 2 - Durch die Öffnungen des Entrauchungskastens im Inneren des Stuttgarter Flughafentunnels kann Luft bzw. Rauch eingezogen werden. Foto: NOE

Bei dessen Errichtung kam ein flexibles Schalungssystem von NOE zum Einsatz. Vier Arbeitswagen und zwei Deckenschalwagen wurden geplant, um die entsprechenden Einzelteile in die Röhren zu transportieren und vor Ort zu montieren. Die Deckenschalwagen mit einer Grundfläche von 5,0 x 16 Metern dienten dazu, den unteren Abschluss des Entrauchungskanals zu erstellen (Bild 1). Die Arbeitswagen mit 4,5 x 16 Metern Umfang ermöglichten es den Baustellenmitarbeitern, die anfallenden Aufgaben, wie zum Beispiel das Einfüllen des Betons, zu bewältigen.

Alle sechs Wagen wurden so konstruiert, dass Baustellenfahrzeuge unter ihnen hindurchfahren konnten, während auf den Plattformen gearbeitet wurde. Auf Schienen konnten sie von einem Betonierabschnitt zum nächsten gefahren werden. Die zwei 25 Tonnen schweren Deckenschalwagen wurden hierfür mit einem Elektroantrieb ausgestattet. Die leichteren Arbeitswagen wurden mithilfe eines Baustellenfahrzeugs bewegt.

Leichtbauschalung aus Aluminium hält hohem Betondruck stand

Die Schaltische der Deckenschalwagen ruhten auf hydraulischen Stempeln, die sich um bis zu 50 Zentimetern absenken ließen, um die Schalung nach dem Aushärten des Betons zu lösen. Sobald die Zwischendecken errichtet waren, wurden die Rauchschächte mithilfe einer NOEaluL-Schalung seitlich geschlossen.

Die NOEaluL-Schalung besteht aus Aluminium und ist mit einem Tafelgewicht von unter 20 kg/m² äußerst leicht. Infolgedessen kann sie problemlos von Hand getragen werden. Darüber hinaus hat die NOEaluL den Vorteil, dass sie sich dank ihrer Bauhöhe von nur zehn Zentimetern platzsparend transportieren lässt und dennoch einem Betondruck von bis 60 kN/m² standhält.

Der Hauptzugang zu den beiden Bahnsteigen erfolgt über ein oberirdisches Empfangsgebäude und einen Schacht, der mittig zwischen den beiden Tunnelröhren platziert ist und einen Durchmesser von etwa 20 Metern hat. Die inneren Verschneidungsflächen zwischen den beiden Tunnelröhren und dem Schacht wurden mithilfe einer Sonderschalung betoniert, die NOE für dieses Projekt geplant und gebaut hat. Beim Errichten der äußeren Verschneidungsfläche vertrauten die ARGE-Mitarbeiter auf das Schalungssystem NOEtop R 275.

Es wurde für runde, vertikale Bauteile mit einem Radius ab 2,75 Metern entwickelt. Damit es sofort verwendet werden konnte, liefert NOE es bereits mit dem Radius aus, der für den ersten Einsatz erforderlich war. Mit den NOEtop R 275 Aufstockzwingen ließ sich die Rundschalung problemlos auf die erforderliche Höhe bringen. Standardmäßig wird sie mit dem NOEform Schalbelag ausgestattet. Er ermöglicht das Herstellen von homogenen Betonoberflächen ohne Poren und Lufteinschlüsse. Damit das Betonbild mit dem vorab errichteten Schacht übereinstimmt, doppelte NOE für das Fernbahnhof-Projekt die Schalhaut auf.